Schadenersatzforderungen gegen Tierärzte aufgrund von vermeintlichen Befunderhebungs-, Diagnose- oder Behandlungsfehlern verzeichnen seit den 70er Jahren einen ununterbrochenen Anstieg. Die Hufrehe mit ihrem vielgestaltigen Krankheitsbild, den immer noch offenen Fragen zur Ätiopathogenese und einer fehlenden einheitlichen Therapieempfehlung besitzt bei ausbleibendem Behandlungserfolg besonderes Potenzial für Rechtsstreitigkeiten. Ziel dieser Arbeit war es, die gutachterliche Beurteilung von vermeintlichen Befunderhebungs- , Diagnose- und Behandlungsfehler-Vorwürfen gegen den Tierarzt bei der Hufrehe des Pferdes darzustellen, um mögliche Fehlerquellen aufzuzeigen und Hinweise zu deren Vermeidung zu geben. Dazu wurden Gutachten aus den privaten Archiven von 4 sachverständigen Gutachtern mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Pferdeorthopädie deskriptiv statistisch ausgewertet, aus denen 58 Fehlervorwürfe identifiziert werden konnten. Im Bereich der Hufrehediagnostik wurden von 22 dem Tierarzt vorgeworfenen Fehlern, etwas weniger als die Hälfte (40,9%) durch die Gutachter bestätigt. Davon stellten die Fehlinterpretation von klinischen (33,3%) und röntgenologischen (33,3%) Befunden die häufigste Fehlerquelle dar, gefolgt von der unterlassenen klinische Untersuchung (22,2%) und einer unterlassene röntgenologische Untersuchung (11,1%). Abseits der Diagnostik richtete sich die Vorwürfe der Pferdebesitzer in 20 Fällen gegen die vom Tierarzt durchgeführte Hufrehe-Therapie und 16 Fällen gegen eine tierärztliche Behandlung, in deren Folge eine Hufrehe aufgetreten war. Die Gutachter bestätigten die Behandlungsfehler-Vorwürfe bei der Hufrehe-Therapie in mehr als der Hälfte der Fälle (55,0%) und begründeten diese mit vorangegangenen Diagnosefehlern (54,5%) und einer unzureichenden orthopädischen Therapie (45,5%). Hinsichtlich des Vorwurfs „iatrogene Hufrehe“ kam der Cortison induzierten Rehe die größte Bedeutung (68,8%) zu. Insgesamt bestätigten die Gutachter den Vorwurf „iatrogene Hufrehe“ zu knapp einem Drittel (31,3%). Zur Vermeidung von Diagnose- und Befunderhebungsfehlern bei der Hufrehe sind eine systematische klinische Untersuchung sowie eine standardisierte, röntgenologische Untersuchung essentiell. Die differentialdiagnostische Abgrenzung der Hufrehe zu ähnlichen Krankheitsbildern, wie dem der Pododermatitis, kann im Anfangsstadium dennoch schwierig sein. Ein hohes aber tendenziell vermeidbares Risiko für den Tierarzt bergen Dokumentationsversäumnisse, die im Ernstfall als Befunderhebungsfehler gewertet werden können, welche der Tierarzt rechtlich zu vertreten hat. Aus der Beurteilung der Gutachter ergibt sich, dass als wesentliche Maßnahme bei der Behandlung der Hufrehe eine frühzeitige orthopädische Therapie, mit dem Ziel, die erkrankten Bereiche zu entlasten, anzusehen ist. Das verspätete Durchführen bzw. Unterlassen von orthopädischen Maßnahmen besitzt nach Meinung der Gutachter forensische Relevanz. Die Cortison-Rehe stellt ein spezielles forensisches Risiko für den Tierarzt dar, vor dem er sich schützen kann, indem er bei Glukokortikoid-Behandlungen die Indikationsstellung kritisch prüft und die Anwendungshinweise des Herstellers genau beachtet.
Damage compensation claims against veterinarians on the grounds of alleged errors in assessment of findings, diagnosis or treatment have increased steadily since the 1970s. Given its diverse clinical picture, the as yet unanswered questions on aetiopathogenesis and the lack of a uniform therapy recommendation, equine laminitis offers major potential for legal disputes when treatment is not successful. The aim of this study was to present the expert assessment of complaints against veterinarians in conjunction with alleged errors in the assessment of findings, diagnosis and treatment of equine laminitis in order to identify possible sources of errors and offer advice on how to avoid them. To this end, reports from the private archives of four experts with longstanding experience in the field of equine orthopaedics were evaluated from the descriptive-statistical angle. 58 error complaints were identified. In the field of equine laminitis diagnosis just under half (40.9%) of the 22 alleged errors by veterinarians were confirmed by the experts. Of them the erroneous interpretation of clinical (33.3%) and x-ray (33.3%) findings were the most frequent source of error, followed by failure to undertake a clinical examination (22.2%) and failure to undertake an x-ray examination (11.1%). Aside from diagnosis the horse owners’ complaints were directed in 20 cases against the equine laminitis treatment carried out by the veterinarian and in 16 cases against the veterinary treatment in the aftermath of which equine laminitis occurred. The experts confirmed the accusation of treatment error for equine laminitis in more than half of the cases (55%). They cited prior diagnostic errors (54.5%) and inadequate orthopaedic treatment (45.5%) as the reasons. With regard to the complaint “iatrogenic laminitis”, the greatest importance was attributed to cortisone-induced laminitis (68.8%). In total the experts confirmed the complaint “iatrogenic laminitis” in almost one third of the cases (31.3%). To avoid errors in diagnosis and the assessment of findings in conjunction with equine laminitis, systematic clinical examination and a standardised x-ray examination are essential. The differential diagnostic differentiation between equine laminitis and similar clinical pictures like pododermatitis may still be difficult in the early stages. Documentation shortcomings constitute a high but possibly avoidable risk. In the event of a complaint, they can be deemed to be errors in the assessment of findings for which the veterinarian is legally responsible. From the experts’ assessment it is clear that timely orthopaedic treatment to relieve the strain on the diseased areas is seen as the main action to be taken to treat equine laminitis. The delayed conduct of or the failure to conduct orthopaedic measures is of forensic relevance in the experts’ opinion. Cortisone-induced laminitis constitutes a special forensic risk for the veterinarian. He can protect himself against this risk by critically examining the indication in the case of glucocorticoid treatments and by reading the manufacturer’s instructions very carefully.