Die steigende MRSA-Prävalenz in Deutschland und in anderen europäischen Ländern spiegelte sich auch in einer steigenden Inzidenz von MRSA-Patienten im Klinikum Friedrichshain wieder. Da ein kolonisierter oder infizierter MRSA- Patient das größte Erregerreservoir in einem Krankenhaus darstellt, wurde ein krankenhausweites Screening von Patienten mit Risikofaktoren für die MRSA Kolonisation oder Infektion bei stationärer Aufnahme mit präventiver Kontaktisolierung bis zum MRSA-Ausschluss durchgeführt, um asymptomatische MRSA-Träger frühestmöglich zu entdecken und um somit die Weiterverbreitung von MRSA im Krankenhaus zu reduzieren. Das Screening wurde durchgeführt bei Patienten mit MRSA in der Anamnese, bei Patienten, die direkt aus einem ausländischen Krankenhaus oder einem Krankenhaus mit bekannten endemischen MRSA-Vorkommen übernommen wurden, sowie bei Patienten mit mindestens zwei der folgenden Faktoren: Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen, Vorliegen eines Dekubitalulkus, Vorhandensein von Dauerkathetern -wie zum Beispiel Ernährungssonden-, Dialysepflichtigkeit und gleichzeitiges Vorliegen von Haut- oder Weichteilinfektionen, Vorliegen einer akuten Sialadenitis, Vorliegen einer diabetischen Gangrän bei Patienten mit einem Alter von über 65 Jahren. Bei Patienten mit diesen Risikofaktoren wurden für das MRSA-Screening Abstriche des Vestibulums nasi, des Rachens, von Hautwunden, von Kathetereintrittsstellen sowie von sonstigen klinisch auffälligen Stellen entnommen. Das MRSA-Screening von Risikopatienten wird in nationalen und internationalen Leitlinien empfohlen, kontrollierte Studien über den Einfluss auf die Transmission oder die im Krankenhaus erworbenen Infektionen sind nicht publiziert worden. Bisher zum Screening publizierte Arbeiten haben entweder rein deskriptiven Charakter oder sind Beschreibungen von Ausbruchsituationen, in denen gleichzeitig mit dem Screening weitere Maßnahmen zur Verhinderung der MRSA-Weiterverbreitung eingeführt wurden. In der vorliegenden Kohortenstudie wurden die prospektiv ermittelten nosokomialen MRSA-Infektionsraten nach Einführung des Screeningprogrammes (Screeningperiode, 01.05.2001-30.11.2002, Dauer 19 Monate) mit den retrospektiv ermittelten Infektionsraten vor Einführung des Screeningprogrammes (Kontrollperiode, 01.09.1999 - 01.03.2001, Dauer 19 Monate) verglichen. In einer Kostenanalyse wurden die Kosten für die Durchführung des Screenings ermittelt und denjenigen Kosten gegenübergestellt, die durch die Prävention von nosokomialen Infektionen eingespart werden konnten. Bezüglich der demographischen Patientendaten und den im Krankenhaus vorliegenden Bedingungen waren beide Kohorten vergleichbar. Während der Kontrollperiode wurde bei 119 Patienten MRSA nachgewiesen (bei 36 118 stationären Aufnahmen) und in der Screeningperiode bei 205 Patienten (36 962 Aufnahmen). Die Inzidenzrate von MRSA-Patienten pro 1 000 Aufnahmen ist von 3,3 in der Kontrollperiode auf einen Wert von 5,5 in der Screeningperiode statistisch signifikant angestiegen (p<0,001, Fisher`s exact test). 48 Patienten in der Kontrollperiode und 38 Patienten in der Screeningperiode entwickelten während des stationären Aufenthaltes eine nosokomiale MRSA- Infektion. Die häufigsten Infektionsarten in beiden Studienperioden waren postoperative Wundinfektionen, Septikämien, Harnwegsinfektionen und Pneumonien. Nach Einführung des Screeningprogrammes sind die Inzidenzraten der Patienten mit nosokomialer Infektion ausgehend von 2,1 pro 1 000 Aufnahmen in den letzten drei Monaten der Kontrollperiode als Maximalwert auf einen Wert von 1,0 in der Screeningperiode gesunken (p=0,04,Fisher`s exact test, RR=0,5). Bei Verwendung der relativen Häufigkeiten von Patienten mit nosokomialer MRSA- Infektion in der Kontrollperiode sind bei steigender Inzidenz von allen MRSA- Patienten in der Screeningperiode statistisch signifikant weniger nosokomiale MRSA-Infektionen beobachtet worden, als nach der Häufigkeit in der Kontrollperiode erwartet wurden (nur 52 % der erwarteten nosokomialen MRSA- Infektionen sind in der Screeningperiode tatsächlich aufgetreten, das heißt 48 % der nosokomialen MRSA-Infektionen sind durch das Screeningprogramm verhindert worden). Das Screening wurde während der Screeningperiode bei 539 Patienten (1,5 % aller stationären Aufnahmen, durchschnittlich 0,93 Patienten pro Tag bei durchschnittlich 64,4 stationären Aufnahmen täglich) durchgeführt. Bei 111 Patienten (20,6 %) konnte MRSA nachgewiesen werden. Häufigster Nachweisort war mit 52,3 % das Vestibulum nasi. Bei 33,3 % der Patienten konnte MRSA nur an