Hintergrund Methodisch stringente longitudinale Bevölkerungsstudien zur Hühnereiallergie-Inzidenz im Kindesalter, zu frühkindlichen Risikofaktoren für späteres Asthma und zu allergischer Multimorbidität (gemeinsames Auftreten von Asthma, atopischer Dermatitis und/oder allergischer Rhinitis) fehlen. Zielsetzungen Ziel der aktuellen Analysen war es, die Hühnereiallergie- Inzidenz im Kleinkindalter, frühkindliche Risikofaktoren für Asthma bis zum 20. Lebensjahr und die Prävalenz allergischer Multimorbiditäten vom Kleinkindalter bis ins Erwachsenenalter zu untersuchen. Methodik Für die bevölkerungsbasierte Berliner EuroPrevall-Geburtskohorte wurden 2005-2007 insgesamt 1570 gesunde Neugeborene rekrutiert und deren Eltern nach der Geburt, mit 12, 24 und 30 Monaten interviewt. Bei Verdacht auf nahrungsmittelallergische Reaktionen wurden doppelblinde, placebokontrollierte Nahrungsmittelprovokationstests durchgeführt. Die populationsbasierte Multizentrische Allergie-Studie (MAS) rekrutierte 1990 insgesamt 1314 gesunde Neugeborene. Die Nachbeobachtung erfolgte zu 19 Zeitpunkten bis zum 20. Lebensjahr. Asthma wurde definiert als das Vorliegen von mindestens 2 der 3 Kriterien: 1) Giemen/pfeifende Atmung (letzte 12 Monate); 2) Asthma- Medikamente (letzte 12 Monate); 3) Arztdiagnose Asthma, jemals. Allergische Multimorbidität wurde definiert als das gleichzeitige Auftreten von mindestens 2 der 3 allergischen Erkrankungen Asthma, atopische Dermatitis und allergische Rhinitis. Potenzielle Risikofaktoren für die Entstehung von Asthma wurden mittels Cox-Regressions-Modellen untersucht. Ergebnisse In der Berliner EuroPrevall-Geburtskohorte ergab sich für Hühnereiallergie eine adjustierte Inzidenz über zwei Jahre von 1,89% [95%-KI, 1,28-2,69], bei der neben den 12 Kindern mit bestätigter Hühnereiallergie mögliche weitere hühnereiallergische Kinder unter Studienabbrechern und Verweigerern des Provokationstests berücksichtigt wurden. Ein Jahr später tolerierten 5 dieser 12 Kinder Hühnerei wieder, während 3 hühnereiallergisch blieben. Bei 4 Kindern lehnten die Eltern eine erneute Provokation ab. Asthma war in der MAS-Geburtskohorte bis zum Alter von 20 Jahren seltener bei Probanden, die im Kleinkindalter alle empfohlenen Impfungen erhielten (adjustierte Hazard Ratio (aHR) 0,66 [95%-KI, 0,47-0,95]), während es häufiger auftrat, wenn elterliche Allergien bekannt waren, die Mutter in der Schwangerschaft geraucht hatte (aHR 1,79 [1,20-2,67]), ein früher (vor dem 18. Lebensmonat: aHR 1,79 [1,03-3,10]) oder später Beginn im Kindergarten (nach dem 36. Lebensmonat: aHR 1,64 [0,96-2,79]) angegeben wurde oder erhöhtes Gesamt-Immunglobulin E (IgE) im Nabelschnurblut vorlag (aHR 1,49 [1,12-1,98]). Im Alter von 20 Jahren waren 18,5% [95%-KI, 15,0-22,5] der Studienteilnehmer mit mindestens einem allergischen Elternteil selber von 2 oder 3 allergischen Erkrankungen in den letzten 12 Monaten betroffen; in der Gruppe ohne allergische Eltern dagegen nur 6,3% [95% KI, 8,9-14,8]. Allergische Multimorbiditäten traten im Alter von 20 Jahren bei beiden Geschlechtern ähnlich häufig auf. Schlussfolgerungen Die Hälfte der 2% von Hühnereiallergie betroffenen Kleinkindern verliert diese bereits innerhalb eines Jahres wieder. Rauchen in der Schwangerschaft erhöhte das Asthmarisiko der Nachkommen bis ins Erwachsenenalter. Erhielten Kleinkinder die empfohlenen Impfungen hatten sie später seltener Asthma. Allergische Multimorbiditäten nahmen bis ins Erwachsenenalter zu.
Background Methodically stringent population-based studies regarding the incidence of hen´s egg allergy in childhood, risk factors for asthma and allergic multimorbidity (coexistence of asthma, eczema and/or allergic rhinitis) from birth to adulthood are lacking. Objective The objectives of the current analyses were to examine the incidence of hen´s egg allergy (HEA) in infancy, risk factors for asthma up to age 20 years and the prevalence of allergic multimorbidity from infancy up to adulthood. Methods 1570 healthy newborns were included in the Berlin EuroPrevall birth cohort study (2005-2007); their parents interviewed at birth, 12, 24 and 30 months. When foodallergic reactions were suspected, double-blind placebo-controlled food challenges were performed. Since 1990, 1314 healthy newborns were followed up to age 20 in the Multicenter Allergy Study (MAS) birth cohort using parent -/self-reported questionnaires and clinical assessments. Definiton of asthma: occurence of at least 2 of the following 3 criteria:1) wheezing, shortness of breath, dry cough at night (last 12 months); 2) asthma medication (last 12 months); 3) doctor´s diagnosed asthma ever. Allergic multimorbidity was defined as the coexistence of 2 or 3 allergic diseases (asthma, eczema, rhinitis). Risk-factors for asthma were examined using Cox regression models. Results In the Berlin EuroPrevall birth cohort the adjusted incidence of confirmed HEA was 1.89% [95%-CI, 1.28-2.69]. One year after the diagnosis, 5 of 12 children with confirmed HEA tolerated hen’s egg again whereas 3 children remained allergic. The parents of 4 children rejected a re-challenge. In MAS, asthma incidence was lower – up to age 20 – in participants who received all recommended vaccinations during infancy (adjusted Hazard Ratio (aHR) 0.66 [95% CI, 0.47-0.95]). Asthma incidence was higher in participants with allergic parent(s), mothers who smoked during pregnancy (aHR 1.79 [95% CI, 1.20-2.67]), started day care early (before 18 months: aHR 1.79 [95% CI, 1.03-3.10]) or late (after 36 months: aHR 1.64 [95% CI, 0.96-2.79]) and had increased total Immunoglobulin E (IgE) in cord blood (aHR 1.49 [95% CI, 1.12-1.98]). At age 20, 18.5% [95%-CI, 15.0-22.5] of all participants with allergic parent(s) had 2 or 3 allergies (last 12 months) as compared to only 6.3% [95% CI, 8.9-14.8] of those with non-allergic parents. Conclusion Half of the 2% of children with HEA tolerated hen’s egg again 1 year after diagnosis. Maternal smoking during pregnancy increased the risk of asthma in children up to adulthood. Receiving the recommended vaccinations in early childhood might prevent the development of asthma. The prevalence of allergic multimorbidity increased up to adulthood.