dc.contributor.author
Moritz, Julia
dc.date.accessioned
2018-06-08T00:10:49Z
dc.date.available
2013-12-06T13:52:12.138Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/11582
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-15780
dc.description
I. EINFÜHRUNG 1\. Frage 3 2\. Methode 6 3\. Gegen-Stand 19 4\. Begriffe 25 II.
HAUPTTEIL 1\. Was ist Kritikalität? 50 2\. Die Geburt der Institutionskritik
aus dem Geist des Guggenheims 60 3\. Kontinentaldrift 83 4\. Afflicted Powers
101 5\. Peripatetische Arbeit 110 6\. Bilbao-Effekt 127 6.1. Grenzwerte:
Kapital, Museum, Terror 131 6.2. Abgrenzung und/oder Blurring the Boundaries?
147 6.3. Grenzüberschreitung: Nom de Guerre 182 III. SCHLUSS 1\.
Zusammenfassung 198 2\. Schlussfolgerung 201 3\. Ausblick 203 IV. ANHANG 1\.
Literaturverzeichnis 205 2\. Abbildungsnachweis 221
dc.description.abstract
Das Dissertationsvorhaben Blurring the Boundaries? Institutionskritik im
transnationalen Raum ging der Frage nach: Auf welche Weise thematisieren
zeitgenössische künstlerische Projekte kritisch die konflikthafte
Transnationalität ihrer institutionellen Rahmenbedingungen und welche Schlüsse
über die aktuelle Verfasstheit des Konzeptes der Institutionskritik lässt dies
zu? Gegenstand dieser Untersuchung war die Problematisierung der
Kunstinstitutionen durch die künstlerische Produktion. Der Schwerpunkt lag auf
dem gemeinsamen Kontext des globalisierten Spätkapitalismus beziehungsweise
den Wechselwirkung von neuen künstlerischen Strategien und ihrer
flexibilisierten Administration. Dabei konzentrierte ich mich auf den Zeitraum
des Übergangs 20. ins 21. Jahrhundert , wobei die unmittelbare Gegenwart
dieser Arbeit stets mitgedacht war; räumlicher Schwerpunkt war die Kunst und
ihre Institutionen im Baskenland. Die Kanonisierung und/oder kunsthistorische
Erforschung der Institutionskritik erörterte ich unter dem Schlagwort
„Institutionskritikforschung“. Über die Figur des Scheiterns in der Geschichte
der Institutionskritik fand ich Zugang zu gegenwärtigen Setzungen ihrer
„dritten Welle“. Zur Operationalisierung ihrer Analyse stütze ich mich auf die
Methode der Kulturanalyse, wie sie von Mieke Bal vorgeschlagen wurde und im
Rahmen der neueren Kunstgeschichte zum Einsatz kam. In Ergänzung zu jenem
bildwissenschaftlichen Instrumentarium wählte ich die Perspektive der
Produktionsästhetik wobei mir die soziopolitische Befragung künstlerischer
Techniken von T.J. Clark ein wichtiger Leitfaden war. Eine Aktualisierung der
Kunstgeografie schien mir durch die erforderlichen Verortungen von/in
Kunstbetrieb und produktion in der Fallstudie des Baskenlandes notwendig.
