Einleitung: Das Trauma ist die dritthäufigste Todesursache in den westlichen Industrieländern. Durch konsequente Innovationen in Notfall- und Intensivmedizin konnte die Traumaletalität in Deutschland kontinuierlich gesenkt werden. Aktuelle Forschungsschwerpunkte liegen hierbei in der klinischen Therapie. Daten des TraumaRegisters® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (TR-DGU) aus dem Jahr 2012 zeigen eine weiterhin sinkende Traumaletalität von aktuell 10,3% für alle in eine Klinik eingelieferten Schwerverletzten. Aktuelle einheitliche Daten zu Schwerverletzten, welche präklinisch versterben, existieren für Deutschland nicht. Ziel dieser Studie war es daher, in einer definierten Region alle traumaassoziierten Todesfälle zu erfassen und systematisch zu analysieren. Außerdem sollten anhand der erhobenen Daten vermeidbare Todesfälle identifiziert werden um Ausbildungs- sowie Forschungsschwerpunkte neu zu definieren. Methodik: In dieser prospektiven Observationsstudie wurden alle primär traumaassoziierten Todesfälle im Land Berlin im Kalenderjahr 2010 untersucht. Ausschlusskriterien waren Tod durch Ertrinken, Verbrennung, Erhängen und alle Todesfälle, die sich zwar nach Trauma jedoch nachweislich durch eine Vorerkrankung oder sekundäre Komplikationen ereigneten. Die Datenerhebung erfolgte mithilfe der Staatsanwaltschaft Berlin und die Rechtsmedizinischen Institute (Universität und Land Berlin). Datengrundlage bildeten polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten, Obduktionsprotokolle, Leichenschauscheine und Krankenhausakten. Untersucht wurden alle obduzierten und nicht obduzierten Fälle. Weiterhin wurden alle Obduktionsfälle hinsichtlich ihrer Vermeidbarkeit durch ein interdisziplinäres Review-Komitee bewertet. Ergebnisse: Insgesamt wurden n=440 primär traumaassoziierte Todesfälle erfasst und ausgewertet. Die Inzidenz traumaassoziierter Todesfälle betrug 13/100.000 Einwohner (1,4% aller Todesfälle 2010). Die Obduktionsrate war 60%. Das mittlere Alter war 58±23 Jahre mit 64% männlichen Verstorbenen. Die mediane Überlebenszeit lag bei 30min. In 79% der Fälle lag ein stumpfes Trauma vor. Häufigste Traumamechanismen waren Stürze aus >3m (33%) und Stürze <3m (32%) sowie 19% Verkehrsmittelunfällen und 12,5% Stich-, Schnitt- und Schussverletzungen. Haupttodesursachen waren das Polytrauma (46%), das isolierte Schädelhirntrauma (38%) und Verbluten (10%). Die zeitliche Verteilung der Traumasterblichkeit zeigte eine bimodale Verteilung mit einem ersten Häufigkeitsgipfel bei 0-60min. (56%) und einem zweiten bei 4-48h (16,8%). 59% verstarben am Ereignisort und 33% auf der Intensivstation. 85% der Obduktionsfälle wurden durch das interdisziplinäre Review-Komitee als „nicht vermeidbar“ eingestuft, 10% als „potenziell vermeidbar“ und 5% als „definitiv vermeidbar“. Schlussfolgerung: Die Traumasterblichkeit in Berlin ist im internationalen Vergleich niedrig. Die Mehrheit der Todesfälle ereignet sich vor Krankenhausaufnahme, sodass zukünftig verstärkt präklinische Versorgungsstrukturen und -maßnahmen weiterentwickelt und beforscht werden sollten. Die zeitliche Verteilung der Traumasterblichkeit zeigt einen neuen bimodalen Verlauf, welcher das gültige trimodale Modell der Traumasterblickeit mit einem dritten Häufigkeitsgipfel nach >7 Tagen ablösen sollte. Todesfälle können v.a. durch Prävention und Schulung des Rettungsdienstpersonals bezüglich der Durchführung präklinischer invasiver Maßnahmen verhindert werden.
Introduction: Trauma remains the third most common cause of death in the industrialized World. There has been a constant decline in trauma mortality in Germany due to continous innovations in Emergency and Intensive Care Medicine. Predominant focus of science ist the clinic. Latest data from the German Traumaregistry (TR-DGU) show an in-hospital trauma mortality of 10.3%. Nevertheless, current reliable data about preclinical trauma deaths in Germany is missing. The aim of this study was to detect and systematically analyze all trauma deaths in a defined region. Additionally all preventable trauma deaths were identified in order to point out new priorities in trauma management education and science. Methods: This prospective observational study identified all trauma deaths in Berlin in 2010. Exclusion criteria were death by drowning, burning, hanging, and death due to pre-existing illness or secondary complications (i.e. pulmonary embolism). Data collection occured via the public prosecutor´s office of Berlin and the Institute of Forensic Medicine. Source data were complete police investigation and autopsy files, death certificates, and patient records. All trauma related deaths that underwent autopsy were judged for preventability by an interdisciplinary review comittee. Results: A total of n=440 trauma related deaths were analyzed, leading to an incidence of 13/100.000 inhabitants. Trauma accounted for 1.4% of all deaths in Berlin. The autopsy rate was 60%. Mean age was 58±23 years. 64% were male. Median survival was 30min. 79% were blunt trauma. Most common trauma mechanisms were falls from >3m (33%), falls from <3m (32%), traffic accidents (19%) and stab- cut- or gunshot wounds (12,5%). Main death causes were polytrauma (46%), isolated traumatic brain injury (38%), and Exsanguination (10%). Temporal distribution of trauma deaths showed a bimodal distribution with one peak at 0-60min. (56%) and a second peak at 4-48h (16.8%) after trauma. 59% died at the scene and 33% on intensive care unit. The review comittee judged 85% of the cases as „non-preventable“, 10% as „potentially preventable“, and 5% as „definitely preventable“. Conclusions: Traumamortality in Berlin is low compared to international data. The majority of deaths occur before hospital admission. This calls for focusing scientific efforts in the preclinic. The new bimodal distribution of trauma deaths should replace the currently taught trimodal model with an additional late peak at >7 days. Further decrease of trauma deaths can be achieved by prevention programs and intensified educational efforts in emergency medical service training, especially concerning performance of preclinical invasive measures in a reasonable way.