Interferone mit ihren antiviralen, immunmodulatorischen und antiproliferativen Eigenschaften haben sich in den letzten Jahren zunehmend in der Behandlung verschiedenster Erkrankungen etabliert. Der Subtyp Interferon alpha (IFN-α) wird vor allem in der Therapie der chronischen Hepatitis sowie bei der adjuvanten Therapie des malignen Melanoms eingesetzt. So kann IFN-α bei Melanompatienten zu einer Verlängerung der rezidivfreien Zeit sowie der Gesamtüberlebenszeit führen. Allerdings kommt es unter IFN-α Therapie häufig zu neuropsychiatrischen Nebenwirkungen, welche einen der häufigsten Gründe für den Abbruch der Behandlung darstellen. Bis heute wurde jedoch nur unzureichend erforscht, wie viele Patienten tatsächlich an neuropsychiatrischen Nebenwirkungen leiden bzw. mit welcher Intensität. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb anhand eines überdurchschnittlich großen Patientenkollektivs (n= 725) untersucht, inwieweit Melanompatienten mit einer Tumordicke von ≥ 1,5 mm im ersten Jahr der adjuvanten Therapie unter IFN-α von Nebenwirkungen auf neuropsychiatrischer Ebene betroffen sind. Hierzu wurden den Patienten vor Behandlungsbeginn und im Verlauf des ersten Therapiejahres (nach 3, 6 und 12 Monaten) psychiatrische Fragebögen zur Evaluation vorgelegt. Es sollten der Depressionszustand (mittels des Beck Depression Inventory (BDI)) und die subjektive Belastung (mittels der Symptom Checklist 90-R (SCL 90-R)) erfasst werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sowohl die subjektiv empfundene Depressivität als auch die subjektive Symptombelastung im ersten Jahr unter IFN-a Niedrigdosis- Therapie in der Gesamtpopulation der Melanompatienten im Vergleich zu vor Beginn der Behandlung signifikant steigen. Dabei traten alle wesentlichen Veränderungen der Werte in den ersten 3 Therapiemonaten auf und blieben im weiteren Verlauf weitgehend konstant. Auch die gemessenen Werte zum Zeitpunkt nach 12 Monaten lagen signifikant über den Werten von vor Beginn der Therapie. Dennoch blieb das Gros der Patienten im subklinischen Bereich der depressiven Symptomatik (95%) sowie ohne eindeutige subjektive Belastung (93.6%). Der signifikante Anstieg der Prävalenzdaten im ersten Behandlungsjahr ist daher vor allem auf einzelne Patienten mit hoher Belastungsintensität zurückzuführen. Copingstrategien (Verdrängung, Nicht94 Wahrhaben-Wollen) oder das „Zufriedenheitsparadox“ könnten Erklärungsansätze für die eher zu niedrigen Durchschnittswerte der BDI-Skalen liefern. Von den Einzelitems des BDI trugen vor allem „Schlafstörungen“, „negative Selbstvorstellungen“ und „Libidoverlust“ zu den im Verlauf der Therapie erhöhten Gesamtscores bei. Als das Symptom mit dem deutlichsten Anstieg ist die Ermüdbarkeit zu nennen, welche allerdings auch als somatische Nebenwirkung von IFN-α im Rahmen des „Grippalen-Infekt-Syndroms“ gewertet werden könnte. Bei der Auswertung des SCL 90-R zeigten die Subskalen für „Somatisierung“ und „Depressivität“ die mit Abstand höchsten Werte unter der Therapie mit IFN-α. Bezüglich der Frage nach einem Geschlechterunterschied in der Ausprägung der depressiven Symptomatik beziehungsweise der subjektiven Belastung unter IFN-α Therapie zeigt die vorgestellte Arbeit deutlich, dass das weibliche Geschlecht mit wesentlich höherer Intensität betroffen ist. Auch die Werte von vor Beginn der Therapie waren bei den Frauen bereits signifikant höher als beim männlichen Geschlecht. Dies bedeutet, dass die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht als Risikofaktor gewertet werden kann. Engmaschige therapiebegleitende Kontrollen zum psychischen Zustand der Patientinnen durch den Psychiater sollten die Folge sein. Darüber hinaus bestätigen unsere Ergebnisse die Wertigkeit vorbestehender Depressionen als Risikofaktor für die Entstehung von Depressionen unter IFN-a. Höhere Werte vor Beginn der Therapie waren signifikant mit einer ausgeprägteren Intensität depressiver Symptome während der Behandlung korreliert. Somit können erhöhte vorbestehende Depressionswerte, selbst wenn sie im subklinischen Bereich liegen, als Risikofaktor für eine erhöhte Symptombelastung während der Therapie gewertet werden. Ebenso von einem größeren Risiko für die Entstehung einer subjektiven Belastungssituation während der IFN-α Therapie waren diejenigen Patienten betroffen, welche vor Behandlungsbeginn die höheren SCL 90-R Werte angaben. Die in dieser Dissertation vorgestellten Ergebnisse sollen dazu beitragen, in Zukunft die adjuvante Therapie mit IFN-α durch ein qualifiziertes und interdisziplinäres Nebenwirkungsmanagement weiter zu optimieren.
Aim: The purpose of the present study was to evaluate the incidence, spectrum and extent of psychiatric symptoms in patients with malignant melanoma (MM) before and during adjuvant treatment with Interferon-alpha (IFN-α). Methods: 850 patients with cutaneous MM of ≥1.5mm tumor thickness received standard low-dose IFN-a-2a in this prospective multi-center trial of the Dermatologic Cooperative Oncology Group (DeCOG). Psychiatric symptoms were evaluated at baseline and after 3, 6 and 12 months with the Beck Depression Inventory (BDI) and the Symptom Check List 90-Revised (SCL 90-R). Results: 282 patients completed all questionnaires. Mean BDI depression scores increased significantly until months six of IFN-α treatment (p ≤ 0.001), followed by a mild but not significant decrease. Also mean SCL 90-R scores increased significantly during the first 3 months of adjuvant treatment with IFN-a (p ≤ 0.001) and remained elevated until months 12 (p ≤ 0.001). Only 5% developed BDI scores > 10, indicating a clinically significant depressive syndrome and only 1.4% reached a BDI score ≥ 18, indicating a moderate to severe depressive syndrome. Patients, who dropped-out early from psychiatric reasons had significantly increased BDI and SCL-90R scores at baseline. Women scored higher in both scales before and during treatment if compared to men. Conclusions: Adjuvant treatment with IFN-a is associated with a significant increase of BDI- and SCL-90 scores. A higher pre-treatment questionnaire-score and a significant increase of depressive symptoms until month three are risk factors for an early drop out during therapy. An interdisciplinary care of the patients is recommended.