In den letzten Jahren wurden auf dem langen Arm von Chromosom 1 des Menschen drei strukturell verwandte Genfamilien lokalisiert, die für die Ausbildung einer intakten Epidermis von entscheidender Bedeutung sind. Sie codieren sowohl strukturgebende als auch regulatorisch wirkende Proteine, die während der Differenzierung der Epidermis funktionell zusammenspielen. Die koordinierte Expression der Gene führte in Verbindung mit ihrer Anordnung innerhalb eines eng begrenzten Bereichs der Region 1q21 zur Definition eines neuen Genkomplexes, des Epidermalen Differenzierungskomplexes (EDC, epidermal differentiation complex). Zwei für die Charakterisierung des EDC unverzichtbare Ressourcen wurden im Rahmen dieser Arbeit geschaffen. Als erstes ist das aus 24 YACs (yeast artificial chromosomes) bestehende Contig zu nennen, das sich über 6 Mb der Region 1q21 erstreckte. Insgesamt 43 Genmarker, 20 neue, 1q21-spezifische Hybridisierungsmarker und sieben polymorphe STS (sequence-tagged site)-Marker wurden innerhalb des Contigs kartiert; bis auf zwei kleinere Abschnitte war die Region mindestens doppelt mit DNA-Klonen abgedeckt. Durch Zwei-Farben-FISH (Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung) zweier, den EDC begrenzender, YACs wurde die Orientierung des Genkomplexes auf Chromosom 1 bestimmt. Um die Auflösung des Contigs zu erhöhen, wurde eine SalI-Restriktionskarte der YACs erstellt und, um die Ergebnisse zu verifizieren, zusätzlich eine genomische Restriktionskarte, die ca. 4,5 Mb der Region 1q21 umfaßte. Die Positionierung von sieben STS-Markern der genetischen Karte auf den YACs führte zur integrierten Karte der Region 1q21, die für Kopplungsanalysen besonders wertvoll ist. Für die Analyse der während der Differenzierung der Epidermis exprimierten Gene wurde das zweite Hilfsmittel angefertigt, eine feingerasterte cDNA-Bibliothek aus Keratinozyten unterschiedlicher Reifegrade. Diese war sowohl aufgrund ihrer Größe (10 Filter mit je 18432 doppelt aufgetragenen Klonen) als auch der enthaltenen cDNA- Sequenzen, die selbst späte Differenzierungsstadien einschlossen, einzigartig und ermöglichte die systematische und schnelle Analyse nahezu des gesamten bei der Keratinozytenreifung vorliegenden Transkriptoms. Für die Verwaltung der cDNA-Bibliothek wurde eine zentrale Datenbank angelegt, in der alle erzielten Ergebnisse gespeichert und ausgewertet wurden. Zusätzlich wurde eine Methode zur Genidentifizierung weiterentwickelt, die YACs als Sonden für die Hybridisierung einer cDNA-Bibliothek nutzt. Durch subtraktive Hybridisierung einer feingerasterten cDNA-Bibliothek mit nicht überlappenden YACs konnten zuvor beschriebene Probleme mit falsch positiven Klonen nahezu vollständig gelöst werden: Fast 90% der subtraktiv ausgewählten cDNA-Klone konnten im EDC kartiert werden. Die cDNA-Sequenzen repräsentierten 40 verschiedene Transkripte, die von 33 Genen stammten. Von diesen konnten 21 Gene erstmals dem EDC zugeordnet wurden: ADAR1, ANXA9, HAX1, LAMRL6, PIAS3, PIP5K1A, PSMB4, PSMD4, PSMD8L, RBM8 und TPM3 sowie zehn zuvor nicht charakterisierte Gene (NICE1 bis NICE10), von denen eines eine Homologie zum NOTCH2-Gen aufwies. Vier weitere Gene, CHRNB2, RPTN, S100A11 und TDRKH, wurden unabhängig von der subtraktiven Hybridisierung im EDC lokalisiert. Die bekannten Genfamilien des EDC konnten mit RPTN und S100A11 um zwei neue Mitglieder erweitert werden; außerdem wurde ein polymorphes Transkript des SPRR3-Gens identifiziert. Expressionsuntersuchungen und Sequenzanalysen des NICE1-Gens, das ebenfalls in der ursprünglichen EDC-Region kartiert, lassen eine neue, differenzierungsspezifisch exprimierte Genfamilie innerhalb des EDC vermuten. Durch die Zuordnung der entsprechenden Gene im Mausgenom konnte eine orthologe Kopplungsgruppe auf dem Mauschromosom 3 belegt werden. Ebenso konnten paraloge Regionen auf den Chromosomen 1, 6, 9 und 19 im menschlichen Genom aufgezeigt werden. Darüberhinaus bestätigen vier neue EDC-Gene, denen homologe Gene auf dem langen Arm von Chromosom 15 zugeordnet werden konnten, Hinweise auf eine fünfte paraloge Region - ein weiterer Schritt zur Aufklärung der Chromosomenentwicklung. Der EDC konnte als Ergebnis dieser Arbeit von 2 auf 6 Mb ausgedehnt werden, innerhalb der jetzt 52 Gene kartieren, von denen fast alle in Keratinozyten exprimiert werden und die somit potentiell am Aufbau der Epidermis beteiligt sind. Da die Transkriptionsanalyse der Region nicht erschöpfend durchgeführt wurde, wird ihre Zahl voraussichtlich noch zunehmen. Auch ist die tatsächliche Ausdehnung des EDC auf Chromosom 1 noch unbekannt, so daß weitere Analysen dieser außergewöhnlichen Region des menschlichen Genoms erstrebenswert sind.
