Negative Auswirkungen des Alkoholkonsums auf den perioperativen Verlauf sind lange be-kannt. Postoperative Komplikationen treten 2- bis 5-mal häufiger auf und führen zu einer durchschnittlich um 50% verlängerten Liegedauer. Im Vordergrund der Komplikationen steht eine erhöhte Infektionsrate, vor allem wird die Entwicklung einer Pneumonie oder Sepsis beschrieben. Die Mechanismen, die für die erhöhte Infektionsrate verantwortlich sind, sind nicht zur Gänze bekannt. Strategien zur Reduktion des erhöhten perioperativen Risikos sind meist nicht implementiert. Evidenzbasierte Daten zu den Auswirkungen illegalen Substanzmissbrauchs auf die periope-rative Komplikationsrate fehlen fast völlig. Fallberichte beschreiben ein erhöhtes intra-operatives Risiko für Atemwegskomplikationen, perioperative Herzrhythmusstörungen und myokardiale ischämische Ereignisse. Die Prävalenz von illegalem Substanzmissbrauch bei Patienten, die sich einer Operation unterziehen, ist nicht bekannt. Das erste Ziel der klinischen Arbeit war es, die Prävalenz von riskantem Substanzkonsum bei Patienten vor elektiven Operationen zu bestimmen. Zweites Ziel war es, die Detektions-rate von Patienten mit riskantem Konsum legaler und/oder illegaler Substanzen durch die evaluierenden Anästhesisten zu untersuchen. Hierfür wurde die Detektionsrate der aufklä-renden Ärzte mit einer computergestützten Selbstauskunft der Patienten verglichen. Der klinische Teil dieser Arbeit wurde im Rahmen der „Lebensstilstudie“ in den Anästhesie-ambulanzen Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum durchgeführt. Es wurden Patienten vor elektiven, operativen Eingriffen eingeschlossen. Es erfolgte eine Befragung der Studienteilnehmer zu ihrem Lebensstil mittels eines computergestützten Fragebogens. Im Fragebogen wurden neben den Basisangaben zu Größe, Gewicht, Alter und Geschlecht auch maximal 111 Fragen zum Lebensstil erhoben. Die Fragen umfassten unter anderen folgende Themenkomplexe: Rauchergewohnheiten, Alkoholkonsum anhand des Acohol Di-sorder Identification Test (AUDIT)-Questionaire und Fragen zum Konsum illegaler Drogen. Die Befragung erfolgte unmittelbar vor dem Narkoseaufklärungsgespräch. Inhalt des Frage-bogens sowie die Antworten der Patienten waren den aufklärenden Anästhesisten nicht be-kannt. Die Prävalenz von Alcohol use disorders (AUD), welche durch die aufklärenden Anästhesis-ten detektiert wurde, betrug 6,9%, während der Anteil der AUD positiven Patienten unter Verwendung des computergestützten AUDIT 18,1% betrug (p < 0,01). Die Rate der durch die Anästhesisten detektierten Patienten mit AUD war bei Männern signifikant höher als bei Frauen (p <0,01). Zudem wurden ältere Patienten im Vergleich zu jüngeren Patienten signifi-kant häufiger durch die evaluierenden Ärzte detektiert (p <0,01). 7,5% der befragten Patienten gaben an, in den letzten 12 Monaten illegale Substanzen kon-sumiert zu haben. Am höchsten war der Anteil in der Altersgruppe zwischen 18 und 30 Jah-ren (26,4%; p<0,01). Anästhesisten diagnostizierten nur bei einem von 43 Patienten (2,3%) illegalen Substanzmissbrauch (ISU, illicit substance use) (p<0,01). Die Ergebnisse machen deutlich, Anästhesisten unterschätzen die Prävalenz von legalen und illegalen Substanzmissbrauch. Präventive Maßnahmen zur perioperativen Risikoreduk-tion werden somit häufig nicht eingeleitet. Ein computergestützter Fragebogen kann die De-tektionsrate verbessern und die somit die perioperative Sicherheit erhöhen. Zudem kann die Anästhesieambulanz mit einer hohen Anzahl an Patientenkontakten aller Fachdisziplinen die geeignete Schnittstelle sein, die Patienten im Sinne einer tertiären Prävention mittels einer brief intervention oder eines motivational interviews über das Risiko eines übermäßigen Sub-stanzkonsum aufzuklären und über Strategien zur Konsumreduktion zu informieren. Durch eine Reihe von Vorarbeiten der Arbeitsgruppe um Frau Prof. Spies konnte gezeigt werden, dass insbesondere eine erhöhte Infektionsrate für die erhöhte Morbidität und Morta-lität bei chirurgischen Patienten mit riskantem Alkoholkonsum verantwortlich ist. In einem translationalen Ansatz wurde ein Tiermodell