Transmissible Spongiforme Enzephalopathien (TSE), sog. Prionkrankheiten, sind letale neurodegenerative Erkrankungen, die sowohl beim Menschen als auch bei Haus- und Wildtieren vorkommen. Nach dem Auftreten von TSE bei Mufflons in England und vor dem Hintergrund, dass Deutschland den zweitgrößten Mufflonbestand der Welt besitzt, stellte sich die Frage, ob TSE auch bei Mufflons in Deutschland vorkommen. Ziel dieser Studie war es zu klären, (1) mit welcher Prävalenz Prionkrankheiten bei Mufflons in Deutschland auftreten und (2) welche genetische Empfänglichkeit die Populationen aufweisen. Dazu wurden ein Populationsscreening und eine Genotypisierung des Prionprotein-Gens (PRNP) durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollten eine genauere Risikoabschätzung ermöglichen. Für das Screening wurden alle Landkreise je nach Auftreten von Scrapie-Ausbrüchen bei Hausschafen, der Mufflonstrecke sowie der Schafdichte in verschiedene Risikoklassen unterteilt. Das Screening wurde auf Kreise der Risikoklassen III und II, in denen die Wahrscheinlichkeit TSE bei Mufflons zu entdecken als höher eingeschätzt wurde, beschränkt. Innerhalb dieser Risikogebiete wurden während der Jagdjahre 2006 und 2007 erlegte oder tot aufgefundene Mufflons, die älter als 18 Monate waren, beprobt. Um sowohl klassische als auch atypische Scrapie diagnostizieren zu können, wurden i. d. R. von jedem Tier der Hirnstamm, das Kleinhirn und die retropharyngealen Lymphknoten entnommen und von einem akkreditierten Labor mittels eines hoch sensitiven Schnelltestes (IDEXX HerdChek BSE-Scrapie) untersucht. Zur Genotypisierung des PRNP wurden Tiere aus jeder in das Screening miteinbezogenen Muffelwildregion per Zufall ausgewählt. Als Ausgangsmaterial für die DNA-Extraktion diente für die TSE- Untersuchung entnommenes Gehirngewebe. Mittels PCR wurde ein 862 Basenpaare langes DNA-Fragment amplifiziert, aufgereinigt und anschließend sequenziert. Alle erhaltenen Sequenzen wurden mit verfügbaren Genbankeintragungen von Schaf und Mufflon verglichen und in ihre entsprechende Aminosäurensequenz übersetzt. Hauptaugenmerk lag auf der 771 Basenpaare umfassenden proteincodierenden Sequenz des PRNP. Besonderes Interesse galt den Codons 136, 154 und 171, da vor allem diese mit der Varianz der Scrapie-Empfänglichkeit assoziiert werden. Insgesamt wurden 2.453 Gewebeproben von 823 Mufflons aus 38 Landkreisen und einem Stadtstaat untersucht. Das krankheitsassoziierte Prionprotein (PrPSc) konnte in keiner Gehirn- oder Lymphknotenprobe nachgewiesen werden. Alle untersuchten Mufflons waren TSE-negativ. Zur weiteren Auswertung und Schätzung der Nachweisgrenzen wurden alle Gebiete einer Risikoklasse zusammengefasst. In den Risikogebieten der Klasse III lag die TSE-Prävalenz für adulte Mufflons im Untersuchungszeitraum mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit unter 0,56 %, in Risikogebieten der Klasse II unter 1,2 %. Im Rahmen der Genotypisierung wurden die Prionprotein-Genotypen von 246 Tieren aus 40 Muffelwildregionen bestimmt. Die Analyse der Sequenzen zeigte, dass – unabhängig von ihrem Herkunftsort – alle Mufflons den gleichen Genotyp ARQ/ARQ aufwiesen. Unter Berücksichtigung der Einbürgerungsgeschichte ist es wahrscheinlich, dass dieser den einzig vorhandenen Genotyp des gesamten Bestandes in Deutschland darstellt. Die vorliegende Arbeit ist die weltweit umfangreichste Untersuchung zu TSE und Prionprotein-Genotypen an frei lebenden Mufflons. Gegenwärtig gibt es keine Hinweise dafür, dass Prionkrankheiten bei Mufflons in Deutschland vorkommen. Allerdings können Einzelfälle anhand der Nachweisgrenzen nicht ausgeschlossen werden. Das durchgeführte Screening stellt eine Stichproben- und keine Vollerhebung dar. Ihrem Genotyp nach zu urteilen sind Mufflons hochempfänglich für klassische Scrapie und BSE und empfänglich für atypische Scrapie. In einigen Gebieten Deutschlands besteht durch potentiellen direkten und indirekten Kontakt zu Scrapie-positiven Hausschafen ein hohes Expositionsrisiko für Mufflons. Um einen gesunden Wildbestand dauerhaft zu gewährleisten und dem Vorsorgeprinzip zu entsprechen, sollten Mufflons in die TSE-Überwachung miteinbezogen werden. Daher sollten alle klinisch auffälligen Mufflons einer veterinärmedizinischen Untersuchung inklusive eines TSE- Schnelltestes unterzogen und somit in die passive Überwachung integriert werden. In Gebieten mit einem hohen Expositionsrisiko durch klassische Scrapie sollte eine aktive Überwachung, d. h. eine Untersuchung aller erlegten oder tot aufgefundenen Mufflons, erfolgen.
