Einleitung: Mit steigender Inzidenz der Frühgeburtlichkeit und gleichzeitig steigenden Überlebensraten auch sehr und extrem unreifer Frühgeborener gewinnen das langfristige Outcome und das Management von Langzeitkomplikationen an Bedeutung. Vor Allem die Verbesserung des neurologischen Outcomes steht im Zentrum des Interesses. Bisher gibt es nur sehr begrenzte Indikatoren, die das individuelle neurologische und kognitive Outcome vorhersagen können; Maßnahmen wie Frühförderung, Physiotherapie oder Ergotherapie können lediglich bereits eingetretene Schäden abmildern. Zur Echtzeit-Überwachung der zerebralen Funktion kommen in den letzten Jahren auf neonatologischen Intensivstationen mehr und mehr sogenannte „Cerebral Function Monitore“ zum Einsatz, die ein EEG aufzeichnen, das zeitlich komprimiert und auf Mustererkennung anhand der Amplitudenhöhe reduziert ist. Der Name amplituden-integriertes EEG (aEEG) trägt dieser Prozessierung Rechnung. Die Technik des aEEGs bietet aufgrund der stark reduzierten Elektrodenzahl die Möglichkeit der Langzeitüberwachung – außerdem ist die Interpretation verhältnismäßig leicht zu erlernen. Bisher war nur eine manuelle Auswertung der aEEGs anhand der Erkennung von Mustern möglich. Neuere Geräte bieten zum Teil die Option, auch eine elektronische Quantifizierung der abgeleiteten Daten vorzunehmen. Während die Technik bei reifen Neugeborenen bereits im klinischen Alltag angewandt wird, gibt es noch wenige Daten zum Einsatz des aEEG bei Frühgeborenen, insbesondere bei sehr und extrem unreifen Frühgeborenen. Aufgabenstellung: Ziel dieser Arbeit war die Beschreibung von Normwerten bei extrem unreifen Frühgeborenen (< 28 SSW) während der ersten Lebenswochen. Dies sollte anhand eines publizierten Beurteilungsscores (Burdjalov-Score) als subjektivem Messwert und anhand der elektronisch ermittelten unteren Amplitude als objektivem Parameter geschehen. Danach sollte überprüft werden, ob anhand von aEEG-Aufzeichnungen aus der ersten Lebenswoche bereits eine Aussage über das Auftreten typischer kurzfristiger Komplikationen) getroffen werden kann. Schließlich sollte die Hypothese getestet werden, ob es mit Hilfe von aEEGs im korrigierten Alter von 27/28 SSW möglich ist, die Zeit bis zum Erreichen bestimmter Entwicklungsziele vorherzusagen. Methode: Von Frühgeborenen unter 28+0 SSW wurden in den ersten 4 Lebenswochen aEEGs abgeleitet. Die Ableitzeitpunkte waren die ersten 72 Lebensstunden und danach wöchentlich am 7., 14., 21. und 28. Lebenstag. Abgeleitet wurden jeweils eine interparietale sowie zwei unilaterale Roh-EEGs und aEEGs. Die erhaltenen Aufzeichnungen wurden dann artefaktbereinigt und manuell (Burdjalov-Score) sowie elektronisch (untere Amplitude) ausgewertet. Es wurde der Einfluss von Gestationsalter sowie postnatalem Alter auf die Reifung des aEEGs untersucht. Außerdem wurde die Bedeutung des aEEG im Zusammenhang mit kurzfristigen klinischen Komplikationen (Infektion, BPD, PDA sowie kurzfristigen Entwicklungsmeilenstenen (Alter bei Entlassung, selbstständige orale Nahrungsaufnahme, Stabilisierung des Atemantriebs) untersucht. Ergebnisse: Von 64 FG im medianen Alter von 26+3 (23+4 - 27+6) SSW wurden insgesamt 237 aEEGs abgeleitet, von denen 188 verwertbar waren. Die Gesamtaufzeichnungsdauer der ausgewerteten aEEGs beträgt 2049h 39’’. Da die interparietale Ableitung eng mit den unilateralen Ableitungen korreliert ist, wurde die Auswertung anhand der interparietalen Ableitungen vorgenommen. Der Burdjalov-Score und untere Amplitude steigen mit zunehmendem korrigierten GA zwischen 24 und 31 Wochen um durchschnittlich 0,71 Punkte bzw. 0,3 µV pro Woche an. Dabei zeigt der Burdjalov-Score in den frühen Gestationswochen zunächst eine Stagnation, um dann ab 27 korrigierten SSW um 1,25 Punkte pro Woche anzusteigen. Eine beschleunigte postnatale Reifung ließ sich hier nicht feststellen. Die untere Amplitude zeigt bereits ab 24 Wochen einen kontinuierlichen Anstieg. In der linearen Regressionsanalyse