Die Prävalenz der Adipositas hat seit den 70er Jahren des vorherigen Jahrhunderts deutlich zugenommen. Derzeit ist schätzungsweise ein Drittel der Weltbevölkerung übergewichtig oder adipös. Adipositas ist mit erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden und wird als viertwichtigster globaler Risikofaktor für vorzeitigen Tod oder durch Krankheit geprägte Lebensjahre angesehen. Ebenso weisen untergewichtige Patientinnen mit Anorexia nervosa eine erhöhte Morbidität und Mortalität auf. Beide Erkrankungen sind – neben anderen Krankheits-fördernden Faktoren – durch eine gestörte Energiebilanz von Energiezufuhr und Energieumsatz gekennzeichnet. Zur gezielten therapeutischen Interventionen ist daher die präzise Kenntnis des Energieumsatzes notwendig, dessen Bestimmung im klinischen Alltag problembehaftet ist. In unserem Arbeiten untersuchten wir zunächst die Eignung eines Aktivitätsmonitors zur Einschätzung des Ruheenergieumsatzes (REE) bei Probanden über alle Gewichtsklassen hinweg. Dieser wird bei normalgewichtigen Probanden bis hin zu Patienten mit Adipositas III° Grades unter standardisierten Bedingungen im Vergleich zur indirekten Kalorimetrie als „Goldstandard“ im Mittel um 13 % überschätzt (entsprechend 208 kcal/d). Unter ambulanten Bedingungen wird für Probanden der oben genannten Gewichtskategorien der in der ersten stabilen Schlafphase mit dem Aktivitätsmonitor ermittelte Energieumsatz im Vergleich zur Messung von REE mit indirekter Kalorimetrie unter Standardbedingungen mit 8 % (entsprechend 123 kcal/d) geringer überschätzt. Die Überlegenheit dieses Vorgehens zur Ermittlung von REE gegenüber der in der Klinik üblichen Berechnung des Ruheenergieumsatzes mittels Näherungsformeln konnte von uns gezeigt werden. Demgegenüber wird der mit dem Aktivitätsmonitor ermittelte REE unter standardisierten Bedingungen bei untergewichtigen Patientinnen mit Anorexia nervosa im Vergleich zur indirekten Kalorimetrie mit 23 % (entsprechend 187 kcal/d) erheblich überschätzt, so dass im klinischen Alltag die Berechnung des Ruheenergieumsatzes mit einer krankheitsspezifischen Näherungsformel vorzuziehen ist. Zusätzlich zu REE und nahrungsinduzierter Thermogenese – als relativ stabile Größen – ist die variable Aktivitätsthermogenese (AT) für die Körpergewichtsregulation bedeutsam. AT kann weiter in Thermogenese durch sportliche/sportähnliche Aktivität oder durch Alltags- und Spontanaktivität differenziert werden. Wir konnten zwei relevante Veränderungen der körpergewichtsbezogenen AT mit ansteigender Ausprägung der Adipositas aufzeigen. Zunächst zeigte sich eine drastische Abnahme der Thermogenese durch sportliche/sportähnliche Aktivitäten beim Übergang von Normal-/Übergewicht (0,5 kcal/kg/d) zur Adipositas I° (0,1 kcal/kg/d). Bei Probanden mit Adipositas II° und III° ist diese Art der Thermogenese praktisch vernachlässigbar gering. In diesen Gewichtskategorien wird Aktivitätsthermogenese (fast) gänzlich durch Alltagsaktivität bedingt. Weiterhin zeigte sich eine Reduktion der körpergewichtsbezogenen Thermogenese durch Alltagsaktivität beim Übergang der Adipositas II° zur Adipositas III°. So ist diese über die Gewichtskategorien Normal-/Übergewicht, Adipositas I° und Adipositas II° mit durchschnittlich 9,8 kcal/kg/d weitgehend konstant und fällt dann bei Patienten mit Adipositas III° drastisch auf 5,7 kcal/kg/d ab. In einer prospektiven Untersuchung zum Bewegungsverhalten höhergradig adipöser Patienten mit dem Wunsch einer eigenständigen Gewichtsabnahme konnten wir zeigen, dass mittelfristig eine Steigerung der Aktivitätsthermogenese nicht als Strategie zum Erreichen der intendierten Gewichtsabnahme eingesetzt wird bzw. werden kann. Die genetischen und neuroendokrinen Grundlagen zur Steuerung der Thermogenese durch Alltagsaktivität sind bisher unzureichend erforscht, es wird jedoch für Menschen, die eine höhergradige Adipositas entwickelt haben, eine ausgeprägte Stabilität angenommen. In unserer Querschnittsuntersuchung zum Bewegungsverhalten höhergradig adipöser Patienten, die eine bariatrische Operation anstreben, zeigten sich zwar die bereits vorbeschriebenen signifikant inversen Korrelationen von Parametern der körperlichen Aktivität (körpergewichtsbezogene AT durch Alltagsaktivität, metabolisches Äquivalent als Maß für die Bewegungsintensität) mit dem Körpermasseindex, nicht jedoch mit der psychometrisch erhobenen Depressivität. Die in der Literatur berichtete trianguläre Wechselwirkung zwischen Depressivität, Adipositas und Bewegungsverhalten konnte für diese Patienten mit höhergradiger Adipositas nicht gezeigt werden. Die Adipositas per se scheint mit einer so ausgeprägten Reduktion körperlicher (Alltags-)Aktivität einherzugehen, dass zusätzliche bestehende Depressivität das Bewegungsverhalten allenfalls nur noch geringfügig modifiziert. Günstige Coping-Strategien höhergradig