David Harveys Kritische Geografie und Geopolitik stand für diese Verfahren
Pate. Die Darlegung der zentralen Begrifflichkeit dieser Arbeit – Kritik,
Institution, Transnationalisierung – folgte der These, dass sich die
thematisierten Entwicklungen in der Geschichte der Institutionskritik durch
Verschiebungen innerhalb des Kritik statt des Institutionsbegriffs begründet
sind, womit sich eine Argumentation des Neben statt Nacheinander seiner
unterschiedlichen Phasen ergibt. Die Verschiebungen des Kritikbegriffs stellte
ich dabei anhand des zentralen Arguments von Michel Foucault – Kritik ist die
Kunst nicht derart regiert zu werden – dar, wie es sich auf Kant rückbezieht
und von Butler in Richtung einer performativen Frageform weiterentwickelt
wird. Den Begriff der Institution definierte ich enger Auseinandersetzung mit
Peter Bürgers Argument der „Institution Kunst“ und seiner Rezeption durch
Benjamin Buchloh. Neben der philosophischer Konzeption Foucaults und dem
soziologischen Institutionsbegriff Pierre Bourdieus war Bürgers von Brecht und
Benjamin übernommene Kritik der ideologischen Kategorie der Autonomie, mit der
die „Institution Kunst“ in der bürgerlichen Gesellschaft operiert, für das
historische Programm der Institutionskritik, Institutionen als ideologische
Erzählungen erfahrbar zu machen, ausschlaggebend. Von hebt sich die aktuelle
Diskussion vor allem durch eine von den Ereignissen von 1989 und 2001 und der
globalisierungskritischen Bewegung induzierte Repolitisierung ab. Zur damit
notwendigen Bestimmung von „Transnationalisierung“ nahm ich schließlich eine
semantische Analyse des Begriffs vor. Zusammengenommen mit der Arbeit von
Historikern wie Benedict Anderson, Immanuel Wallerstein und Eric Hobsbawm
gelangte ich zur Arbeitsdefinition des prozesshaften Hinausweisens über den
Bedeutungshorizont des Nationalen. Die implizite Konflikthaftigkeit jener
Prozesse machte die Abgrenzung gegenüber den Begriffen Globalisierung,
Internationalismus Transkulturalität notwendig. Anhand einer Begriffsreflexion
formulierte ich auch das erste Argument meines Hauptteils: Die
Verwicklungsprämisse des von Irit Rogoff vorgeschlagenen und von Hito Steyerl
übersetze und bis zu einem gewissen Grad angewendete Konzept der Kritikalität
ist als Bedingung der Möglichkeit gegenwärtiger Institutionskritik und ihrer
Zirkulationsprozesse herausgestellt worden. Mit einem Abgleich seiner
Bedeutung im Bereich der Atomenergiewirtschaft – Kritikalität als monetärer
Messwert einer sich selbst erhaltenden Kettenreaktion im Betriebszustand eines
Systems – wurden aber auch die konkreten Verstrickungen jener Konzeptbildung
selbst sichtbar. Derartige Störfälle prägen auch die Geschichte der
NegativKarriere Institutionskritik, besonders im Hinblick auf seine
Verflechtung mit der Guggenheim Stiftung. Serge Guilbaut zeigte die Strategien
der Entneutralisierung durch Engführung künstlerischer Autonomie und
politischer Hegemonieforderungen am Beispiel der Verlagerung des Zentrums
moderner Kunst von Paris nach New York durch die Lancierung des Abstrakten
Expressionismus. Die Entfernung eines Hauptwerkes von Daniel Buren aus der
Ausstellung Guggenheim International hingegen verdeutlichte die Unhaltbarkeit
einer solchen KulturGeopolitik zum Zeitpunkt der Etablierung der
Institutionskritik. Einer Rekapitulation des Ereignisses der anschließenden
Absage einer Einzelausstellung von Hans Haacke im Guggenheim Museum New York
entnahm ich zwei für die aktuellen institutionskritischen Strategien
maßgebliche Aspekte: eine Performanz des Kollektiven in der Vermischung von
Kunst und Protestkultur (AWC) sowie „die Kunst, nicht dermaßen regiert zu
werden“, die räumlichpolitischökonomische Tatsache jeder Kunstpraxis als
Selbsterkenntnis der Erkenntnis der Institutionskritik. Ein Hauptbeispiel der
gegenwärtigen „Welle“ belegt die grundlegende Rezeption und Erweiterung früher
Institutionskritik durch ihre ‚Nachfahren’: Die Kommunikations und
Aktionsplattform 16 Beaver richtet ihre gemeinsam mit Brian Holmes
konzipiertes Diskursprogramm Continental Drift nicht nur an der Haackeschen
Performanz des Kollektiven aus, sondern erweitert seine Entneutralisierung mit
den Mitteln der Scheinfaktizität und interventionistische Appropriation, der
Modularität und des Experiments. Holmes’ Rede von Geopoetics und
Extradisziplinarität korrigiert meiner Ansicht nach den Rogoffschen
Kritikalitätsbegriff. Aber auch „das Kapital“ hat sich seit der von Guilbaut
untersuchten Zeit natürlich verändert. In einem dritten Schritt stellte ich
die These von der Kontinentaldrift der Kritikalität der Publikation Afflicted
Powers: Capital and Spectacle in a New Age of War der Gruppe Ret ort
gegenüber. Die Feindschaft innerhalb und gegenüber ideologischer
Herrschaftsansprüche im aktuellen gesellschaftlichen ‚Bildraum’ motiviert ihre
These vom effektiven Eintritt des Spektakels in die Formation realer
neokolonialer Katastrophen als Wiederkehr vergangener primitiver Akkumulation.