konnten wir eine akzelerierte extrauterine Reifung nachweisen. Ein Vergleich unserer unilateralen Aufzeichnungen aus der ersten Lebenswoche mit einer aufgrund von Studiendesign und Ausführung vergleichbaren Studie von West et al. ergab deutlich höhere Werte für die untere Amplitude in unserem Patientenkollektiv. Die Überprüfung der kurzfristigen klinischen Outcome-Parameter zeigte, dass sich kein Zusammenhang zwischen einer perinatalen Infektion und einer sich später entwickelnden BPD und Merkmalen der frühen aEEG-Ableitungen nachweisen lässt. Ein operationspflichtiger Ductus arteriosus hingegen zeigt sich im aEEG nach einer Woche vor Allem bei Kindern mit einem GA von 23 bis 25 Wochen durch eine Verminderung der Kontinuität sowie unreifere Eigenschaften des SWC und der Bandbreite im Vergleich zu Kindern ohne Intervention. Auch die Gesamtpunktzahl ist dementsprechend erniedrigt. Bei Kindern im GA von 26 bis 27 Wochen zeigen sich gleichgerichtete Trends wie bei den jüngeren Kindern für Gesamtpunktzahl und Kontinuität, diese sind jedoch nicht signifikant. Eine Aussage über die voraussichtliche Aufenthaltsdauer, die Reifung der Schluck- und Trinkfertigkeit oder die Stabilisierung des Atemantriebs lässt sich aus aEEGs im korrigierten Altern von 27/28 SSW nicht treffen. Conclusio: Das aEEG zeigt altersabhängige Reifungsvorgänge bei extrem unreifen Frühgeborenen. Auch lässt sich eine beschleunigte postnatale Reifung der unteren Amplitude nachweisen. Welche klinische Relevanz die beobachteten Reifungsvorgänge beziehungsweise ihre Verzögerung haben, kann noch nicht sicher gesagt werden. Ein hämodynamisch relevanter Ductus arteriosus macht sich bei Frühgeborenen unter 26 SSW durch eine Verminderung der Kontinuität sowie unreifere Muster des SWC und der Bandbreite bemerkbar. Hingegen werden frühe aEEG- Aufzeichnungen weder durch eine bestehende perinatale Infektion noch durch eine im Verlauf auftretende BPD beeinflusst. Eine Prognose über die Aufenthaltsdauer oder das Erreichen von kurzfristigen Entwicklungsmeilensteinen ist anhand des aEEGs nicht möglich. Inwiefern aEEG- Aufzeichnungen aus dem ersten Lebensmonat prädiktiv für das neurologische Outcome im Alter von 2 oder mehr Jahren sind, bleibt noch zu untersuchen.
Introduction: In recent years, cerebral function monitoring has become more and common in neonatal intensive care units. This technique called amplitude integrated EEG is based on a timely compressed EEG with a reduced number of electrodes. The raw EEG ist filtered and processed to show only the height of the amplitude. Aim of the study: The aim of this study was to determine normal values using a subjective score (Burdjalov score) and the electronically quantified lower border. After this, we wanted to test, whether early aEEG tracings show changes associated to typical short term complications Finally we tested, if aEEG at the corrected gestational age of 27/28 weeks correlate with the achievement of certain physiologic milestones of deleopment. Method: We recorded aEEGs from preterm infants at less than 28 weeks of gestational age (GA) during the first 4 weeks of life (0-72h, 7 days, 14 days, 21 days, 28 days). Results: we obtained 237 recordings from 64 preterm infants with a median GA of 26+3 weeks. 188 (2049h 39') of these recordings could be used for assessment. The Burdjalov score and the electrincally quantified lower border (eLBA) rise with GA. We could find an accelerated extrauterine maturation for the eLBA, but not for the Burdjalov score. The short term clinical outcome was not related regarding the development of bronchopulmary dysplasia or the presence of perinatal early onset infection. There was, however, a significant negative influence of a patent ductus arteriosus on the Burdjalov score at one week of life and on contnuity. The eLBA was not affected by a PDA. We could show no correlation between aEEGs at the corrected GA of 27/28 weeks and the achievement of physiologic milestones.