In the present study the role of microRNAs (miRNAs) in the control of developmental timing in the mammalian nervous system and in the specification of neural cell fate was investigated. miRNAs are a recently discovered class of small, 21-22 nt, regulatory RNA molecules. They inhibit translation of target mRNAs by binding to sites of imperfect anti-sense complementarity in 3 untranslated regions (UTRs). Many miRNAs are evolutionarily conserved, which has allowed their identification in various species. In the model organisms C. elegans and D. melanogaster, miRNAs regulate genes involved in fundamental developmental processes including cell proliferation, apoptosis, and the timing of cell fate decisions in the CNS (e.g. let-7 and lin-4 for C. elegans and Bantam and mir-14 for D. melanogaster). Hundreds of miRNA genes are expressed in humans and mice, and a substantial fraction of these genes has been identified in neural cells. Although the biological functions of most miRNAs are unknown, miRNAs are predicted to regulate about 30% of the human genes. Disruption of miRNA biogenesis is definitely associated with severe disturbances in neural development in model organisms and most likely with human clinical syndromes (Fragile X Mental Retardation Syndrome, Spinal Motor Atrophy, DiGeorge Syndrome). This fact, together with the well established role of miRNA genes in C. elegans and D. melanogaster development, points to the relevance of this newly emerging field for the understanding of developmental disorders. In this work the regulation of a set of highly expressed neural miRNAs, and in particular the let-7 family during mouse brain development and neural differentiation of embryonic stem (ES) cells has been studied. Significant differences were observed in the onset and magnitude of induction for individual miRNAs. miRNAs were strongly induced during neural differentiation of ES cells, suggesting the validity of the stem cell model for studying miRNA regulation in neural development. In undifferentiated ES and embryonal carcinoma (EC) cells, both the let-7 primary transcript and precursor were detected in the absence of mature miRNA accumulation, suggesting an important post-transcriptional component in the regulation of let-7 expression. An in vitro assay for precursor processing revealed developmental regulation of let-7 as well as mir-128 and mir-30 maturation. Precursor processing activity increased during neural differentiation of ES and EC cells and was greater in primary neurons compared to astrocytes. Neuron-specific binding activity of pre-miRNAs was shown by antibody challenge to contain the Fragile X Mental Retardation Protein (FMRP). As further evidence for developmental regulation of the miRNA processing pathway, it was shown that Argonaute proteins and FMRP failed to localize to cytoplasmic foci identified as processing bodies (P-bodies) in self-renewing ES or EC cells. Comparing expression in cultures of embryonic neurons and astrocytes, marked lineage specificity was found for many of the miRNAs studied. Two of the most highly expressed miRNAs in adult brain (mir-124, mir-128) were preferentially expressed in neurons. In contrast, mir-23, a miRNA previously implicated in neural specification, was restricted to astrocytes. Lineage specificity was further explored using reporter constructs for three miRNAs of particular interest (let-7, mir-125 and mir-128). miRNA-mediated suppression of these reporters was observed after their transfection into neurons but not astrocytes. Furthermore, reporter constructs containing let-7 or mir-125 target sites were downregulated in EC-derived neurons, reflecting the upregulation of miRNAs during neuronal development. In addition, mRNA target degradation was observed in response to let-7 and mir-125, opening new questions regarding the mechanism of miRNA-mediated mRNA silencing. Disrupting the interaction of let-7 and mir-125 with their target genes during neural differentiation led to an increase in astrocyte marker expression (GFAP and A2B5), implicating let 7 and mir-125 in neuronal lineage commitment. Finally, a functional let-7/mir-125 response element in the 3 UTR of a mouse lin-41 homolog was identified, revealing a conserved let-7/target gene interaction that is active during early neural differentiation.
