Das zunehmende Wissen über die Komplexität von biologischen Systemen machen in der Medizin neue Diagnostik- und Therapieansätze möglich. Erkrankungen im Kopf-Hals-Bereich sind häufig Erkrankungen mit multifaktoriellen Ursachen. Simple lineare Empfehlungen können daher nicht gegeben werden. Für eine effiziente Behandlung komplexer Erkrankungen ist es notwendig, die Faktoren in der Entstehung und Therapie zu differenzieren und den Stellenwert zu bestimmen. Für individualisierte Therapien werden prädiktive Parameter benötigt, um das Ansprechen und individuelle Risiken einer Therapie abzuschätzen. Dazu werden klinische Parameter und Biomarker verwendet. Diese werden wiederum in genetische und nicht genetische prädiktive Parameter unterschieden. Um zu verdeutlichen, dass neben genetischen Untersuchungen weitere Verfahren verfügbar und notwendig sind, um eine individuelle Therapie bei Kopf-Hals-Erkrankungen (KHE) zu gestalten, werden in der vorliegenden Arbeit die eigenen Beobachtungsstudien und Metaanalysen vorgestellt. Die Studien untersuchen Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinome (KH-PECA) sowie Komplikationen nach endotrachealen Intubationen und Tonsillektomien. Beispielhaft werden die in den Studien untersuchten nicht genetischen prädiktiven Parameter vier Verfahren zugeordnet. Dabei wird die Relevanz der nicht genetischen prädiktiven Parameter bei der auf den Defekt zugeschnittenen individualisierten Therapie der KHE sowie ihr Bezug für die evidenzbasierte Medizin erläutert. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass neben genetischen prädiktiven Parametern eine Vielzahl von nicht genetischen prädiktiven Parametern notwendig ist, um eine individuelle Therapie zu gestalten. Mit Genetik allein lassen sich Krankheiten und ihre Behandlung nicht ausreichend beschreiben. Während die Suche nach genetischen Prädiktoren nur einen Aspekt, möglicherweise die Grundlage der Krankheitsentstehung und ihrer Behandlung beleuchtet, stellen insbesondere bei komplexen Erkrankungen die nicht genetischen prädiktiven Parameter eine Möglichkeit für eine wesentlich größere Anzahl von Aspekten bei der Behandlung zur Verfügung. Bei bestimmten Entitäten von KHE (z.B. Frakturen) haben allein nicht genetische Faktoren Einfluss auf das Therapieansprechen. Bei bestimmten Erkrankungen, z.B. bei HPV-Infektionen und KH-PECA, kann eine Kombination von genetischen und nicht genetischen, einschließlich epigenetischen Markern die Sicherheit von Entscheidungen verbessern. Die zunehmende pathophysiologische Aufklärung der genetischen Veränderungen (Big Data) muss bei der präventiven, diagnostischen und therapeutischen Betrachtung berücksichtigt werden. Doch erst in Folge der intelligenten Verlängerung der individuellen genetischen Suszeptibilität kann durch die vier Verfahren zur Erfassung von nicht genetischen prädiktiven Parametern eine individualisierte Behandlung erfolgen. Das „gefühlte“ Wissen kann so auf eine evidenzbasierte Grundlage gestellt werden. Ein validiertes Nomogramm kann entwickelt werden, das das Wissen des Arztes in der Diskussion mit Patienten und Krankenkassen unterstützt. Die resultierenden Behandlungsempfehlungen sollten abschließend auf die ethische Richtigkeit für den individuellen Patienten geprüft werden.
Our increasing knowledge about complex biological systems makes new diagnostic and therapeutic approaches possible in medicine. Diseases of the head and neck region frequently have multifactorial causes. To effectively treat complex diseases, it is necessary to differentiate factors in the pathogenesis and therapy, and to determine their value. For individualized therapies, predictive parameters are needed to assess their response and individual risks. Clinical parameters and biomarkers are used for this purpose. They are distinguished in each genetic and non-genetic predictive parameter. In addition to genetic investigations, further methods are available and necessary to form an individual therapy for head and neck diseases. We therefore present our own observation studies and meta-analyses. The studies investigated head and neck squamous cell carcinoma (HNSCC) and complications following endotracheal intubation and tonsillectomies. The predictive, none- genetic parameters of the investigated studies are assigned to four procedures. The manuscript discusses the relevance of predictive non-genetic parameters for individualized head and neck disease therapy according to the individual defect and the impact on evidence-based medicine. The present manuscript shows that, in addition to predictive genetic parameters, a large number of predictive non-genetic parameters are necessary to form an individual therapy. Genetics alone do not adequately describe diseases and their treatment. The search for genetic predictors is only one aspect, possibly the basis of disease development and its treatment. In complex diseases particularly, the predictive non-genetic parameters allow for a substantially greater number of treatment aspects. In certain types of head and neck diseases (e.g., fractures), only non-genetic parameters affect the response to treatment. For certain diseases, e.g. HPV infections and HNSCC, a combination of genetic and non-genetic parameters, including epigenetic markers, can improve the safety of decisions. The increasing pathophysiological elucidation of genetic changes (big data) has to be considered in preventive, diagnostic and therapeutic decisions. However, only the intelligent extension of individual genetic susceptibility using the four methods of detecting predictive non-genetic parameters helps to perform an individualized treatment. The "felt" knowledge can thus be placed on an evidence-based basis. A validated nomogram can be developed supporting the doctor's knowledge in discussion with patients and health insurers. The resulting treatment recommendations should be examined for ethical accuracy with the individual patient.