In dieser Arbeit wird die Philosophie der Figur des Diogenes von Sinope in ihrem wesentlich paradoxen Charakter rekonstruiert. Entgegen der traditionellen Interpretation, die einen völligen Rückzug aus dem Gemeinwesen am Werke sieht, werden im Sinne einer Gegengeschichte jene Momente stark gemacht, in denen sich die Figur des Diogenes herrschaftskritisch in das Gemeinwesen einbringt. In der Vermittlung beider Momente zeigt sich Diogenes als Grenzfigur, die hinreichend außerhalb steht, um substantielle Kritik äußern zu können, gleichzeitig aber noch ausreichend inkludiert ist, um Gehör zu finden. Da der historische Hintergrund der Philosophie der Figur des Diogenes die erodierende Polis ist, erweist sich folglich die in der Überlieferung stets präsente Auseinandersetzung zwischen Diogenes und Platon als Auseinandersetzung zwischen dem Anspruch, eines herrschaftsüberwindenden Kosmopolitismus und dem Anspruch, die Welt der Poleis herrschaftsförmig zu sichern.