In dieser vorgelegten Studie sollte der Einfluss von microRNAs (miRNAs) auf die zeitspezifische Entwicklung des Nervensystems sowie die neuronale Spezifizierung von Stammzellen untersucht werden. miRNAs gehören zu einer kürzlich entdeckten Klasse regulatorischer RNA-Moleküle mit einer Länge von ca. 22 NT. Diese inhibieren die Translation durch unvollständig komplementäre Bindung an 3 -gelegenen untranslatierten Bereich (3 UTR) ihrer Ziel-mRNAs. Viele miRNAs und deren Zielregionen sind hochkonserviert und konnten in einer Vielzahl von Arten nachgewiesen werden. Anhand von entwicklungsbiologischen Studien an C. elegans und D. melanogaster, wurde gezeigt, dass miRNAs an fundamentalen, entwicklungsspezifischen Prozessen wie Proliferation, Apoptose sowie an der zeit- und gewebespezifischen Differenzierung des zentralen Nervensystems (ZNS) beteiligt sind (z.B. let-7 und lin-4 bei C. elegans sowie Bantam and mir-14 bei D. melanogaster). Beim Menschen und der Maus konnten über hundert miRNAs identifiziert werden, von denen eine beträchtliche Anzahl im Nervensystem vorkommt. Obwohl die genaue biologische Funktion der meisten miRNAs noch unbekannt ist, wird angenommen, dass ca. 30% der proteincodierenden Gene von ihnen reguliert werden. Viele klinische Krankheiten wie z.B. Fragiles-X-Syndrom, Spinale Muskelatrophie, DiGeorge Syndrom und neurospezifische Entwicklungsstörungen sind u.a. auf eine defekte miRNA-Biogenese zurückzuführen. miRNA-Entwicklungsstudien an C. elegans und D. Melanogaster und die oben genannten Tatsachen weisen auf die Relevanz dieses neuen Forschungsgebiets für das Verständnis von Entwicklungsstörungen. In dieser Arbeit wurden einige miRNAs untersucht, die eine starke neuralspezifische Expression während der Gehirnentwicklung und der neuralen Differenzierung von embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) und embryonalen Karzinomzellen (EC-Zellen) der Maus zeigten. Es konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich des Expressionsstarts und der Expressionsstärke für einzelne miRNAs nachgewiesen werden. Da diese miRNAs während der neuralen Differenzierung von ES-Zellen stark exprimiert werden, empfiehlt sich das Stammzellenmodel für die Untersuchung der miRNA-Regulation in der neuralen Entwicklung. In undifferenzierten ES- und EC-Zellen konnten zwar das primäre let-7 Transkript (pri-let-7) und das 70 NT lange Precursor-Transkript (pre- let-7), jedoch kaum reife let-7 miRNA nachgewiesen werden. Dies weist auf wichtige, noch unbekannte posttranskriptionale regulatorische Komponenten für die Prozessierung der reifen let-7 miRNA hin. Weitere in vitro Studien über die posttranskriptionale Prozessierung der Precursor-miRNA zeigten, dass die Reifung von let-7 sowie von mir-128 und mir-30 entwicklungsspezifisch reguliert wird. Die Aktivität dieser Prozessierung steigt während der Neuraldifferenzierung von ES und EC stark an. Diese Aktivität war in entstehenden primären Neuronen höher als in Astrozyten. Durch Inkubation der in vitro Reaktion mit einem Antikörper gegen das Fragile X Mental Retardation Protein (FMRP) konnte eine neuronenspezifische Bindungsaktivität von pre- miRNAs an das FMRP nachgewiesen werden. Des Weiteren konnte durch Antikörperfärbungen gezeigt werden, dass in undifferenzierten ES- und EC- Zellen Argonauteproteine und FMRP nicht in processing-Bodies (P-Bodies) vorhanden sind. Die oben genannten Ergebnisse weisen darauf hin, dass die miRNA-Prozessierung während der Entwicklung reguliert wird. Durch vergleichende Expressionsstudien zwischen embryonalen Neuronen und Astrozyten konnte gezeigt werden, dass viele miRNAs zelllinienspezifisch sind. Zum Beispiel werden die im adulten Gehirn am stärksten exprimierten miRNAs, mir-124 und mir-128, bevorzugt in Neuronen exprimiert, dagegen mir-23, welches zunächst als neuralspezifische miRNA impliziert wurde, rein astrozytenspezifisch ist. Die Zelllinienspezifität und Funktionalität von drei miRNAs (let-7, mir-125 and mir-128) wurde mittels GFP-Reporterkonstrukten untersucht. Ein schwaches GFP-Signal bzw. eine miRNA induzierte Hemmung der Translation konnte nach der Transfektion in Neuronen jedoch nicht in Astrozyten beobachtet werden. Des Weiteren konnte eine Inhibierung der Translation für let-7- und mir-125-Sensorkonstrukte in EC-induzierten Neuronen gezeigt werden. Dies ist auf eine Aktivierung dieser miRNAs während der neuralen Differenzierung zurückzuführen. Zusätzlich konnte hier eine Degradierung der mRNA von let-7- und mir-125-Zielgenen festgestellt werden, was neue Fragen hinsichtlich der miRNA induzierten Stilllegung von Zielgenen aufwirft. In einem anderen Versuch wurde die natürliche Interaktion von let-7 und mir-125 mit deren Zielgenen durch Überexpression von exogenen Sensorkonstrukten verhindert. Das führte zu einer verstärkten Expression von Astrozyten-spezifischen Proteinen (GFAP und A2B5), was die Bedeutung von let-7 und mir-125 für die Differenzierung von neuralen Vorläuferzellen unterstreicht. Schließlich konnten hochkonservierte funktionelle let-7- und mir-125 Bindestellen in der 3' UTR des Maus lin-41 Homologs identifiziert werden. Diese Untersuchungen zeigen, dass konservierte let-7-Zielgen- Interaktionen während der frühe neuralen Differenzierung stattfinden.