Wunden, Kathetereintrittsstellen oder sonstigen klinisch auffälligen Stellen nachgewiesen werden, nicht jedoch in der Nase oder dem Rachen. Häufigster Grund für die Durchführung des Screenings war das Vorliegen des Risikofaktors Wohnen in einem Alten- oder Pflegeheim in Kombination mit einem zweiten Risikofaktor (vor allem Dekubitalulcera und Dauerkatheter). Zweithäufigster Grund war eine MRSA-Anamnese. Die Kosten für die Durchführung des Screenings (Kosten für die Diagnostik und Kosten für die präventive Kontaktisolierung) betrugen 39,96 für einen MRSA-negativen Patienten und 82,33 für einen MRSA-Patienten. Die Gesamtscreeningkosten betrugen für 19 Monate 26 241,51 (entsprechend 16 573,58 jährlich). Diese Kosten setzten sich zusammen aus 15 407,71 für medizinische Verbrauchsgüter und 10 833,90 für Personalkosten (Pflegekräfte). Es mussten 236,41 ausgegeben werden, um einen MRSA-positiven Patienten zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme zu detektieren. Bei einem Patienten mit nosokomialer MRSA-Infektion werden unter den Bedingungen eines DRG-Fallpauschalen-Vergütungssystems Verluste in Höhe von 5 705,75 erwirtschaftet. Durch die Prävention von nosokomialen MRSA- Infektionen durch das Screeningprogramm wurden 174 541,22 in 19 Monaten oder 110 236,56 jährlich eingespart. In einer Sensitivitätsanalyse wurde berechnet, dass das Screening bereits ab einer MRSA-Prävalenz von 0,03 % bei stationärer Aufnahme kostendeckend wird oder wenn mindestens 2,9 nosokomiale MRSA-Infektionen pro Jahr verhindert werden können. Schlussfolgerung dieser Arbeit ist, dass bei geeigneter Definition der Risikogruppen ein Screening von Patienten mit Risikofaktoren für die Kolonisation oder Infektion mit Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus bei stationärer Aufnahme mit Durchführung einer präventiven Kontaktisolierung eine mit geringem Aufwand realisierbare, wirksame Maßnahme zur Prävention von nosokomialen MRSA- Infektionen in einem Krankenhaus der höchsten Versorgungsstufe mit endemischen MRSA-Vorkommen darstellt. Aufgrund der niedrigen MRSA-Prävalenz, ab der das Screening kosteneffektiv wird, kann es für alle Krankenhäuser mit MRSA-Problem empfohlen werden.
Screening of potential MRSA-positive patients at hospital admission is recommended in German and international guidelines. This policy has been shown to be effective in reducing the frequency of nosocomial MRSA transmissions in the event of an outbreak, but the influence of screening on reducing hospital- acquired MRSA inferctions in a hospital setting where MRSA is endemic is not yet well-documented. This study describes the effect of a hospital-wide screening of defined risk groups in a 700-bed acute care hospital during a period of 19 months. In a cohort study with a 19-month control period, the frequencies of hospital-acquired MRSA infections were compared with and without screening. In the control period, there were 119 MRSA-positive patients, of whom 48 had a hospital-acquired MRSA infection. On the basis of this frequency, a predicted total of 73.2 hospital-acquired MRSA infections was calculated for the screening period, but only 52 % of the expected number (38 hospital-acquired MRSA infections) were observed, i.e, 48 % of the predicted number of hospital-acquired MRSA infections were prevented by the screening programme. Based on microbiological costs (staff and materials) and the costs of preventive contact isolation for 2 days until microbiological results were available (including material costs for medical consumable goods and the costs of additional nursing time), a total of 26 241.51 was spent for the 539 patients screened. Based on cost units, the costs were 39.96 for a patient found to be MRSA negative and 82.33 for a patient found to be MRSA- positive. Under the prospective diagnosis related groups (DRG) payment system in Germany, the costs of a prolonged hospital stay resulting from a hospital- acquired MRSA infection are not reimbursed adequately by revenues, with a calculated average cost-revenue loss per patient of 5705.75. The screening programme was able to prevnt 48 % of hospital-acquired MRSA infections (35.2 patients with infection), thereby saving a predicted 200 782.73. After subtracting the screening costs, there was a net saving of 110 236.56 annually. A sensitivity analysis of the break-even points for different screening frequencies and different MRSA incidence rates indicated that the screening programme became cost-saving at a low MRSA incidence rate, meaning that it can be recommended for most hospitals with MRSA problem.