Studien zeigen, dass Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter sozial ungleich verteilt sind. Ob das Ausmaß sozialer Unterschiede in Bezug auf Übergewicht und Adipositas beim Übergang vom Kindes- in das Jugendalter variiert, wurde allerdings selten untersucht. Laut internationalen Studien besteht in jungen Jahren ein Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und Gesundheit. Ob dieser Zusammenhang zwischen Bevölkerungsgruppen variiert, wurde ebenso nur vereinzelt untersucht. Vor diesem Hintergrund beleuchtet diese Thesis (i) unter Berücksichtigung theoretischer Modelle gesundheitlicher Ungleichheiten das Ausmaß sozialer Unterschiede in Bezug auf Übergewicht und Adipositas beim Übergang von der Kindheit in das Jugendalter, (ii) den Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und Gesundheit bei Jugendlichen in Deutschland und (iii), ob der Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und Gesundheit mit dem Sozialstatus und der Schulbildung im Jugendalter variiert. Datenbasis ist der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert Koch-Instituts (Basiserhebung 2003-2006). Zur Definition von Übergewicht und Adipositas wurde der Body Mass Index (BMI) basierend auf Messdaten zu Körpergröße und –gewicht erhoben. Der Sozialstatus wurde auf Basis elterlicher Angaben zu Einkommen, Bildung und Beruf erfasst. Bezüglich der Schulbildung wird auf die besuchte Schulform der Jugendlichen zurückgegriffen und zwischen Hauptschule, Real-/Gesamtschule und Gymnasium unterschieden. Als Gesundheitsindikatoren werden die subjektive Gesundheit, die gesundheitsbezogene Lebensqualität und psychische Auffälligkeiten betrachtet. Dargestellt werden in (i) Prävalenzen sowie mit binär logistischen Regressionen ermittelte Odds Ratios (n = 14.836; Alter = 3-17 Jahre). In (ii) und (iii) werden je nach Gesundheitsindikator Prävalenzen bzw. Mittelwerte ausgewiesen und anhand logistischer bzw. linearer Regressionen die Gruppenunterschiede auf Signifikanz überprüft (n = 6813; Alter = 11-17 Jahre). Der Sozialstatus und die Schulbildung gehen als Stratifizierungsvariable in die Analysen ein. Die Ergebnisse zeigen, dass in allen Altersgruppen Jungen der niedrigen im Vergleich zu Jungen der hohen Statusgruppe ein etwa 2-fach erhöhtes Risiko für Übergewicht und Adipositas haben; bei Mädchen vergrößern sich die Statusunterschiede im Auftreten von Übergewicht (OR zwischen 1,5 und 3,4) und Adipositas (OR zwischen 3,3 und 5,6) über die Altersgruppen. Adipöse Jugendliche haben im Vergleich zu normalgewichtigen ein 2-3-fach erhöhtes Risiko für eine mittelmäßige bis sehr schlechte subjektive Gesundheit sowie psychische Auffälligkeiten (OR 3,0 und OR 2,5). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist bei adipösen Jugendlichen im Vergleich zu normalgewichtigen um 2,7 Punkte signifikant verringert. Auch in Bezug auf Übergewicht weisen die Ergebnisse auf Zusammenhänge mit den Gesundheitsindikatoren hin; diese fallen aber geringer aus. Alle beobachteten Zusammenhänge variieren nach Alter und Geschlecht. Die Zusammenhänge zwischen Adipositas und Gesundheit werden durch den Sozialstatus und die Schulbildung weitgehend nicht modifiziert. Bezüglich der Zusammenhänge zwischen Übergewicht und Gesundheit zeigt sich folgende Tendenz: der Sozialstatus hat bei Jungen einen moderierenden Einfluss zugunsten der niedrigen Statusgruppe und bei Mädchen zugunsten der hohen Statusgruppe. Die Schulbildung hat weitgehend keinen moderierenden Einfluss, da meist übergewichtige Jugendliche der mittleren Bildungsgruppe in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sind. Insgesamt zeigt sich, dass gesundheitliche Ungleichheiten in Bezug auf Übergewicht und Adipositas in jungen Jahren dem "childhood adolescent persistent model" folgen. Bei Mädchen liefern die Ergebnisse auch Hinweise auf das "adolescent emergent model". Das Grundschul- und Jugendalter stellen sich hierbei als kritische Phasen für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas heraus. Ein weiterer Befund ist, dass übergewichtige und insbesondere adipöse Jugendliche in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sind; im Falle von Adipositas weitgehend unabhängig vom Sozialstatus und der Schulbildung. Aus Public Health-Sicht liefern die Ergebnisse Ansatzpunkte für Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung. Neben einem frühen Einsetzen sprechen die Ergebnisse für Präventionsmaßnahmen in den für die Adipositasentstehung kritischen Phasen Vorschul- und Jugendalter. Der Fokus sollte dabei auf Mädchen und Jungen der niedrigen Statusgruppe gerichtet werden. Maßnahmen der Gesundheitsförderung sollten bei übergewichtigen und adipösen Jungen und Mädchen hingegen unabhängig von sozialen Faktoren erfolgen. Weil ein niedriger Sozialstatus aber eine Barriere gegenüber Interventionsmaßnahmen bei Übergewicht und Adipositas darstellt, gilt es unterschiedliche Zugänge für Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Statusgruppen zu entwickeln.
