Sowohl in Deutschland als auch in anderen westlichen Industrienationen ist die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Vor allem aufgrund der Assoziation mit teils schwerwiegenden Begleiterkrankungen , aber auch durch die damit verbundenen Kosten für das Gesundheitssystem, gewinnt die Aufklärung und Betreuung der betroffenen Patienten immer mehr an gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Innerhalb der medizinischen Versorgungslandschaft in Deutschland sind Hausärzte wichtige Ansprechpartner für übergewichtige und adipöse Patienten und werden aufgrund der Begleiterkrankungen im Vergleich häufiger von Übergewichtigen als von Normalgewichtigen aufgesucht. Daraus leitet sich ein besonderer Stellenwert der Hausärzte bei der komplexen Betreuung betroffener Patienten ab. Der vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen initiierte Check-Up-35 bietet als Präventivuntersuchung den gesetzlichen Rahmen, übergewichtige bzw. adipöse Patienten hinsichtlich ihres Risikoprofils aufzuklären, ein Bewusstsein für gesundheitliche Einschränkungen zu induzieren und auf eine gesunde Lebensführung hinzuwirken. Ziel der vorliegenden Studie war es, thematische Inhalte und ärztliches Gesprächsverhalten des im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung stattfindenden Beratungsgesprächs zwischen Hausärzten und ihren übergewichtigen Patienten (BMI≥25kg/m²) zu untersuchen. Mithilfe des Kommunikationsanalyseverfahrens RIAS wurden in dieser Arbeit Tonbandaufnahmen von insgesamt 50 Beratungsgesprächen aus 12 allgemeinmedizinischen Hausarztpraxen in Berlin und Brandenburg untersucht und quantitativ ausgewertet. Die Modifizierung des Analyseverfahrens folgte dabei der Umsetzung internationaler Leitlinien zur Behandlung Übergewichtiger und der Erfassung von Aspekten der ärztlichen Gesprächsführung, die in der präventiven Beratung von besonderem Interesse sind (Gesprächslänge, Patientenzentriertheit, partizipative Entscheidungsfindung). Aus der Untersuchung ging hervor, dass die inhaltliche Gestaltung der Gesundheitsberatung innerhalb der Ärzteschaft signifikant variierte. Zunächst war festzustellen, dass die Eruierung und Benennung von kardiovaskulären Gesundheitsrisiken in allen 50 GU-Gesprächen stattfand, wie es die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für den Check-Up vorsehen. Die teilnehmenden Studienärzte versuchten meist anhand auffälliger Laborparameter und körperlicher Befunde (z.B. Bluthochdruck) die Patienten auf ihr gesundheitliches Risiko aufmerksam zu machen und benannten in 82% (n=41) der Gespräche mögliche Folgeerkrankungen. Nicht immer wurde jedoch im Anschluss die medizinisch notwendige Diskussion von Lebensstilfragen durch die Hausärzte geführt. Gemessen an der Gesamtheit der kommunizierten Inhalte sprachen sie weit weniger über Ernährungs- (26,7%) und Bewegungsthemen (7,9%) als über kardiovaskuläre Risikofaktoren (47,3%). Zudem wurden 34% (n=17) der Patienten ohne Ernährungs- und 46% (n=23) ohne Bewegungsberatung aus den Abschlussgesprächen selbst dann entlassen, wenn nach den Leitlinien eine Behandlungsindikation gegeben war. Dabei wurde kein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Ansprache der drei Themenbereiche und dem Gesundheitszustand der Patienten festgestellt. Oftmals blieb auch die gemeinschaftliche Festlegung zwischen den Ärzten und Patienten bezüglich des weiteren therapeutischen Vorgehens aus und Behandlungsziele wurden nicht vereinbart. Dies lässt Optimierungsmöglichkeiten bei der Thematisierung von bestimmten Behandlungsoptionen bei Adipositas durch die primärversorgenden Ärzte erkennen. Ein erster Ansatz könnte sich aus einer Verbesserung des ärztlichen Gesprächsverhaltens ergeben, wie die Analyse der inhaltlichen Schwerpunkte und Merkmale der ärztlichen Gesprächsführung nahelegen. In den Beratungsgesprächen sprachen Ärztinnen mit ihren Patienten signifikant häufiger über Ernährung und Bewegung als ihre männlichen Kollegen. Eine Kausalität konnte mit dem Analyseverfahren RIAS nicht untersucht werden. Allerdings ließ sich anhand des Gesprächsverhaltens für die Ärztinnen nachweisen, dass sie ein patientenorientierteres Vorgehenden verfolgten und damit möglicherweise die komplexe Ansprache von Verhaltensmustern in der Beratungssituation erleichterten. So dauerten die Gesprächsphasen der Ärztinnen im Mittel 5:26 Minuten länger als die der Ärzte. Zudem zeigte sich, dass Ärztinnen durch aktives Zuhören und verbale Aufmerksamkeit eine größere Patientenpartizipation ermöglichten. Ihre Patientinnen und Patienten beteiligten sich aktiver am Gespräch und brachten mehr Informationen in die Beratungssituation ein. Der besondere Stellenwert des Gesprächsverhaltens von Ärzten in präventiven Beratungsgesprächen wurde auch in anderen Kommunikationsstudien belegt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine individuelle und patientenzentrierte Gesprächsführung die vielschichtige Lebensstilberatung vereinfachen kann, um mögliche Verhaltensänderungen dauerhaft in den Alltag von Patienten zu integrieren.
The increasing prevalence of obesity requires particularly primary care providers to take action. In this study we analized 50 encounters of general practitioners with their obese and overweight patients. Study object was the doctors`counceling regarding lifestyle changes and certain communication clusters such as shared-decision making and patient centerness. Results indicate that GPs rarely use the check-up program to conduct lifestyle consultations with obese patients. Female practitioners tend to communicate more patient-centered and and therefore might facilitate certain aspects of counseling their overweight and obese patients. Finally, barriers to lifestyle counseling and possible solutions are discussed with a view to promoting individualized management of overweight patients