Stress hat einen starken Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung und äußert sich abhängig von den Stressmodalitäten entweder in einer erhöhten oder erniedrigten Sensitivität. Ebenso scheint Stress auch eine zentrale Rolle bei vielen somatoformen und funktionellen Schmerzsyndromen wie z. B. der Fibromyalgie zu spielen. Zur Erzeugung einer andauernden Stresssituation wurden männliche Wistar-Ratten einem einstündigen Immobilisationsstress einmalig oder täglich über den Zeitraum von einer oder zwei Wochen ausgesetzt. Die Wirkung auf die Nozizeption wurde mit einem Randall-Selitto- und einem Tail-Flick-Test ausgewertet. Nur nach 2 Wochen zeigten die Tiere in beiden Nozizeptionstests eine signifikante Hyperalgesie. Aufgrund der höheren Effektstärke und der besseren Vergleichbarkeit des Druckschmerzes zum humanen Fibromyalgie-Syndrom erfolgte anschließend eine Beschränkung auf den Randall- Selitto-Test. Die weiterführenden Untersuchungen ergaben unter anderem, dass die Tiere mit der erhöhten Schmerzsensibilität gleichzeitig auch erhöhte Plasmaspiegel von Corticosteron sowie vergrößerte Nebennieren aufwiesen. Dies deutete auf eine Fehlregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebenniere-Achse (HPA) hin, die eine Schlüsselrolle bei der Stressreaktion besitzt. Zur Überprüfung des möglichen Zusammenhangs von HPA-Achsen-Dysregulation und der Hyperalgesie wurde in Wistarratten eine Hypercorticosteronämie durch die Zufuhr von Corticosteron über das Trinkwasser erzeugt. Zusätzlich erfolgten dabei die Messung der ACTH-Plasmaspiegel und die histologische Untersuchung der Nebennierenrinde, die den Syntheseort von Corticosteron darstellt. Die Tiere mit Corticosteron wiesen im Vergleich zu den gestressten Tieren ebenso eine erhöhte nozizeptive Sensitivität auf, die auf eine Dosisabhängigkeit zur Menge von Corticosteron im Trinkwasser hindeutete. Ebenso dosisabhängig waren die gleichzeitige Verkleinerung der Nebennierenrinde (vor allem der Zona fasciculata) und die verminderten ACTH-Spiegel dieser Tiere. Dagegen wiesen die Tiere nach wiederholtem Immobilisationsstress eine vergrößerte Nebennierenrinde sowie erhöhte ACTH-Spiegel auf. Daraus wird geschlussfolgert, dass innerhalb einer fehlregulierten HPA-Achse vor allem die anhaltend erhöhten Plasmaspiegel von Corticosteron mit einer Hyperalgesie assoziiert sind. Zur weiterführenden Aufklärung dieses Zusammenhangs erfolgten Untersuchungen an den Glucocorticoid-Rezeptoren. Dazu wurden jeweils nach wiederholtem Immobilisationsstress und wiederholter Corticosteron-Aufnahme über das Trinkwasser Milz-Lymphozyten der Tiere gewonnen und anhand dieser die Ansprechbarkeit und die Dichte der Glucocorticoid-Rezeptoren bestimmt. Es konnte eine verminderte Sensitivität der Glucocorticoid-Rezeptoren festgestellt werden bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Rezeptordichte, die als eine versuchte Dekompensation angenommen wird. Weiterhin wird geschlussfolgert, dass diese festgestellten Veränderungen an den Glucocorticoid-Rezeptoren zur erhöhten Schmerzsensibilität beitragen, da eine Vielzahl von Nozizeptions-modulierenden Neurotransmittern über diesen Rezeptor beeinflusst wird. Um für die beteiligten Neurotransmittersysteme auch pharmakologisch weitere Anhaltspunkte zu erhalten und um die Modelle der Immobilisationsstress- und Corticosteron-induzierten Hyperalgesie auch prädiktiv zu validieren, wurden verschiedene Pharmaka geprüft, die bei der Therapie von somatoformen und funktionellen Schmerzsyndromen eingesetzt werden können. Neben dem Noradrenalin-Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Milnacipran erwies sich das Opioid Levomethadon in beiden Modellen als wirksam, während der NMDA-Antagonist Ketamin hauptsächlich die durch Immobilisationsstress induzierte Hyperalgesie aufhob. Dagegen wurde für das nicht steroidale Antiphlogistikum Diclofenac in beiden Modellen kein antihyperalgetischer Effekt beobachtet. Die Ergebnisse zeigen, dass eine fehlregulierte Corticosteron-Ausschüttung in beiden Hyperalgesie-Modellen zu Veränderungen am Glucocorticoid-Rezeptor führt, was aufgrund der Beeinflussung von Nozizeptions-modulierenden Neurotransmittern in einer vermehrten Schmerzwahrnehmung resultiert. Weiterhin scheinen beide Modelle ebenso eine prädiktive Validität zu besitzen, da die erhöhte Schmerzsensibilität durch mögliche Therapeutika von somatoformen und funktionellen Schmerzsyndromen vermindert werden konnte. Unter dem Aspekt des Tierschutzes steht mit dem Modell der Corticosteron-induzierten Hyperalgesie eine neue belastungsarme experimentelle Methode zur Nachahmung der Wirkung von andauerndem Stress auf Nozizeption zur Verfügung.
