Die vorliegende Forschungsarbeit behandelt das meist negative Bild von Tataren, welches sich - trotz regional begrenzter deutsch-tatarischer Integration (Baltikum, Dobrudscha) - als Narrativ im kulturellen Gedächtnis der Deutschen festsetzte und erst im 20. Jahrhundert einen zaghaften Wandel erfuhr. Sie zeigt, wie die rezente Entwicklung des Tatarenbildes auf historischen Konstanten imaginierter Fremd- und Selbstzuschreibungen basiert. Diesen Fragen wird anhand von Forschungen zum Tatarenbild der Deutschen in Mitteleuropa als ´fernen´ Nachbarn der Tataren nachgegangen. Berücksichtigt werden die Tataren-Images in der deutschen Literatur, im Bereich Onomastik und Kulturgeschichte (Sekundärstereotypen). Die Entwicklungen in diesem Kontext werden ausführlich für den Zeitraum vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis heute untersucht, da diese Zeit gekennzeichnet ist von Brüchen und Entwicklungen im tatarischen Selbstverständnis und der Sichtweise Anderer auf diese Ethnie, die für die Untersuchung relevant sind: In den drei Phasen der zaristischen (A), sowjetischen (B) und post-sowjetischen (C) Epochen zählen dazu etwa die Zeit der Napoleonischen Kriege, das Aufkommen der Phänomene Nationalismus, Panturkismus und Djaddīdismus Ende des 19. Jh., die Revolution 1917, der Verdrängung bzw. Umdeutung dieser Konzepte durch die bolschewistische Ideologie sowie das Ende der Sowjetherrschaft Anfang der 1990er Jahre einhergehend mit einer rasanten Renaissance von Djaddīdismus sowie russischen und tatarischen Nationalismen.
The present study deals with the mostly negative image of Tatars, which - despite the regionally limited German-Tatarian integration (Baltikum, Dobrudja) - was a narrative in the cultural memory of the Germans and experienced a tentative change only in the 20th century. It shows how the recent development of the Tatar image is based on historical constants of imagined foreign and self-attestations. These questions are investigated by means of researches on the Tatar picture of the Germans in Central Europe as 'remote' neighbors of the Tatars. Tatar images are taken into account in German literature, in the area of onomastics and in the cultural history (secondary stereotypes).