Theoretisch untermauert ist diese Praxis der kulturellen Opposition von
Chantal Mouffes Überführung des Konzepts des Antagonismus in die Position des
Agonismus, der Anerkennung eines mit dem Gegner geteilten symbolischen Feldes.
Institutionen treten in dieser Lektüre Gramscis durch Mouffe als temporäre und
abhängige hegemoniale Praktiken wahrnehmbar, deren Reform in die Verantwortung
des „organischen“ Intellektuellen fällt. Das Prinzip der Organizität als
EntEntfremdung liegt auch der künstlerischen Strategem der Ortsspezifik zu. Im
Hinblick auf die Globalisierung jener Orte lieferte Miwon Kwon die
entscheidende genealogische Analyse, die zur Feststellung des „Unhinging“
(Herauslösen) der spezifischen Praxis durch die „Itinerant Artists“, die
reisenden KünstlerInnen, in den 1990er Jahren führt. Dieses Argument des
Itinerary kontrastierte ich mit der Praxis der Peripatetik, die meines
Erachtens die dezidiert produktive Qualität jener Mobilisierung von
KünstlerInnen genauer erfasst. Dafür ist es jedoch notwendig auch die
Verschiebungen in Verständnis und Wirkungszusammenhang von Produktivität zu
verstehen. Maurizio Lazzaratos Theorie der immateriellen Arbeit wird hier
unverzichtbar. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um die Kritik
der Kreativität, wie sie von Boltanski / Chiapello popularisiert worden,
analysiert er die Überschreitung von „Arbeit“ im herkömmlichen Sinn durch den
Einsatz von Kreativität als Wertschöpfungsstrategie. Die Errungenschaft von
Lazzaratos Analyse des „ästhetischen Produktionsmodells“ ist, dass sie seine
künstlerische Kritik nicht strukturell von der Sozialkritik abkoppelt. Mit dem
„Werkzeug“ dieser „Ermöglichung“ der Kritik auch von kulturellen
Arbeitsbedingungen im Kontext des transnationalen Spätkapitalismus erscheint
der viel zitierte „BilbaoEffekt“ in neuem Licht. In meiner zentralen
Fallstudie jenes Diskurses bemängelte ich die unzureichende Einbeziehung
künstlerischer und alternativinstitutioneller Faktoren. Entlang der Stichworte
Grenzwerte, Abgrenzungen und Grenzüberschreitungen schlug ich eine neue Lesart
des „BilbaoEffekts“ in einer „postKrensianischen“ Ära vor. Erstens eine
Schwerpunktverlagerung von Branding und Gentrifizierungsdebatten hin zur
Sichtbarmachung und Analyse des Nexus
DeindustrialisierungDenationalisierungKulturpolitikTerror. Zweitens die
Aufarbeitung und Einbeziehung der mit diesem Komplex in Verbindung stehenden
künstlerischen Traditionslinien, im Fall des Baskenlandes unter anderen das
Werks Jorge Oteizas, seine „Skulptur der räumlichen Unbesetztheit“. Drittens
die Anerkennung und Kontextualisierung neuer dezentral und diskursorientiert
agierender Kunstinstitutionen, wie Consonni, dem Produzenten von Andrea
Frasers BilbaoWerkgruppe. Die Tatsache, dass Frasers Kernprojekt El Museo
unrealisiert verweist nicht nur auf die Unerlässlichkeit eines auf diese Fälle
zugeschnittenen methodischen Instrumentariums sonders vor allem auf die
Notwendigkeit der Neuformulierung institutionskritischer Praxis angesichts des
transnationalen Problemhorizonts. Allan Sekulas Auseinandersetzung
langfristige mit den Spezifika eines Ortes wie Bilbao stellte ich einer
kurzfristigen Besetzung bestehender Diskurse und Ästhetiken entgegen, deren
„Scheitern“ nicht durch die üblichen Zuschreibungen von „authentischer“
lokaler Praxis und „oberflächlicher“ künstlerischer Projektproduktion
verstärkt werden darf. Einige Überlegungen zu Asier Mendizabals Beitrag zum
10. Jubiläum des Guggenheim Museum Bilbao schließlich sollte möglichen Wege
der Dekanonisierung und Verzeitlichung aufzeigen. Als Beispiel einer dritten
Generation institutionskritisch denkend und handelnder KünstlerInnen gibt sein
Werk Nom de Guerre Anlass zu der Annahme von agonistischer künstlerischer
„Gegenmobilität“ als Modell gegenwärtiger Institutionskritik. Was ich als
Repolitisierung der Institutionskritik annahm erweist sich als komplexe
Verschränkung von unmittelbaren politischen Referenzen mit einer grundlegenden
Ambivalenz gegenüber den institutionellen Produktions, Präsentations und