In recent years, three structurally related gene families which are important for the formation of a functional epidermis were localized to the long arm of human chromosome 1. They encode structural as well as regulatory proteins which cooperate during epidermal differentiation. Coordinated expression and the close linkage of the genes in chromosomal region 1q21 lead to the definition of a new gene complex, the epidermal differentiation complex (EDC). Two resources essential for the characterization of the EDC were generated within this study. To examine the genomic organization of the EDC, a contig of 24 yeast artificial chromosomes (YACs) covering 6 Mb of region 1q21 was assembled. A total of 43 genes, 20 newly generated hybridization markers, and seven polymorphic sequence-tagged site (STS)-markers were mapped within the contig. Except for two smaller DNA segments all of these loci were at least doubly linked. To achieve a higher resolution, a SalI restriction map of the YAC contig was generated and, to verify the mapping results, a genomic restriction map covering approximately 4,5 Mb of region 1q21. Using two YACs flanking the EDC as probes for dual colour fluorescence in situ hybridization (FISH) the chromosomal orientation of the gene complex was determined. The positioning of seven STS-markers yielded an integrated map of region 1q21 as a valuable tool for linkage analyses. For the transcriptional analysis of genes involved in epidermal differentiation a gridded cDNA library synthesized from differentiating keratinocytes was constructed. This library was unique in terms of its size (10 filters carrying 18432 doubly spotted clones each) and the included transcripts which even covered late stages of differentiation and enabled rapid and systematic investigations of the whole keratinocyte transcriptome. In addition, a database for the management of the cDNA library was developed. Furthermore, a gene identification method using YACs as probes to screen a cDNA library was improved. The subtractive hybridization of a gridded cDNA library with non overlapping YACs resolved nearly all problems with non specific hybridization previously described; approximately 90% of the subtractively selected cDNA clones could be mapped within the EDC. The cDNA sequences represented 40 different transcripts originating from 33 genes. Of these 21 genes were newly assigned to the EDC: ADAR1, ANXA9, HAX1, LAMRL6, PIAS3, PIP5K1A, PSMB4, PSMD4, PSMD8L, RBM8, and TPM3, as well as ten previously uncharacterized genes (NICE1 to NICE10), one of which was homologous to NOTCH2. Four additional genes, CHRNB2, RPTN, S100A11, and TDRKH, were localized within the EDC independently of the subtractive hybridization. The established gene families of the EDC were extended by two new members, RPTN and S100A11, and a polymorphic transcript of the SPRR3 gene was identified. Expression and sequence analyses of NICE1 mapping as well within the core region of the EDC suggested the existence of a new, differentiation- specifically expressed gene family. The recognition of the corresponding genes in the mouse genome verified an orthologous linkage group on mouse chromosome 3. Likewise, paralogous regions on human chromosomes 1, 6, 9, and 19 were confirmed. Moreover, four of the newly assigned EDC genes have homologues on the long arm of chromosome 15, indicating a fifth paralogous region; a further step in the elucidation of the evolution of chromosomes. As a result of this study the EDC has been extended from 2 to 6 Mb, now including 52 genes which are almost completely expressed in keratinocytes and therefore potentially contribute to the formation of the epidermis. Because the transcriptional analysis was not performed exhaustively, the number of genes should still increase. Moreover, the extension of the EDC on chromosome 1 is still unknown, making further investigations of this remarkable region of the human genome desirable.