Die Ernährung von Menschen gibt einen Einblick in deren Lebens- und Umweltbedingungen. Sie schlägt sich in den chemischen Komponenten des Knochens nieder. Die vorliegende Arbeit dient der Rekonstruktion der Ernährungssituation dreier Bevölkerungen der frühen Neuzeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert aus einem Dorf und einer Stadt in Brandenburg (Tasdorf, Brandenburg/ Havel) und einer Stadt in Mecklenburg-Vorpommern (Anklam). Die Rekonstruktion von Subsistenzgrundlagen anhand der Analyse der stabilen Isotope und Spurenelemente fehlte bisher für den Osten Deutschlands. 150 tierische sowie menschliche Knochenproben von Individuen bekannten Geschlechts und Alters wurden mit den gängigen Methoden für die Analysen vorbereitet. 15 Spurenelemente (Ca, Ba, Sr, Cu, Zn, Pb, As, Cd, Fe, Mg, Mn, Ni, Al, Co und P) wurden mit Hilfe der Atomabsorptionsspektrometrie gemessen sowie die Isotopenverhältnisse von Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff massenspektrometrisch ermittelt. Die Auswertung der Ergebnisse beruht auf den Erkenntnissen, dass sich vegetabile und tierische Nahrungsmittel in der Zusammensetzung ihrer Spurenelemente unterscheiden. Vegetabile Nahrungskomponenten weisen hohe Gehalte an Strontium und Barium auf; tierische Nahrungsmittel hingegen enthalten viel Zink. Die Stickstoff und Kohlenstoffisotope zeigen die Stellung des Konsumenten innerhalb des Nahrungsnetzes an. Da die d15N-Werte des Konsumenten in der Regel 3 4 schwerer sind als die seiner Nahrung, kann rekonstruiert werden, welche Nahrungskomponenten ein Individuum konsumiert hat. Diese Anreicherung zwischen den Trophiestufen, also dem Konsumenten und seiner Nahrung, beträgt bei den d13C-Werten nur ca. 1 . Durch den Vergleich mit herbivoren und karnivoren Tieren ist eine Einschätzung der Nahrungskomponenten des Menschen möglich, also ob vornehmlich pflanzliche oder tierische Produkte gegessen wurden. Auf diesem Prinzip beruht auch die Feststellung des Abstillalters. Gestillte Kinder ernähren sich gegenüber ihren Müttern karnivor und zeigen demnach höhere Kohlenstoff- und Stickstoffwerte. Neben der Rekonstruktion der allgemeinen Ernährungssituation der drei untersuchten Bevölkerungen interessierten vor allem mögliche geschlechts- sowie altersspezifische Unterschiede in der Ernährungslage sowie die Belastung durch Schadstoffe. Die vorliegende Arbeit ergab zunächst, dass sich alle drei untersuchten Bevölkerungen omnivor ernährten. Festzustellen war, dass die dörfliche Gemeinschaft aus Tasdorf die größten Anteile an vegetabilen Nahrungsmitteln verzehrte, wohingegen die untersuchten Menschen der Stadt Brandenburg die meisten tierischen Produkte wie Fleisch und Milch aßen. Die Daten bestätigen die wirtschaftlich stärkere Position der frühneuzeitlichen Städte im Vergleich zum Land. Für alle drei Populationen wurde der Verzehr von Seefisch nachgewiesen, dessen Anteil in Anklam am höchsten war, da er dort am leichtesten zu beziehen und günstiger war. Ein Geschlechterunterschied der Ernährung konnte nur für Tasdorf ermittelt werden. Frauen ernährte sich dort signifikant mehr bzw. häufiger von pflanzlicher Nahrung als Männer, denen eventuell als Haushaltsvorstand und wegen der von ihnen geleisteten körperlich schweren Feldarbeit mehr Fleisch zur Verfügung stand. In Tasdorf und Anklam wurde für die Kinder der Altersklasse Infans I eine proteinreichere Ernährung als für Frauen und Männer ermittelt. Spätestens mit dem dritten Lebensjahr waren in beiden untersuchten Bevölkerungen die Kinder vollständig entwöhnt. Es war nicht möglich, den Entwöhnungszeitpunkt für Brandenburg zu bestimmen; die Daten deuten jedoch auf eine kürzere Stilldauer als bei den anderen beiden Bevölkerungen hin. Insgesamt kann von einer guten Versorgung der kleinen Kinder durch ihre Mütter gesprochen werden. Juvenile Individuen ernährten sich in der Stadt sehr proteinarm, während im ländlichen Tasdorf eine proteinreiche Ernährung für sie ermittelt wurde. Begründet werden kann dies möglicherweise damit, dass die Jugendlichen auf dem Land im Haushalt der Eltern verblieben, während jene in der Stadt als Lehrling oft in das Haus des Meisters zogen und dort nicht so gut versorgt wurden wie bei den eigenen Eltern. Die Ernährungssituation verbesserte sich mit steigendem Alter. Für die Maturen wurde in allen drei untersuchten Skelettserien die beste Ernährungssituation aller Altersklassen festgestellt. Eine proteinreichere Ernährung der Menschen im Mittelalter als später kann nicht bestätigt werden. Auch waren die untersuchten Bevölkerungen in der frühen Neuzeit kaum Hungersituationen über lange Zeiträume (mehrere Jahre) hinweg ausgesetzt. Die hier erhobenen Befunde deuten an, dass regelmäßig kurzzeitiger Mangel herrschte. Die Schadstoffbelastung der untersuchten Populationen ist als gering einzustufen. Lediglich der Bleigehalt der Tasdorfer ist für eine historische Bevölkerung als hoch zu werten; er liegt jedoch unterhalb des Rahmens, in dem die Belastung als gesundheitsschädlich einzuschätzen ist. Insgesamt hat sich die Analyse der Spurenelemente und vor allem der stabilen Isotope als gute Methode erwiesen, um auch grundlegende Nahrungskomponenten von Bevölkerungen zu bestimmen und so über deren Lebensweise Auskunft geben zu können.