ädipöser Patienten, die eine bariatrische Operation anstreben, sind bisher unzureichend identifiziert. Für diese Patientengruppe konnten wir signifikant inverse Korrelationen der als problemorientiert interpretierten Coping-Strategien „emotionale Unterstützung“ und „aktive Bewältigung“ mit den Parametern körperlicher Aktivität (körpergewichtsbezogene AT durch Alltagsaktivität und durch sportliche/sportähnliche Aktivität, metabolisches Äquivalent als Maß für die Bewegungsintensität, tägliche Dauer sportlicher/sportähnlicher Aktivität) zeigen. Diese zunächst kontraintuitiv anmutenden Befunde könnten bei präbariatrischen Patienten tatsächlich funktional sein, so wird ein höherer postoperativer Gewichtsverlust für diejenigen Patienten beschrieben, die präoperativ höhere Skalenwerte für „aktive Bewältigung“ erzielten.
The prevalence of obesity has increased significantly over the last 50 years. To date, approximately one third of the world population is overweight or obese. Obesity leads to raised morbidity and mortality and is thought to be an important risk factor for premature death or time spent disabled by disease. In addition, underweight patients with anorexia nervosa show increased morbidity or mortality. Both conditions are characterized by an imbalance of energy intake and energy expenditure. The precise knowledge of energy requirements is necessary for optimal therapeutic care. However, the assessment of energy requirement is demanding in the clinical setting. First we evaluated a portable armband device for the assessment of resting energy expenditure (REE) in subjects of all weight categories. Compared to indirect calorimetry (IC) the portable armband device overestimates REE in normal weight, overweight or obese subjects by 13 % (equivalent to 208 kcal/d). This overestimation in comparison to IC is reduced to 8 % (equivalent to 123 kcal/d) if sleeping energy expenditure (SEE) instead of REE is assessed with the portable armband device during the early phase of sleep under ambulatory conditions. The assessment of SEE with the portable armband device reflects REE at least as precisely as predictive equations. In contrast, the assessment of REE with the portable armband device significantly overestimates REE by 23 % (equivalent to 187 kcal/d) compared to IC in underweight patients with anorexia nervosa. Therefore, a disease-specific equation should be used to predict REE for these patients in the clinical setting. In addition to REE and the thermic effect of food as relatively stable components of energy expenditure, activity thermogenesis (AT) as a variable component of energy expenditure plays a crucial role in the regulation of body weight. AT can be further divided into exercise-related AT and everyday physical activity called non-exercise related AT (NEAT). We were able to describe two relevant changes of body weight-adjusted AT with increasing weight category. Firstly, there is a marked drop in body weight-adjusted exercise-related AT from normal and overweight subjects (0.5 kcal/kg/d) to subjects with obesity I° (0.1 kcal/kg/d). For subjects with obesity II° and obesity III° exercise-related AT is negligible. In these weight categories AT consists almost completely of everyday physical activity. Secondly, there is a significant reduction of body weight-adjusted NEAT in subjects with obesity III° compared to subjects with obesity II°. Body weight-adjusted NEAT is almost unchanged with an average of 9.8 kcal/kg/d in the weight categories normal weight, overweight, obesity I°, and obesity II°. Then NEAT declines drastically to 5.7 kcal/kg/d in subjects with obesity III°. In a prospective study we could demonstrate that increasing objectively-measured activity thermogenesis was not employed as a weight loss strategy of high-grade obese patients aiming at self-directed weight loss. In a cross-sectional study of physical activity in high-grade obese patients intending to undergo bariatric surgery we were not able to show the supposed interdependency of obesity, physical activity patterns and depressiveness. Obesity per se seems to be associated with such a reduced everyday physical activity so that additive depressiveness is only a minor modifier of physical activity in these patients. Adaptive coping strategies of patients with high- grade obesity aiming at bariatric surgery are largely unknown. We were able to show an inverse correlation of the problem-oriented coping strategies “support coping” and “active coping” with parameters of body weight-adjusted physical activity. However, these counterintuitive findings might by adaptive coping strategies (aiming at bariatric surgery instead of trying to loose weight by increasing physical activity) as postoperative weight loss is described to be more pronounced in patients with higher scores for “active coping”.