Durch die Einführung von Whole Exome Sequenzierung und Whole Genome Sequenzierung konnte die diagnostische Erfolgsrate zum Beispiel für geistige Behinderung auf über 50% gesteigert werden. Trotz dieser enormen Fortschritte kann derzeit bei über 45% der Patienten in der Humangenetik keine Mutation nachgewiesen werden. Es ist wahrscheinlich, dass viele dieser Patienten Mutationen im nicht-kodierenden Teil des Genoms tragen. Der nicht-kodierenden Teil des Genoms wird derzeit in der humangenetischen Diagnostik ignoriert, denn traditionell werden Deletionen und Duplikationen auf Haploinsuffizienz, bzw. den Gen-Dosis-Effekt der Gene in den Aberrationen untersucht und mit öffentlichen Datenbanken abgeglichen. Dieser Ansatz führt jedoch nicht immer zum Erfolg und viele Varianten müssen in ihrem genomischen Kontext analysiert werden. Durch die Einführung von WGS zu Detektion von kleineren Varianten und Inversionen wird dieses Problem in der Zukunft häufiger werden. In den letzten Jahren ist unser Wissen über die Funktion der nicht-kodierenden Sequenz enorm gestiegen. Mit Hilfe von ChIP-seq und Hi-C Experimenten wurde die 3D Architektur des Genoms im Zellkern erforscht und cis-regulatorische Karten des gesamten menschlichen Genoms erstellt. Diese Daten zeigen, dass das Genom in sog. Topological assosiated Domains (TADs) unterteilt ist, die durch Boundary- Elemente begrenzt sind. Deletionen, Duplikationen und Inversionen können diese cis-regulatorische Architektur des nicht-kodierenden Genoms verändern, indem sie die Positionen von TADs und Boundaries verändern und so zu Fehlregulation von Genen und Fehlbildungen führen. Im Rahmen dieser Arbeit konnten Strukturelle Aberrationen der nicht-kodierenden DNA als molekulare Ursache mehrerer Erkrankungen identifiziert werden. Deletionen von exonischen Enhancer Elementen am DLX5/6 Lokus führen durch einen regulatorischen Funktionsverlust zu Spalthänden. Im Gegensatz dazu führen Duplikationen eines Enhancer Elements mit großer Wahrscheinlichkeit durch einen regulatorischen Gain of Function zum Laurin-Sandrow Syndrom. Das Liebenberg Syndrom und die mesomele Dysplasie vom Savarirayan Typ sind Beispiele für Deletionen von Boundary-Elementen und Fehlregulation durch Enhancer-Adoption. Weiterhin konnte in einer Pilotstudie gezeigt werden, dass es mit Hilfe der CRISPR/Cas9 Technologie möglich ist, in weniger als 10 Wochen transgene Mäuse herzustellen, um die Pathogenität von kodierenden und nicht-kodierenden menschlichen Mutationen nachzuweisen. Diese Arbeiten zeigen welches enorme Potential die CRISPR/Cas9 Genome Editing Technologie für die biomedizinische Forschung und die Humangenetik hat. Die Ergebnisse dieser Arbeit und weitere aktuelle Studien zeigen, dass Positions- Effekte der nicht-kodierenden DNA mit ca. 11% ein wichtiger Mutations- Mechanismus bei angeborenen Erkrankungen der Extremitäten sind und dass CRISPR/Cas9 Genome Editing eine zentrale Rolle bei der Bewertung von nicht- kodierenden menschlichen Mutationen haben wird. Strukturelle Aberrationen in der humangenetischen Diagnostik sollten daher nicht nur auf Haploinsuffizienz von Genen untersucht werden, sondern müssen im cis-regulatorischen genomischen Kontext analysiert werden
High-throughput genomic technologies are revolutionizing human genetics. So far the focus has been on the 1.5% of the genome that are coding in spite of the fact that the great majority of genomic variants fall outside of coding regions. Recent efforts to annotate the non-coding sequence shows that over 80% of the genome is biochemically active. The genome is divided into regulatory domains consisting of sequence regions that enhance and/or silence expression of nearby genes and are in some cases separated by boundaries with insulator activity. In this study, we discuss the recent advances in the identification of variations that influence gene regulation and their consequences for human disease. We show that structural variations outside of the coding genome can interfere with normal gene regulation by disrupting the regulatory landscape. The regulatory landscape of the genome has to be taken into consideration for the investigation of human disease pathology.