Pulmonale Störungen gehören zu den häufigsten Pathologien in der Neugeborenenperiode. In der hier vorgestellten klinisch-experimentellen Studie wurde für ein Kollektiv kaukasischer Mütter, das in der Frauenklinik der Berliner Charité, Campus Charité Mitte, entbunden hatte, und deren Kinder ein Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein des PROGINS-Polymorphismus des Progesteronrezeptorgens und dem Auftreten einer neonatalen respiratorischen Anpassungsstörung demonstriert. Intrauterin ist das gesamte tracheo-broncho- alveoläre System mit einer vom Lungenepithel sezernierten Flüssigkeit gefüllt, was entscheidend ist für die normale fetale Lungenentwicklung. Perinatal muss diese pulmonale Flüssigkeit resorbiert werden, um einen effektiven Gasaustausch in der Lunge zu gewährleisten. Diese Flüssigkeitsresorption wird in erster Linie von epithelialen Natriumkanälen (ENaC) realisiert, die die Reabsorption von Natrium-Ionen ermöglichen, wobei Wasser passiv folgt. Störungen oder Verzögerungen im perinatalen Prozess der Flüssigkeitsresorption durch das Lungenepithel werden als Ursache für die Entstehung einer respiratorischen Anpassungsstörung, im Besonderen der transienten Tachypnoe des Neugeborenen, angesehen. Das Steroidhormon Progesteron reguliert die Entwicklung, die Differenzierung und die Funktion der weiblichen Fortpflanzungsorgane. Das ontogenetische Verteilungsmuster der Progesteronrezeptoren unterstützt zudem die Annahme, dass dieses Hormon auch eine Bedeutung in der Entwicklung der Lunge spielt, denn Progesteronrezeptoren können in hoher Konzentration besonders im fetalen Lungengewebe nachgewiesen werden. Der PROGINS-Polymorphismus des Progesteronrezeptorgens beinhaltet eine 306 bp große PV/HS-1 Alu-Insertion im Intron G, eine stumme Punktmutation im Exon 5 (H770H) und eine Punktmutation mit Aminosäurenaustausch in Exon 4 (V660L). Diese genetische Variante des Progesteronrezeptors tritt in der kaukasischen Population mit einer Häufigkeit von 15% auf und bewirkt eine reduzierte Aktivität des Rezeptors im Vergleich zum Wildtyp. Eine Vielzahl epidemiologischer Studien bringt den PROGINS-Polymorphismus mit verschiedensten gynäkologischen, aber auch nicht gynäkologischen Erkrankungen in Zusammenhang. Wir konnten zeigen, dass diese genetische Variante des humanen Progesteronrezeptorgens auch einen Einfluss auf die postnatale respiratorische Anpassung des Neugeborenen zu haben scheint. Mittels PCR wurde im Rahmen dieser Studie für 2352 Mutter-Kind-Paare der jeweilige Genotyp des Progesteronrezeptorgens bestimmt. Unsere Daten bestätigen zum einen bereits beschriebene Genotypverteilungen, zum anderen bekannte Risikofaktoren der TTN: Neben dem Geburtsmodus, dem Gestationsalter zum Zeitpunkt der Geburt, dem Geburtsgewicht und dem kindlichen Geschlecht begünstigen eine Mehrlingsschwangerschaft und mütterliche Faktoren wie Gewicht bzw. BMI vor der Schwangerschaft oder ein Diabetes mellitus in der Schwangerschaft die Entstehung des Krankheitsbildes einer respiratorischen Anpassungsstörung. Das Vorhandensein der polymorphen Variante des Progesteronrezeptorgens reduzierte in unserer Studien die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer respiratorischen Anpassungsstörung. Die protektive Wirkung des PROGINS- Polymorphismus ist unabhängig davon, ob das Allel im mütterlichen oder im kindlichen Genom lokalisiert ist und wird zudem von bekannten Confoundern nicht beeinflusst. Darüber hinaus scheint es sich um einen von der Gendosis abhängigen Effekt zu handeln. Es wird vermutet, dass die Expression und die Kanalöffnungseigenschaften des ENaC konzentrationsabhängig durch Progesteron reguliert werden, und dass der durch den PROGINS-Polymorphismus in seiner Aktivität eingeschränkte Progesteronrezeptor die Resorption der pulmonalen Flüssigkeit und somit die Inzidenz der respiratorischen Anpassungsstörung beeinflusst.
Respiratory disorders are one of the most common problems during the neonatal period. In this clinical study we investigated a cohort of infants born to Caucasian women at the Obstetrics Department of the Charité. We found an association between the PROGINS polymorphism of the human progesterone receptor gene and the incidence of respiratory maladaption, especially the transient tachypnoea of the newborn. During intrauterine life, the whole lung is filled with a fluid, produced by pulmonary epithelial cells, which is important for the normal pulmonary development. Perinatal lung fluid clearance is essential for an effective pulmonary gas exchange. Epithelial sodium channels (ENaC) play a crucial role in reabsorption of sodium, whereas water follows passively. Delayed resorption of fetal lung fluid caused by deficient pulmonary epithelial sodium transport is the most important factor in pathogenesis of the transient tachypnoea of the newborn (TTN). Progesterone regulates the development, the differentiation and the function of the female reproductive system. The ontogenetic distribution of the progesterone receptors supports the hypothesis, that this hormone also plays a role in the development of the lung, because high concentrations of progesterone receptors were found in the fetal lung tissue. The PROGINS polymorphism of the progesterone receptor gene consists of a 306 bp PV/HS-1 alu insertion in intron G, a silent mutation in exon 5 (H770H) and a mutation with amino acid exchange in exon 4 (V660L). This genetic variant of the progesterone receptor has a prevalence of about 15 % in Caucasian populations and in vitro experiments showed a reduced progesterone activity when signal transduction is mediated by the polymorphous receptor. Several epidemiological surveys suggest a risk modulating role of the PROGINS polymorphism in several gynecological and non-gynecological disorders. We were able to demonstrate for the first time that this polymorphism influences the occurrence of the pulmonary maladaption of the newborn. Using PCR, 2352 mothers and their children were genotypes for the PROGINS progesterone receptor polymorphism. Our data confirm the previously described frequency of the PROGINS polymorphism and risk factors for the TTN such as mode of delivery, gestational age at birth, birth weight, fetal sex, multiple pregnancies, maternal weight and BMI before pregnancy and maternal diabetes. The present study shows that the PROGINS polymorphism of the progesterone receptor reduces the risk of TTN in a gene dose-dependent manner probably because of the inadequate regulation of the ENaC's expression and activity. The protective effect of the PROGINS allele does not depend on whether it is located in the maternal or fetal genome and is independent of known confounding factors.