In dieser Studie zur in vivo-Evolution wurden kontinuierliche Kulturen eines L-Tryptophan- auxotrophen Derivats von Escherichia coli in zwei Genematen durchgeführt. Dabei sollten eine L-Tryptophan-auxotrophe Mutante (G2748, ΔtrpEDLC/ΔtnaA) des E. coli Prototyps MG1655 in Gegenwart der Indol-Analoga 4 -Aza-Indol und 4-Fluor-Indol kultiviert, die Anpassung der Evolvate an die Analoga analysiert und Genomsequenzierungen der entstandenen Evolvate durchgeführt werden. Dazu wurden die Bakterien in kontinuierlicher Kultur im Genematen in einem konditionalen pulse-feed-Regime über ca. 18000 (4-Aza- Indol) bzw. 18500 (4-Fluor-Indol) Generationen kultiviert. Im konditionalen pulse-feed-Regime wurde eine logarithmisch wachsende große Population (ca. 1010 Individuen) von Zellen kontinuierlich mit alternativen Pulsen von Wachstumsmedien verdünnt: Pulse eines "permissiven" Mediums, welches das Wachstum der Zellen erlaubt (MS-Glc Medium mit L-Tryptophan sowie einer von den Zellen tolerierten Konzentration der L-Tryptophan-Analog-Vorstufen 4-Aza- Indol bzw. 4-F-Indol) wurden bei Erreichen einer vorgegebenen Zelldichte von Pulsen eines "nichtpermissiven" Mediums abgelöst, welches nur das jeweilige Analog enthielt. Damit stellen sich im Medium automatisch Analog- Konzentrationen ein, welche von den bestangepassten Varianten gerade noch toleriert werden. Genetische Varianten, die höhere Konzentrationen des Analogs oder geringere Konzentrationen der natürlichen Aminosäure tolerieren, wurden selektiert. Das Gleichgewicht-Verhältnis zwischen permissivem und nicht- permissivem Medium informiert über den Stand des Adaptationsprozesses. Für die unter 4-Fluor-Indol Selektion nach 18500 Generationen und unter 4-Aza-Indol Selektion evolvierten Derivate nach 18000 Generationen wurden bei konstantem Tryptophan-Angebot mit steigenden Konzentrationen an 4-Fluor-Indol und 4-Aza- Indol höhere Wachstumsausbeuten beobachtet. In der Schlussphase des Experiments wurden Evolvate identifiziert, die in der Lage sind in Gegenwart von Analogen kurzfristig über bis zu zwei Passagen wachsen zu können. Überraschend ist der Befund, dass die Klone F16K und F18K in MS-Glc Medium mit dem Stereoisomer D-Tryptophan gut wachsen konnten. Die Genomsequenz des Evolvats F18,5K zeigt zwei Mutationen, die die D-Aminosäuren-Dehydrogenase (dadA-Gen) betreffen. Ob es überhaupt einen Zusammenhang zwischen dadA und dem Wachstum der Evolvate gibt, ist ungeklärt und sollte weiter untersucht werden.
The main objective of our study was the in vivo evolution in continuous cultures of a L- tryptophan-auxotrophic mutant (G2748, ΔtrpEDLC/ΔtnaA) of the Escherichia coli prototype MG1655 to generate descendants that incorporate the non-canonical amino acids 4-Aza- tryptophan and 4-Fluoro-tryptophan instead of the canonical amino acid L-tryptophan in their proteome by continuous selection for analog incorporation at multiple sites. The auxotrophic mutants were cultivated in continuous cultures in the Genemat using a conditional pulse- feed-regime for approx. 18000 (4-Aza-indole) or 18500 (4-Fluoro-indole) generations. The adaptation of descendants of Escherichia coli to the analoges was analysed and genome sequences of the resulting descendants were determined. Two parallel Genemat cultures were fed with a permissive medium (relaxing medium) containing the precursor 4-Aza-indole and L-tryptophan or the precursor 4-Fluoro-indole and L-tryptophan. Whenever population densities of approx. 4 x 108 mL-1 were reached, the cultures were diluted with alternative pulses of non-permissive medium (stress medium) containing only the precursor 4-Aza-indole or the precursor 4-Fluoro-indole. After approximately 18500 generations under selection for the incorporation of 4 -Fluoro-indole and 18000 generations for 4-Aza-Indole incorporation descendants were able to grow in the presence of analogues over up to two passages. The steady state relation between the permissive and non-permissive medium indicated the state of the adaptation process and the genetic variations which tolerate higher concentrations of the analogs or lower concentrations of the natural amino acid. It was surprising to find that the clones F16K and F18K could grow well in the minimal medium with the stereoisomer D-tryptophan. Whole genome sequencing of the F-evolved clone after approximately 18500 generations revealed mutations in the D-amino acid dehydrogenase gene, dadA, which may be involved in the utilization of D-tryptophan. The relation between DadA and the growth of the evolvates is therefore so far unclear and should be further investigated.