Stress has a strong influence on pain perception and may result in either increased or decreased sensitivity depending on the challenging conditions. Accordingly, stress appears to play a central role in many functional somatoform disorders such as fibromyalgia. To create a long lasting stressful situation, male Wistar rats were exposed to a single restraint stress for 1 h only once or over periods of either one or two weeks. The effect on nociception was evaluated using the Randall-Selitto- and the tail-flick-test. After two weeks the animals exhibited a significant hyperalgesia in both tests. Due to the higher effect size and better comparability for pressure pain of tender points in human fibromyalgia syndrome further nociceptive testing was restricted to the Randall-Selitto-test. Additional analysis showed that rats with increased pain sensitivity also displayed elevated plasma levels of corticosterone with an accompanied enlargement of adrenal glands indicating a dysregulation of the hypothalamic-pituitary-adrenal axis, which play a key role in the stress response. In order to test for a possible correlation of HPA-axis dysregulation and hyperalgesia a persistent increase in plasma corticosterone was generated in Wistar rats by the administration of different concentrations of corticosterone via drinking water for two weeks. Additionally the measurement of plasma ACTH and histological examination of the adrenal cortex, which represents the site of corticosterone synthesis, were preformed. Similar to the restraint stressed rats animals consuming different concentrations of corticosterone in drinking water exhibited also a significant mechanical hyperalgesia, indicating a dose-dependency to the amount of corticosterone in drinking water. These animals showed as well dose- dependent a concurrent reduction of the adrenal zona fasciculata and reduced ACTH plasma levels. On the other hand, the restraint animals exhibited an enlarged adrenal cortex and increased ACTH plasma levels. Thus it is the concluded that within a dysregulated HPA-axis, especially the persistently elevated plasma levels of corticosterone are associated with hyperalgesia. For further elucidation of this relationship studies were carried out on glucocorticoid receptors. For this purpose, from restrained and corticosterone drinking animals spleen lymphocytes were obtained, which were used for determination of responsiveness and density of glucocorticoid receptors. The lymphocytes of these animals showed a reduced sensitivity of glucocorticoid receptors with an accompanied increase of receptor density, which is assumed to be an attempted decompensation mechanism. Furthermore, it supposed that the observed glucocorticoid receptor alterations may contribute to increased pain sensitivity, since a number of nociception-modulating neurotransmitters is affected by this receptor. In order to validate the hyperalgesia models and to obtain additional information on the underlying mechanisms, different drugs which are used in the therapy of functional somatoform pain disorders were tested by oral administration. In addition to the serotonin–norepinephrine reuptake inhibitor Milnacipran, the opioide levomethadone was found to be active in both models while the NMDA-antagonist ketamine abolished mainly the restraint stress-induced hyperalgesia. In contrast, no effect was observed for the COX-inhibitor diclofenac in both stress- and corticosterone-induced hyperalgesia. The results indicate that a dysregulated corticosterone secretion leads in both hyperalgesia models to glucocorticoid receptor alterations, resulting in an increased pain perception due the influence on nociception-modulating neurotransmitters. Finally, both models seem to possess predictive validity as inhibition of hyperalgesia could be demonstrated for drugs used therapeutically to treat of functional somatoform pain disorders. Under animal welfare aspects the corticosterone-induced hyperalgesia model is a new animal friendly experimental method for mimicking stress effects on nociception.