Toll-like Rezeptoren (TLR) leiten sich evolutionär von dem sogenannten Toll- Protein in Drosophila melanogaster ab. Dieses Protein spielt sowohl bei der Entwicklung der dorsoventralen Achse der Fliegenlarve als auch bei der Immunantwort der Taufliege auf Pilzinfektionen eine zentrale Rolle. Des Weiteren scheint es eine Funktion bei der Zielfindung aussprossender Motoneurone zu übernehmen. Im Säugetier vermitteln Homologe des originären Toll-Proteins - die Toll-like Rezeptoren - angeborene Immunität und finden sich vor allem auf Antigen-präsentierenden Zellen, wo sie sogenannte Pathogen- associated-Molecular-Pattern (PAMP) erkennen. Bei diesen PAMP handelt es sich um evolutionär konservierte Strukturen, die in niederen Pathogenen, nicht jedoch in Zellen höherer Lebewesen vorkommen. So erkennt TLR4 beispielsweise Zellwandbestandteile gramnegativer Bakterien, TLR7 und TLR9 erkennen virale RNA bzw. virale und bakterielle DNA. Mit dem Abkommen von der Vorstellung, dass das Gehirn ein immunprivilegiertes Organ ist, sind Toll-like Rezeptoren in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der Neurowissenschaften gerückt. Es wird zunehmend deutlich, dass Toll-like Rezeptoren nicht nur eine Rolle bei der Immunantwort, sondern auch bei Pathogen-unabhängigen Prozessen spielen. Es wurde gezeigt, dass die Aktivierung von Mikroglia über Toll-like Rezeptoren neurotoxische Folgen haben kann. Die Freisetzung des Hitzeschockproteins 60 aus geschädigten Neuronen führt beispielsweise zur Aktivierung von Mikroglia über TLR4. Die Mikroglia beginnen nach ihrer Aktivierung mit der Synthese von Stickstoffmonoxid, welches wiederum den Zelltod weiterer Neurone induziert. Verschiedene andere neurodegenerative bzw. neurotoxische Effekte nach Mikrogliaaktivierung durch TLR-Liganden sind beschrieben worden. Die Doppelrolle des originären Toll-Proteins bei der embryonalen Entwicklung und der Immunantwort wirft die Frage auf, ob Toll-like Rezeptoren möglicherweise eine Rolle bei der Entwicklung des ZNS spielen. Da bisher keine Studien zu diesem Thema veröffentlicht wurden, stand am Anfang der vorliegenden Arbeit ein breit angelegtes „Screening“ nach expressionellen Veränderungen von Toll- like Rezeptoren bei der Entwicklung des Großhirns im Vordergrund. Mithilfe der Quantitativen Echtzeit Polymerase Kettenreaktion wurden die mRNA- Expressionslevel der Toll-like Rezeptoren 1 bis 9 und des Adapterproteins MyD88, das an der intrazellulären Signalkaskade der Toll-like Rezeptoren beteiligt ist, in Maushirnen verschiedener Altersstufen gemessen. Die Technik der Quantitativen Echtzeit Polymerase Kettenreaktion musste zunächst für die anzuwendenden Primer etabliert werden. Insgesamt wurden schließlich Hirne an zwölf Zeitpunkten untersucht, beginnend mit dem 13 Tage alten Embryo (E13) bis hin zur fünf Monate alten Maus (P5m). Zu jedem Zeitpunkt wurden drei Großhirne untersucht. Es stellte sich heraus, dass die beiden Toll-like Rezeptoren 7 und 9 auffällige Expressionsveränderungen während der Entwicklung zeigten. TLR7 stieg kurz nach der Geburt auf ein Vierzigfaches an (im Vergleich zur Altersstufe E13), um dann ab P8 wieder abzufallen, wobei die Expression stets über dem Ausgangsniveau blieb. Die Expression der TLR9-mRNA stieg mit dem Alter konstant an und war in der fünf Monate alten Maus dreizehnmal so hoch wie beim 13 Tage alten Embryo. Die anderen Toll-like Rezeptoren und das Adapterprotein MyD88 zeigten keine Veränderungen hinsichtlich ihrer Expressionslevel während der ZNS-Entwicklung. Im zweiten Schritt wurde die Expression der beiden Toll-like Rezeptoren 7 und 9 im sich entwickelnden ZNS mit weiteren molekularbiologischen Methoden