Vieles — überwiegend Negatives — wurde bereits zum modernen Sport in vielen sport-philosophischen Diskursen sowohl im rechten wie auch linken Spektrum dieser Diskursen gesagt: Er sei kein »Spiel« mehr. Er sei bereits ein industrieller Großbetrieb geworden. Die Handelnden in diesem Feld machten hauptsächlich ihre Geschäfte, nähmen überwiegend die »außersportlichen« Interessen wahr. Sie dienten ja damit zur »Entpolitisierung« der Masse, »Sublimierung« der Konkurrenzgesellschaft und Rivalitätskultur, »Phatasmago- risierung« der fordistisch ausgeprägten Arbeitsmoral, usw. Mit diesen Bestimmungen und Charakterisierungen wird dem modernen Sport der Verfall und Niedergang der kulturellen Praxis — vage, aber auch irgendwie stark — zugemutet, die er einst gewesen war: Er sei eine anständige Praxis des Spiels gewesen und habe der Gesellschaft, damit den Menschen gutgetan. Nun ist er also eine »gemeine« und »niedrige« Praxis, bei der es um alles und nur nicht um das »Spiel« geht. Im Handlungsfeld des modernen Sports gibt es sicherlich viele Tätigkeiten, die die Exis-tenzgrundlage des Sports ernsthaft gefährden und damit einstimmig als Entgleisungen bzw. Auswüchsen zu bewerten und als Fehltritt und Missgriffe zu beurteilen sind. In der Tat kommt vieles kommt dumm und Manches geht irre, was seinen grundsätzlichen Spiel-charakter ständig zerfressen. Die vorliegende Arbeit leugnet keineswegs diese offensicht-liche Tatsache. Sie stellt allerdings die Frage, warum diese gemeine Praxis immer noch die Massen bewegen kann und woraus sie ihr Potenzial ihrer Mobilisierungskraft und damit verbundenen Popularität schöpft, dies trotz allen negativen Fehlentwicklungen und Begleit-erscheinungen. Dieser grundlegenden Fragestellung geht die vorliegende Forschungsarbeit konsequent nach, und findet zumindest ihre Antwort im Spielcharakter des modernen Sports, in wel-cher Form auch immer dieser Charakter zunächst in der Praxis verwirklicht wird. In ihr zeigt es sich, dass er immer noch ein Spiel bleibt und nur so seine starke Mobilisierungskraft, die Massen anzuziehen und ihren Anteil zu gewinnen. Diese Kraft und Macht gerade auf eine großbetriebliche Animierungsstrategie oder minutiös geplante Stimmungsmache zu-rückführen erweist sich in der vorliegenden Arbeit letztendlich als unvertretbar und gar noch unverantwortlich. Gegen jene scharfen Begrifflichkeiten, die allesamt dazu beitragen, den modernen Sport abzuwerten und als eine mehr oder weniger »verwerfliche« Praxis ab-zuurteilen, erhebt die vorliegende Dissertationsarbeit den Verdacht, ob sie im Grunde eine Äußerung aus der eigenen theoretischen Voreingenommenheit sowie aus dem ethischen Vorbehalt der akademischen Welt gegen diese Praxis ist. Dieser Verdacht neben der oben angeschnittenen Problemstellung bestimmt dann das theoretische Interesse und zugleich das diskursive Ziel, welche die vorliegende Disser-tationsarbeit konsequent verfolgt: eine »kritische Darstellung« zu sein. Sie ist zunächst eine Kritik gegen die sportkritische Theorieposition, die eher dafür inte- ressiert sind, den modernen Sport ständig misstrauisch herabzublicken und zynisch in Ver-ruf zu bringen, indem sie den Diskurs vom reinen freien Spiels quasi als das Heiligtum ver-klärt und als ihr unantastbares Besitztum monopolisiert. Die vorliegende Arbeit führt bei der ersten Gelegenheit — wie und in welcher Gestalt sich diese Theorieposition auch ergibt — eine harte Auseinandersetzung mit den platte Meinungen und faden Ansichten wie jener Entpolitisierungs-, Veredelungsthese usw., die die gegen den Sport kritisch gestimmten Theorieposition fleißig vertreten und wie gehabt wiederzugeben weiß. Sie zeigt durch ihre Auseinandersetzung die epistemologische Unzulänglichkeit auf, die im Wesentlichen von ihrer moralischen Voreingenommenheit sowie ihrer kulturellen Vorentscheidung im Gestus des »scholastischen« Geistes herrührt. Sie dekonstruiert dabei die äußerst kritische Einstel-lung gegen den Sport als eine blinde Haltung dieses Geistes, dem Etwas gründlich missfällt, was gerade der »Logik des Denkens und Diskurses« nicht anliegt und seiner kulturellen Präferenz nicht zusagt. Die vorliegende Dissertationsarbeit ist zugleich eine Darstellung, die begreiflich macht, worin der moderne Sport immer noch als das Spiel anzuerkennen ist und welche Voraus-setzungen er seinerseits zu erfüllen hat, um schließlich zu einem wirklich »guten Spiel« zu werden, das den Zuschauern das authentischen Sinnes- sowie Sinnerlebnis ermöglicht und dem sie im Gegenzug dann ihren Anteil entgegenbringen und gleich bekunden. Sie realisiert diese Darstellungsaufgabe, indem sie den Spielbegriff des Sports in drei unterschiedlichen, aber doch eng miteinander verbundenen Ebenen vertieft darlegt: Es sind die expressive (I. Hauptteil: Sozialmimesis), performative (II. Hauptteil: Zugmobilisierung im Spiel) und letzt-lich präsentative Ebene (III. Hauptteil: Urtümliches Handlungswesen und seine Unheimlich-keit). In der expressiven Ebene wird primär der spielexterne Aspekt des Sportsspiels in der theoretischen Anlehnung auf den Begriff der Sozialmimesis G. Gebauers behandelt. Dann kommt die performative Ebene, auf der der spielinterne Aspekt des Sportspiels wesentlich in der theoretischen Anlehnung auf den Begriff der Zugmobilisierung von E. Goffman und den des »praktischen Sinn« von P. Bourdieu beleuchtet wird. Und letztlich die präsentative Ebene, in der vorrangig der psychologische Aspekt — was sowohl für die Athleten als auch für die Zuschauer geltend gemacht werden kann — in der diskursiven Anlehnung auf den Unheimlichkeitsbegriff von Freud erörtert wird. Bei dieser Spektralisierung bediente sie sich jeweils eines prägnanten Beispiels, das sehr dazu geeignet zu sein scheint, das spielerische Moment des möglichen Sportspiels zu verschärfen hervorzuheben und so letztlich jene Sinn-erlebnismomente des Sportspiels zu veranschaulichen. Es waren das brüderliche Schwimm-duell aus einer Filmgeschichte (I. Hauptteil), Lacans Spielexperiment (II. Hauptteil) und schließlich der Boxkampf (III Hauptteil).
