In der vorliegenden Studie wurde versucht, die Versorgungswege und Behandlungsgeschichten von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen näher zu beschreiben. Es wurde über einen retrospektiven Teil die zurückliegende Behandlung seit Auftreten der Beschwerden im Einzelnen so gut wie möglich rekonstruiert und über einen prospektiven Teil die Behandlung in der speziellen Schmerzeinrichtung (SSE) über ein halbes Jahr begleitet und ausgewertet. Mit Hilfe eines selbst entwickelten Instruments zur Erfassung der bisherigen Versorgungswege wurden die ambulanten Erstvorstellungen von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen in den beteiligten SSE zunächst retrospektiv befragt. Das persönliche quantitative Interview beinhaltete ausführliche Fragen zu den Zeitspannen im Versorgungsweg, den an der medizinischen Versorgung beteiligten Gruppen, den Bewegungsrichtungen innerhalb des Versorgungssystems, den Initiatoren der Bewegungen und der tatsächlichen Diagnostik und Therapie im Laufe des Versorgungswegs. Zusätzlich wurden Daten zum Ressourcenverbrauch in gesundheitsökonomischer Hinsicht erhoben und mit Hilfe standardisierter Fragebögen psychometrische Daten und Schmerzcharakteristika der Patienten zu den Zeitpunkten 0, 6 und 12 Monate erfasst. 99 Patienten wurden im Rahmen der Studie interviewt. Im Patientenkollektiv fällt auf, dass ein hoher Anteil von Patienten stark chronifiziert ist. Die durchschnittliche Dauer bis zum ersten Arztkontakt betrug 2 Monate (Range:0 bis 39 Jahre). 39% der Patienten suchten als erstes einen Hausarzt auf, 58% einen Facharzt, davon 88% zuerst einen Orthopäden. Die durchschnittliche Anzahl der Kontakte zu einem Orthopäden vor der Erstvorstellung in der SSE betrug 75 (Range 0 bis 1200, Median:29). Die Inanspruchnahme vieler verschiedener Ärzte und die teilweise hohe Frequenz von Arztbesuchen ohne dadurch eine langfristige Besserung zu erfahren erscheint charakteristisch für die meisten Pat. der Gruppe. Auch bei Diagnostik und Therapie fiel die hohe Zahl an verschiedenen Untersuchungen oder therapeutischen Ansätzen auf und häufig wurden Untersuchungen im Laufe der Zeit mehrfach durchgeführt, was insbesondere auf die bildgebenden Verfahren zutrifft. Die Dauer zwischen dem erstmaligen Auftreten der Schmerzen und der Erstvorstellung in der SSE betrug im Mittel 16,6 Jahre. Trotz langjährigen Verlaufs machten sich 57% der Patienten große Hoffnungen, dass ihnen durch die Behandlung in der SSE geholfen werden kann. Was die Diagnostik angeht, wurde vor allem eine psychologische Evaluation und eine gründliche klinische Untersuchung bei jeweils etwa 1/3 der Patienten in der SSE durchgeführt. Etwa 1/3 der Patienten gab zumindest eine geringfügige Verbesserung der Schmerzen an. Schmerzskalen und andere psychometrische Charakteristika verbessern sich kaum. Insgesamt fällt ein hoher Prozentsatz (91%) an Patienten auf, die parallel zur Behandlung in der SSE ambulant weitere Ärzte konsultieren, wo auch weitere Diagnostik und Therapie unabhängig von der SSE in die Wege geleitet wird. Nur wenige Patienten werden in der SSE multidisziplinär behandelt. 60% der Patienten werden ärztlich ausschließlich vom Arzt der SSE betreut. Insgesamt werden besonders in der Primärversorgung viele Untersuchungen und Therapien eingeleitet und teilweise mehrfach wiederholt, die nach derzeitigem Kenntnisstand und Leitlinienempfehlungen nicht empfohlen. Zwar werden Patienten von Ärzten verschiedener Fachdisziplinen behandelt, jedoch geschieht dies nicht im Sinne einer multimodalen Therapie.
This study analyses the pathways through the healthcare-system of patients with chronic low back pain. In a retrospective part the treatment of these patients from the first occurrence of the pain until their first contact to one of the participating specialized pain-centres was reproduced and then the treatment here was observed and evaluated for a period of 6 months. With a self-developed questionnaire, patients that came to treatment in the specialized pain-centres for the first time, were assessed and the previous treatment, the duration of the pain, the consulted doctors the means of diagnostics was evaluated. In addition standardized questionnaires concerning psychometric details and pain characteristics were filled in at time of the first contact, after 6 and after 12 months. 99 patients were interviewed. Most patients were highly chronified. The duration until the first contact with a doctor was 2 months (range:0 to 39 years). 39% of patients firs went to their GP, 58% directly consulted a specialist, in 88% an orthopaedist. The average of contacts to orthopaedists was 75 (Range 0 to 1200 contacts). Consulting many different doctors with a partly very high frequency seemed to be characteristic for most patients of this group. Also regarding diagnostics and different therapies, it was remarkably, that there were high numbers of different methods and repeated diagnostics, especially concerning imaging techniques, such as X-ray, CT, MRI. The duration from the first occurring of the pain to the first treatment in the specialized pain-centres in average was 16,6 years. Despite these very long processes, 57% of patients had great hope, in the treatment of the pain-centre. Diagnostic means here mainly were a psychological assessment and a clinical examination, each in 1/3 of the patients. 32% of the patients reported an at least slight amelioration of the pain. In the standardized questionnaires concerning psychometric details and pain characteristics no significant changes were observed. There was a high percentage of patients (91%) that had further treatment besides the specialized pain-centres. They consulted further doctors who initiated additional diagnostics and treatment, independently from the specialized pain- centres. Only few patients were treated multidisciplinary in the specialized pain-centres. 60% there only had contact to the responsible doctor. In primary care many diagnostics and therapies are conducted, often repeatedly, that are at the current state of knowledge and according to the guidelines not recommended for the treatment of chronic low back pain. Patients are treated by different professionals, but not in the sense of a multidisciplinary treatment.