Transmissible spongiform encephalopathies (TSEs), also know as prion diseases, represent a group of fatal neurodegenerative disorders in humans and several free-ranging and captive mammalian species. A report of scrapie in mouflon from England and the fact that Germany’s free-ranging mouflon population is the second largest in the world raised the question if mouflon in Germany are affected by TSEs. Therefore, the aim of this survey was (1) to examine the prevalence of prion diseases in mouflon from Germany, and (2) to determine the genetic susceptibility of the populations. Thus a population screening for prion diseases and a sequence analysis of the prion protein gene (PRNP) were carried out. According to the results, a detailed risk assessment was aimed for. All administrative districts in Germany were divided into risk categories defined by the number of reported scrapie cases in domestic sheep, the number of hunted mouflon per year, and the abundance of sheep. Screening included districts of risk categories III and II where the probability to discover TSEs in mouflon was highest. Mouflon ewes and rams older than 18 months collected from hunting bags during the hunting seasons 2006 / 2007 and 2007 / 2008 were sampled. In order to detect classical and atypical scrapie cases, samples were taken from brain stem, cerebellum and retropharyngeal lymph nodes. The samples were analysed by an accredited laboratory using a highly sensitive rapid test (IDEXX HerdChek BSE-scrapie). Mouflon of all screening districts were chosen at random for PRNP genotyping. Brain tissue samples were used for DNA extraction and subsequent PCR amplification and sequencing of an 862 base pair long DNA fragment. All sequences received were compared with gene bank submissions of sheep and mouflon and translated into their amino acid sequences. Focus was the 771 base pair long prion protein coding sequence, especially codons 136, 154, and 171, since these are associated to TSE susceptibility. A total of 2.453 tissue samples of 823 mouflon from 39 administrative districts were analysed. Protease resistant prion protein (PrPSc) was not detected in any of the examined brain and lymph node samples; all mouflon were TSE negative. All samples from districts of the same risk category were pooled for further analysis and estimation of the detection limits with a probability of 95 percent. TSE prevalence in adult mouflon during the sample period was less than 0.56 % in districts of risk category III and 1.2 % in districts of risk category II. Genotyping of the PRNP sequence of 246 mouflon was performed. The sequence-based analysis showed that all tested mouflon carried the same ARQ/ARQ genotype. Thus the genotype is independent of the geographic origin and appears to reflect naturalisation history. Accordingly, it can be assumed that ARQ/ARQ is the only existing genotype in mouflon in Germany. This study represents the most comprehensive survey on TSE and prion protein genotypes in free-ranging mouflon. At present, evidence of prion diseases in the German mouflon population has not been found. However, it cannot be entirely ruled out that prion diseases are present in the populations at very low prevalence, since a sample survey was performed. Results of the genotyping indicate that mouflon are genetically highly susceptible to classical scrapie and BSE and susceptible to atypical scrapie. In addition a potential direct and indirect contact to scrapie- infected domestic sheep results in a high exposure risk for mouflon in certain areas. Mouflon should be included in the TSE surveillance to ascertain a sound free-ranging population and to meet the precaution principle. Passive surveillance should be performed on all clinically conspicuous mouflon, including a veterinary examination and a rapid test. Active surveillance, i.e. examination of all hunted and fallen mouflon, is advisable for all areas with a high exposure risk to classical scrapie.