etabliert, um Ursachen für die erhöhte Pneumo-nie- und Sepsisrate zu untersuchen. Das Ziel der experimentellen Arbeit war es, nachzuweisen, dass eine achttägige Alkoholap- plikation im murinen Tiermodell zu einer modifizierten Immunantwort führt, gemessen anhand der Tumornekrosefaktor (TNF)-alaha- und Interferon (IFN)-gamma- Produktion von CD4+ und CD8+ T-Lymphozyten der Milz. Diese Zytokinimbalance hat eine verminderte Infektabwehr zur Folge und aggraviert den klinischen Befund einer induzierten Klebsiella pneumoniae Pneumonie. In Mäusen mit Klebsiella pneumoniae- Pneumonie war nach Alkoholbe-handlung der Anteil von IFN-gamma produzierenden CD4+ (p<0,01) und CD8+ (p<0,01)-T-Zellen reduziert. Der Anteil TNF-alpha- produzierender CD4+ (p=0,01) und CD8+ (p<0,01)-T-Zellen war signifikant erhöht. Die histologische Aufarbeitung der Mäuselungen zeigte eine Zunahme der pneumoniebedingten Lungenschäden. Alkohol hat somit einen unterschiedlichen Effekt auf die IFN-gamma und TNF-alpha- Produktion in Mäusen mit Klebsiella pneumoniae. Beide Effekte führen zu einer verminderten Immunantwort.
In the clinical part of this work patients were included before elective surgery. Patients were asked to complete a lifestyle assessment questionnaire by using a portable computer. The questions included, among others, the following topics: smoking habits, alcohol consumption based on the Acohol Disorders Identification Test (AUDIT) Questionnaire and questions about the use of illicit drugs. The prevalence rate of AUD determined by the anesthesiologists was 6.9%, whereas the proportion of patients positive for AUD using the computerized AUDIT was 18.1% (p <0, 01). The rate of patients with AUD detected by the anesthetist was significantly higher in men than in women (p <0.01) as well as in the elderly compared with younger patients (p <0.01). 7.5% of patients reported illicit substance use within the last 12 months. ISU was highest in the age group between 18 and 30 (26.4%, p <0.01). Anesthesiologists diagnosed in one of 43 patients (2.3%) ISU (p <0.01). Anesthetists underestimated the prevalence of licit and illicit substance abuse. Preventive measures for perioperative risk reduction are therefore often not taken. A computer-based questionnaire could improve detection rate and thus increase the perioperative safety. In addition, the perioperative assessment center has a high number of patient contacts of all disciplines. Therefore it could be the institution to refer patients to a tertiary prevention. Letter intervention or a motivational interview about the risk of excessive drug use could be helpful tools in this setting. In particular an increased rate of infection causes an increased morbidity and mortality in surgical patients with hazardous drinking. In a translational approach an animal model was established to investigate the causes for the increased pneumonia and sepsis rate. Alcohol consumption has been shown to impair cytokine production. Tumor necrosis factor alpha (TNF-alpha) and interferon gamma (IFN-gamma) are critical for host defense against Klebsiella pneumoniae (K. pneumoniae). In order to examine the influence of alcohol on the immune response to infection, we investigated the frequency of TNF-alpha and IFN- gamma produced by splenic T-lymphocytes in a murine model of gram-negative pneumonia initiated after 8 days of alcohol treatment. In mice with Klebsiella infection, the percentages of IFN-gamma-producing CD4(+) (P < 0.01) and CD8(+) (P < 0.01) were significantly decreased, the percentages of TNF-alpha- producing CD4(+) (P = 0.01) and CD8(+) (P < 0.01) T cells were significantly elevated after alcohol treatment compared with mice with saline treatment. The histological assessment showed an aggravation of K. pneumoniae-induced pneumonia in alcohol-treated mice. Alcohol differentially affects IFN-gamma and TNF-alpha production in Klebsiella-infected mice. Both effects obviously led to a weakened immune response as seen by increased histological damage. This suggests a role of T cells in the increased susceptibility of the alcoholic host to nosocomial infection due to inadequate cytokine response.