Die Habilitationsschrift widmet sich dem jüdischen Ehegüter- und Erbrecht in Norm und Praxis. Der geographische und zeitliche Schwerpunkt liegt auf dem aschkenasischen Judentum des deutschen Sprachraums in der Frühneuzeit. Da das Ehegüter- und Erbrecht im Sinne eines Familiengüterrechts eng miteinander verzahnt sind, gilt besonderes Augenmerk der Rechtspraxis, insbesondere dem Vermögenstransfer, der sich innerhalb einer Familie auf vielfältige Weise und anlässlich einer Vielzahl von Gelegenheiten vollzog: in Form von Heiratsgaben, die bei der Eheschließung dem Paar mitgegeben wurden, als Übertragung aufgrund einer testamentarischen Verfügung in Erwartung des bevorstehenden Todes, als Schenkung zu Lebzeiten. Vornehmlich werden jene Rechtsbereiche untersucht, in denen Frauen infolge einer rechtlichen Geschlechterdifferenz nach der in der Antike festgehaltenen jüdischen Rechtsnorm mindere Rechte als Männer genossen. Es wird dargestellt, inwiefern Frauen in der Praxis über mehr Rechte verfügten, als ihnen nach der Norm zugestanden hätten und inwieweit ein differenziertes Vertragsrecht normative Nachteile ausgleichen konnte. Da als Folge der fehlenden staatlichen Autonomie alle jüdische Rechtspraxis immer im Kontext obrigkeitlich-nichtjüdischer Rechtssysteme stand, wird zudem die Interaktion zwischen jüdischem und christlichem praktiziertem Ehegüter- und Erbrecht analysiert. Aus der obrigkeitlichen Perspektive wird gefragt, wie Obrigkeit und Richter jüdische Rechtspraxis wahrnahmen und inwieweit sie diese in ihren Verordnungen und Urteilen einzuschränken suchten.
The habilitation thesis deals with the Jewish matrimonial property and inheritance in standard and practice. The geographical and temporal focus is on the Ashkenazi Jews of German-speaking world in the early modern period.