Much has already been said— mostly negative — about modern sport across the right and left theoretical spectrum of sport-philosophical discourses, such as: modern sport is no »ga-me« anymore, it has already become a large-scale industrial business system. The actors in this field are mainly doing business, following predominantly »non-sporting« interests; thereby »depoliticizing« the mass, »sublimating« competitive society and rivalry culture, »fantasticating« post-Fordist formed work ethic, etc. Such definitions and characterizations of modern sport — vague but somehow strong — perceive the decay and decline of the »good« cultural practice that they once were, i.e. a decent practice of playing that had a positive influence on society, and thus on people. Meanwhile sport has become a »mean-spirited« and »vulgar« practice, losing touch with the game itself. In the field of modern sport many activities certainly seriously threaten its foundation. Tho-se activities must be unanimously assessed as deviation or transgression, condemned as a misstep and mistake. Indeed, a lot goes astray, eating away the basic signification of the game. This research by no means denies this obvious fact. However, it raises the question why this »mean« practice still moves the masses, and from where it draws its ability to mobilize and stay popular, despite the aberrations and their accompanying affects. My re-search work goes consistently into this fundamental question, and finds the answer in the game- character of modern sport, in whatever form this character is realized in practice. This explains why sport maintains its ability to mobilize the masses. To attribute this power and popularity to a product of a large-scale arranged promotion stra-tegy or minutely planned advertising propaganda is in this thesis considered insufficient and irresponsible. Against these sharp terms, condemning modern sports as a kind of a »re-prehensible« practice, this dissertation raises the question whether they are basically an expression of the theoretical bias of academics and their moral reservation against this »re-prehensible« practice. This questioning together with fundamental problems touched on above determines the theoretical interest and also the discursive goal of this research. It is as well a critique as a description, i.e. a »critical description«. This research is first of all a critique of the sport skeptical theories who tend to look down on modern sports, making it suspicious and cynically bringing it into disrepute by transfi-guring the discourse of free play in its purest format into a sanctuary, a monopolized in-alienable property. This dissertation seeks a tough debate with superficial opinions and bland views such as the depoliticization and sublimation thesis, represented and reproduced by the sport skeptical theories especially from the left-wing of the academic universe. This research shows through its debate the epistemological inadequacy stemming mainly from the moral and cultural prejudices in the gesture of the »scholastic« spirit. In the debating the dissertation deconstructs the very critical stance to the sport as a blind attitude of this spirit, displeased by that which doesn’t appeal straight to the »logic of thought and discourse« and is ill fitted for the cultural preference of the »scholastic« spirit. This dissertation is furthermore an illustration that makes comprehensible, to what extend modern sport is still to be recognized as a game and what requirements it has to fulfill to be-come a truly »good game«, that allows the viewers authentic and meaningful experience, to which they in return expressively bring their share. This dissertation realizes this illustrative task by setting out the game-concept of sport in three separate, but closely related levels: These are the expressive (I. Chapter: »social-mimesis«), the performative (II. Chapter: »self-mobilization« in the game) and finally the presentational level (III. Chapter: essensial primal action and its »Unheimlichkeit«). At the expressive level the play-external aspect of the sport game is primarily treated in theoretical reference to G. Gebauers concept of »social-mimesis«. At the performative level the play-internal aspect of the sports game is illuminated, based theoretically on E. Goffman’s concept of »selfmobilization« and P. Bourdieu’s »practical sen-se«. And finally the presentational level, where the psychological aspect — which can be in-voked both for the athletes and the viewers — is discussed based on Freud’s concept of »Un-heimlichkeit«. In those spectralization my dissertation uses in each case a concise example which seems suitable for the playfulness of the possible sports game and so in the end to ex-emplify those authentic significate moments of experience of the game of sport. The exam-ples are the fraternal swimming competition from a film story (Chapter I), Lacan’s game ex-periment (Chapter II) and finally the boxing match (Chapter III).