untersucht. Mithilfe der In-situ- Hybridisierung konnte gezeigt werden, dass TLR7-mRNA vor allem in Neuronen des Großhirns abhängig von der Entwicklungsstufe exprimiert wird. Mithilfe der Immunfluoreszenzhistochemie sollte die Expression von TLR7 und TLR9 im Großhirn auf Proteinebene analysiert werden. Die Spezifität der hier verwendeten TLR7- und TLR9-Antikörper wurde mithilfe transfizierter HEK 293 Zellen nachgewiesen. Weitere Antikörper wurden als zelltypsspezifische Marker eingesetzt. Hier konnte gezeigt werden, dass TLR7 in allen untersuchten Altersstufen in erster Linie in Neuronen von Kortex und Hippocampus exprimiert wird, wobei die Expression in der Altersstufe E16 kaum nachweisbar war; in den Altern P0, P12 und P5m jedoch sehr deutlich. TLR9 wurde ebenfalls hauptsächlich in Neuronen von Kortex und Hippocampus nachgewiesen, wobei die Dichte TLR9-positiver Neurone und deren Fluoreszenz im Alter zunahm. In weiteren Experimenten wurde die Expression von TLR7 und TLR9 in primären Neuronen und Mikroglia mittels Durchflusszytometrie untersucht. Hier konnte bestätigt werden, dass nicht nur Mikroglia, sondern auch Neurone sowohl TLR7 als auch TLR9 exprimieren. Am Ende des Ergebnisteiles dieser Arbeit werden weiterführende Experimente vorgestellt, die einen Ausblick auf die funktionelle Rolle der Toll-like Rezeptoren 7 und 9 schaffen sollen. Im neuralen Differenzierungsmodell mit P19-Stammzellen wurde die Expression von TLR7 und TLR9 im Verlauf der Differenzierung analysiert. Hierbei wurde gezeigt, dass TLR7 und TLR9 im Laufe der Differenzierung ähnliche Veränderungen aufweisen wie der Differenzierungsmarker GFAP. Die Expression von TLR7 und TLR9 fiel zunächst leicht ab und stieg dann im weiteren Verlauf etwa hundertfach über den Ausgangswert an. Schließlich konnte gezeigt werden, dass spezifische TLR7-Liganden neuronalen Zelltod in vitro induzieren können. Diese Arbeit stellt die erste systematische Untersuchung der Expression von Toll-like Rezeptoren bei der Entwicklung des Mausgehirns dar. Die in-vitro- und in-vivo-Daten weisen auf eine funktionelle Rolle von TLR7 und TLR9 bei der ZNS-Entwicklung hin. Welche Aufgabe die beiden Toll-like Rezeptoren genau übernehmen und welche endogenen (und exogenen) Liganden hieran beteiligt sind, muss Gegenstand weiterer Experimente sein. Nicht nur physiologische Prozesse bei der ZNS-Entwicklung, sondern auch die Interaktion von Pathogenen mit Toll- like Rezeptoren während der Entwicklung des ZNS werden in Zukunft noch zu untersuchen sein.
Toll-like receptors (TLR) are key players of the innate and adaptive immune response in vertebrates. The original protein Toll in Drosophila melanogaster regulates both host defense and morphogenesis during development. Making use of real-time PCR, in situ hybridization, and immunohistochemistry we systematically examined the expression of TLR1–9 and the intracellular adaptor molecules MyD88 and TRIF during development of the mouse brain. Expression of TLR7 and TLR9 in the brain was strongly regulated during different embryonic, postnatal, and adult stages. In contrast, expression of TLR1–6, TLR8, MyD88, and TRIF mRNA displayed no significant changes in the different phases of brain development. Neurons of various brain regions including the neocortex and the hippocampus were identified as the main cell type expressing both TLR7 and TLR9 in the developing brain. Taken together, our data reveal specific expression patterns of distinct TLRs in the developing mouse brain and lay the foundation for further investigation of the pathophysiological significance of these receptors for developmental processes in the central nervous system of vertebrates.