Studies show that social differences regarding overweight and obesity exist in childhood and adolescence. In this context, it has been rarely examined whether the extent of social differences regarding overweight and obesity varies in the transitional period from childhood to adolescence. International studies show that there is a relation between overweight/obesity and health at a young age. Whether this relation varies between population groups, has also been rarely examined. Against that background, this thesis investigates (i) the extent of social differences regarding overweight and obesity in the transitional period from childhood to adolescence taking into account theoretical models of health inequalities, (ii) the relation between overweight/obesity and health among adolescents in Germany and (iii) whether the relation between overweight/obesity and health varies by socio-economic status (SES) and education in adolescence. Data base was the German Health Interview and Examination Survey for Children and Adolescents (KiGGS) from the Robert Koch Institute (baseline 2003-2006). For the definition of overweight and obesity, body mass index (BMI) was calculated based on measured data from height and weight. SES was taken from information about parents’ income, occupational status and education. For education level, the type of school attended by the adolescents was used. As health indicators, self-rated health (SRH), health-related quality of life (HRQL) and mental health problems were used. In (i) prevalences and odds ratios with 95% confidence intervals were calculated by binary logistic regression (n = 14,836; age = 3-17 years). In (ii) and (iii) prevalences or mean values were calculated depending on the health indicator. The significance of the group differences were tested by logistic or linear regressions (n = 6813; age = 11-17 years). SES and education were used as a stratifying variable in the analyses. Results show that in all age groups, boys with low SES had an approximately 2-fold increased risk of overweight and obesity compared to boys with high SES. In girls, the social differences regarding overweight (OR between 1.5 and 3.4) and obesity (OR between 3.3 and 5.6) increased over the age groups. Compared to normal weight peers, obese adolescents had a 2-3-fold increased risk of fair to very poor SRH and mental health problems (OR 3.0 and OR 2.5). The HRQL of obese adolescents was reduced by 2.7 points compared to normal weight peers. Concerning overweight, the results also indicated relations with the health indicators; but these were lower. All observed relations between overweight/obesity and health varied by age and sex. The relations between obesity and health were largely not modified by SES and education. Regarding the relations between overweight and health, the results show the following tendency: in boys, SES had a modifying impact in favour of the low SES group and in girls in favour of the high SES group. Education had largely no modifying impact on the relation between overweight/obesity and health because in most cases obese adolescents of the medium education group were affected in their health. Altogether the results show that health inequalities regarding overweight and obesity largely follow the “childhood adolescent persistent model” at a young age. In girls, the results also provide evidence of the “adolescent emergent model”. Primary school age and adolescence were established as critical phases for the development of overweight and obesity. Another finding is that overweight and especially obese adolescents were affected in their health; in the case of obesity, this was largely independent of SES and education. From a public health point of view, the results provide starting points for measures of prevention and health promotion. In addition to an early onset, the results suggest prevention measures in the critical phases for the development of overweight and obesity at primary school age and adolescence. Here the focus should be directed on children and adolescents of the low SES group. However, measures of health promotion should be independent of SES and education for overweight and obese boys and girls. Because a low SES is a barrier against interventions in overweight and obesity, different approaches for children and adolescents of different SES groups should be developed.