The diet of humans gives an insight into their way of living as well as environmental conditions. Furthermore, the nutrition is reflected by the chemical components of the bones. The objective of this thesis was to reconstruct the hitherto poorly known dietary habits of three populations from the Brandenburg district (rural Tasdorf, urban Brandenburg/Havel), Germany, and one population near the Baltic sea in Mecklenburg-Vorpommern (urban Anklam), Germany, from the 16th-19th century. The reconstruction of the nutrition base by analysing stable isotopes and trace elements was lacking until now for the east of Germany. 150 femoral and costal samples of animal and human bones of known sex and age of the three skeletal series were prepared for the analyses using the known methods. 15 trace elements (As, Cd, Co, Pb, Ni, Cu, Al, Sr, Zn, Mg, Fe, Mn as well as Ca and P) were measured applying atom absorbtion spectrometry (AAS). In addition the stable isotopes of carbon, nitrogen and oxygen were analysed by mass spectrometry. The interpretation of the results found is based on the knowledge that vegetable and animal food differ in the composition of their trace elements. Vegetable food shows high contents of strontium and barium while animal food contains a higher amount of zinc. The stable isotopes of nitrogen and carbon show the position of a consumer in the food web. As a result of the trophic level effect , the consumer d15N-values are elevated by approximately 3-4 over dietary protein. It is possible to reconstruct, which dietary components an individual consumed. The accumulation from the food to its consumer is smaller for d13C (about 1 ). An evaluation of the human food sources is possible by comparing their results with those of herbivores and carnivores from the same food web. Applying this method, the time of weaning of children can be estimated. Breast-fed children have δ15N-values 2-3 higher than their mothers. During the weaning process, the consumption of complementary food results in a decline of infant nitrogen values. A fully weaned child shows a δ15N-value nearly identical to that of its mother, indicating a similar diet. In addition to the reconstruction of the staple diet of all three populations investigated possible distinctions between the sexes and different age groups were of interest as well as the stress caused by pollutants. This thesis showed an omnivorous nutrition for all three populations. It could be determined that more vegetable food was consumed in the rural community of Tasdorf than in the urban communities of Brandenburg and Anklam. The consumption of animal products like meat and milk was highest in Brandenburg town while people in Anklam ate a considerable amount of sea fish and invertebrates. At the sea, it is likely, that fish was cheap at the sea and easy to get. Women in Tasdorf consumed more vegetable food than men. It is possible that men had more meat at their disposal, because they were the head of household and because they had to work heavily on the field.. The diet of children from Tasdorf and Anklam showed food richer in proteins than that of men and women. In both populations, the weaning of children was completed when they were three years of age at the latest. It was not possible to determine the weaning age of the Brandenburg children, the data point to a earlier age at weaning than in Tasdorf and Anklam. Overall, the provisioning for the smaller children by their mothers was good. Urban juveniles consumed less protein than their rural counterparts. This might be due to the fact, that juveniles in rural areas often stayed at their parents house while, as apprentices in the cities, they had to move into the household of their masters. Possibly, they were there badly provided for. In all three skeletal series the diet improved with age, and people aged 40-60 showed the best nutrition of all age classes. People from the Middle Ages in Brandenburg and Mecklenburg-Vorpommern did not consume food richer in proteins than the populations studied. It can not be confirmed, that the populations analysed for this thesis had to starve for long periods of time, but there might have been a repeated but temporary deprivation of food. The stress caused by heavy metals and other harmful substances was low. Merely in the Tasdorf population the concentration of lead was assessed as quite high for a historic community, but too low to be noxious. Altogether, the analysis of trace elements and especially of stable isotopes proved to be good methods to determine the staple diet of populations. Thus they provide rather comprehensive information about their way of living.