Hintergrund. Neuropeptide des Hypothalamus spielen eine entscheidende Rolle bei der zentralen Regulation von Hunger, Sättigung und Energiehaushalt des menschlichen Organismus. Einige Studien mit Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN) deuten darauf hin, dass eine zentrale Dysregulation dieser Hormone bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Krankheit beteiligt sein könnte, wobei die genauen Wirkmechanismen bislang noch nicht bekannt sind. Innerhalb des Melanocortin Systems des Hypothalamus fungiert das Agouti-related Protein (AGRP) als bedeutender orexigener Neurotransmitter. Bei Mangelernährung und Untergewicht steigert AGRP die Nahrungsaufnahme und senkt den Energieumsatz. Methodik. In dieser Studie haben wir die AGRP-Konzentrationen im Blutplasma von 75 Patientinnen mit akuter AN untersucht, zudem im Plasma von 37 ehemals an AN erkrankten Patientinnen, die zum Untersuchungszeitpunkt wieder normalgewichtig waren, sowie im Plasma von 63 gesunden jungen Frauen. 33 der akut an AN erkrankten Patientinnen haben wir nach einer teilweisen Gewichtszunahme ein zweites Mal untersucht. AGRP- und Leptin-Konzentrationen wurden mithilfe von Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) Verfahren im Blutplasma der Studienteilnehmerinnen gemessen. Ergebnisse. Die AGRP- Konzentrationen im Blutplasma der ehemaligen, zum Untersuchungszeitpunkt normalgewichtigen AN-Patientinnen waren vergleichbar mit den AGRP- Konzentrationen der gesunden Kontroll-Gruppe, wohingegen die AGRP-Spiegel der akut Erkrankten signifikant erhöht waren. Die AGRP-Spiegel normalisierten sich mit der Gewichtszunahme der akut erkrankten AN-Patientinnen. Darüberhinaus zeigte AGRP eine negative Korrelation mit Indikatoren für Unterernährung (Body Mass Index und Plasma-Leptin-Konzentrationen). Schlussfolgerung. Unsere Ergebnisse spiegeln in erster Linie die Bedeutung von Untergewicht und erniedrigten Leptin-Konzentrationen für die Interpretation der AGRP-Spiegel im peripheren Blutplasma wider. Sie deuten darauf hin, dass erhöhte AGRP- Konzentrationen bei AN-Patientinnen am ehesten als Zeichen der negativen Energiebilanz zu werten sind und nicht als krankheitsspezifisches Charakteristikum.
Background. Appetite-regulating neuropeptides of the hypothalamus have been shown to play a crucial role in the regulation of hunger, satiety and energy homeostasis. Previous studies in patients with anorexia nervosa (AN) suggest an abnormal expression of these hormones, but the mechanisms of action are poorly understood. Within the melanocortin system, agouti-related protein (AGRP) acts as a powerful orexigenic peptide. It increases food intake and decreases energy expenditure in times of negative energy balance. Methods. In this study we determined plasma AGRP levels in 75 patients with acute AN, 37 participants recovered from AN and 63 healthy control women. Thirty-three participants with acute AN were reassessed after short-term weight gain. Plasma AGRP and leptin levels were assessed by using enzyme-linked immunosorbent assay kits (ELISA). Results. In long-term recovered AN patients plasma AGRP levels were similar to those in healthy controls. On the contrary, in patients with acute AN AGRP was elevated. Moreover, AGRP was inversely correlated with body mass index (BMI) and plasma leptin. In line with that, AGRP levels normalized during weight gain of longitudinally assessed AN patients. Conclusions. Our results underline the significance of undernutrition and hypoleptinemia for the interpretation AGRP concentrations in peripheral blood plasma. They lend support to the hypothesis that abnormal AGRP plasma levels in AN patients reflect their undernutrition, rather than disease-specific traits.