In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Substanzen, welche über den GABAA-Agonismus oder den NMDA-Antagonismus wirken, im Gehirn der neugeborenen Ratte zu neurodegenerativen Effekten führen. Dies wurde unter anderem für Barbiturate und Antiepleptika publiziert. So konnten Jevtovic- Todorovic et al. zeigen, das eine Anästhesie mit Isofluran, Lachgas und Midazolam im Tiermodel zu einem ausgeprägten Verlust von Neuronen sowie persistierenden Gedächtnis- und Lerndefiziten führt. Es konnte außerdem durch die Arbeitsgruppe um Dzietko gezeigt werden, dass die Applikation von rekombinantem Erythropoietin bei sieben Tage alten Ratten die durch den NMDA- Rezeptor-Antagonisten MK801 induzierte Apoptose, reduziert. Bei der Anästhesie von Früh- und Neugeborenen wird häufig Propofol benutzt, obwohl es für diese Altersklassen keine Zulassung gibt. Propofol wirkt über eine Aktivierung der GABAA-Rezeptoren und eine Hemmung der NMDA-Rezeptoren. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob die Applikation von Propofol bei der neugeborenen Ratte zu einer Neurodegeneration führt, und ob die zusätzliche Applikation von Erythropoietin neuroprotektive Effekte hat. Bei 3 bis 21 Tage alten Wistar-Ratten wurde eine Anästhesie durch die intraperitoneale Gabe von Propofol in unterschiedlichen Dosierungen durchgeführt. Nach 24 Stunden Überlebenszeit wurden die Tiere getötet und die Rattengehirne wurden mit der DeOlmos-Kupfersilberfärbung oder der TUNEL-Färbung ausgewertet. Die numerische Dichte der degenerierten Zellen wurde in 17 Hirnregionen mittels der stereologischen Dissektionsmethode nach Gundersen bestimmt. Pro Tier wurde ein kumulativer Schädigungsscore summiert und statistisch ausgewertet. Die Kontrolltiere wurden wie die Versuchstiere behandelt, jedoch erhielten sie kein Medikament. Um zu untersuchen, ob die zusätzliche Gabe von Erythropoietin zu einer Reduktion der neurotoxischen Effekte im sich entwickelnden Rattengehirn während einer Narkose mit Propofol führt, erhielt eine Gruppe 5.000 IE und eine weitere Gruppe 20.000 IE Erythropoietin pro kg Körpergewicht. Die intraperitoneale Gabe von Erythropoietin erfolgte vor der Narkose mit 3 x 30 mg Propofol pro kg Körpergewicht. In den Hirnschnitten der am sechsten Lebenstag mit 3 x 30 mg Propofol pro kg Körpergewicht behandelten Ratten, fand sich nach 24 Stunden Überlebenszeit eine signifikant erhöhte Anzahl degenerierter Zellen pro mm3 im Vergleich zu den Kontrolltieren, welche kein Medikament erhielten. Es zeigt sich eine Dosisabhängigkeit des Ausmaßes der neurodegenerativen Wirkung nach der Applikation von Propofol. Die Dosierung von 3 x 20 mg Propofol pro kg Körpergewicht führt zu keinem Unterschied in der Neurodegeneration im Vergleich zu den Kontrollen. Die Dosierung von 3 x 10 mg Propofol pro kg Körpergewicht verursachte eine signifikant niedrigere Neurodegeneration im Vergleich zu den Kontrolltieren. Zusätzlich konnte eine Altersabhängigkeit der Wirkung von Propofol auf das sich entwickelnde Gehirn festgestellt werden. Bei den sechs Tage alten Tieren zeigte sich nach der Gabe von 3 x 30 mg Propofol pro kg Körpergewicht eine signifikant erhöhte Anzahl degenerierter Zellen und bei den 21 Tage alten Tieren zeigt sich kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu Kontrolltieren. Die Tiere, die eine Dosis von 5.000 IE Erythropoietin pro kg Körpergewicht vor der Gabe von Propofol erhielten, zeigten eine signifikant niedrigere Anzahl degenerierter Zellen im Vergleich zu den nur mit Propofol behandelten Tieren. Dagegen zeigten die Tiere, die 20.000 IE Erythropoietin pro kg Körpergewicht zusätzlich zum Propofol erhielten, keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Anzahl degenerierter Zellen (Summenscore) im Vergleich zu den nur mit Propofol behandelten Tieren. Zusammenfassend kann mit der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass die Applikation von Propofol im sich entwickelnden Gehirn der Ratte zu dosis- und altersabhängigen neurodegenerativen Effekten führt. Eine Steigerung der Dosis führt zu einer Zunahme der degenerierten Zellen im Gehirn. Zunehmendes Alter führt zu einer Abnahme der Empfindlichkeit gegenüber Propofol. Die zusätzliche Gabe niedriger Erythropoietin-Dosen hob die neurodegenerativen Effekte auf. In wieweit sich dieses Tiermodell auf den Mensch übertragen lässt und ob die Zunahme degenerierter Zellen klinische Folgen in der Entwicklung der Hirnleistungen hat, lässt sich nur durch weitere Studien, insbesondere klinische Verhaltensstudien, klären.
Recently, it has been shown that the combined application of GABA-enhancing and NMDA-blocking agents (midazolame, nitrous oxide and isoflurane) induces widespread neurodegeneration in the brains of newborn rats. Propofol (6,2 Diisopropylphenol) acts via GABAA agonism as well as NMDA antagonism. The use of propofol 1% for induction and maintenance of anesthesia is approved in Germany for children older than 1 month. Despite of these restrictions off- label use is common for anesthesia even in preterm infants and neonates. Three to 21 day old Wistar rats received intraperitoneal injections with various dosages of propofol and were separated from their mother during the experimental phase. In every litter animals were randomized either for anesthesia or controls. To maintain body temperature and prevent hypothermia, animals were placed on a heating device. During anesthesia respiratory frequency and skin color were observed to detect apnoea and hypoxia. Verum and control animals received injections of PÄD II (crystalloid/glucose solution) preventing hypoglycemia and hypovolemia. Control animals were separated from their mother for the same period. After anesthesia animals were observed for another 90 min until they were awake enough to be returned to their mother. Animals were killed for perfusion and fixation with an injection of an overdose of chloral hydrate 24 h after starting anesthesia. Brains were examined histopathologically using the De Olmos cupric silver staining. Degenerating cells were determined in sections of 17 different parts of the brain by a stereological dissector. Additionally, a summation score of the density of apoptotic cells was calculated for every brain. Six-day-old rats received propofol doses of 30 mg/kg body weight every 90 min up to a cumulative dose of 90 mg/kg. Compared to controls the brains showed a significant higher neurodegenerative summation score. Additionally a dose dependent effect could be demonstrated. The six-day-old rats receiving 3 x 20 mg propofol per kg body weight showed no difference in the neurodegeneration comparised with the controls. The dosage of 3 x 10 mg propofol per kg body weight causes a significant lower neurodegenerative summation score compared to controls. Furthermore an age dependency has been demonstrated. Those six- day-old rats receiving 30 mg/kg body weight every 90 min up to a cumulative dose of 90 mg/kg, showed a significant higher neurodegenerative summation score when compared to controls. The 21 day old rats that were treated with 3 x 30 mg propofol per kg body weight showed no difference in the neurodegeneration compared to the controls. The significance of these results for clinical anesthesia has not been completely clarified. Future studies should focus on identification of safe anesthetic strategies for the developing brain.