Distributionsbedingungen. Statt der Anwendung „internationaler Idiome“
überprüft es die konkrete baskische Sub und populäre Gegenkultur im Kontext
gegenwärtiger institutioneller Grenzüberschreitungen und verhandelt so die
Spannungen zwischen lokaler und internationaler kunstbetrieblicher Verortung
und Zirkulation. Die tatsächliche Realisierung von Mendizabals Arbeit verweist
schließlich auf die Unentscheidbarkeit der Frage nach den Rändern der Kunst,
nach der Dialektik ihrer institutionellen Ein und Ausschließungen, den
Umlaufbahnen ihrer Produktion und Konsumption.
de
dc.description.abstract
How are contemporary artistic projects critically negotiating the conflictual
condictions of their transnational institutional contexts, and what
conclusions to the concept of institutional critique can be drawn from this?
The subject of my investigation is the problematization of art institutions
through artistic production. The shared context of globalized late capitalism,
its interactions of new artistic strategies and flexibilized administration is
my main focus. Discussing the possibilities of a specific program of
"institutional critique scholarship", I am scetching the processes of
canonization of institutional critique. The notion of failure provides access
to an understanding of the current debates on a "third wave". Departing from a
methodology of cultural analysis (Bal), the aesthetics of artistic production
(Clark) and the geography of art (Harvey), I am outlining the key terminology
of my project - criticism (Foucault), institution (the public), trans-
nationalization (Anderson). This leads me to arguing that the development of
institutional critique is defined by shifts within the concept of critique
rather than the different notions of institution. Thus the teleology of
"phases" need to be replaced by a horizontal model of different institution-
critical practices. Its condition of possibility of Irit Rogoff's concept of
criticality. The geopolitical and economic implications of institutional
critique itself shall be exposed in the interwoven histories of the artistic
movement and the Guggenheim Foundation (Buren, Haacke, 16 Beaver). The
opposition within and towards ideological claims to power can be theoretized
with Chantal Mouffe's development of the concept of antagonism towards the
position of agonism, the recognition of a shared symbolic field with the
enemy. In her reading of Gramsci institutions are perceived as temporary and
dependent hegemonic practices; its reform is the main responsibility of the
"organic intellectual". The principle of organicity is underpinning also the
stratagem of site specificity that Miwon Kwon has contrasted with the
increasing mobilization of artists. To capture the productive quality of that
mobility Maurizio Lazzarato's theory of immaterial labor is indispensable. His
critique of working conditions in the cultural field of transnational late
capitalism sheds new light on the "Bilbao effect". In this case study I
examine the nexus deindustrialization-cultural politics-terrorism, some
related artistic traditions (Oteiza) and the decentralized 'new' art
institutions, such as Consonni, the producer of Andrea Fraser's Bilbao pieces.
The fact that Frasers "El Museo" remains unrealized highlights the necessity
of a new theory of institution-critical practice that gives evidence to the
transnational horizon. Some thoughts on Asier Mendizabal's contribution to the
10th anniversary of the Guggenheim Museum Bilbao seek possible ways of
decanonization and temporalization of the "Bilabo effect". What I expected to
be a re-politicization of institutional critique proved to be a much more
complex interweaving of direct political reference and the negotiation of
tensions between local and global positionality, a fundamental ambivalence
towards the institutional production, presentation and distribution of art.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Institutional Critique
dc.subject.ddc
700 Künste und Unterhaltung
dc.title
Blurring the boundaries? Institutionskritik im transnationalen Raum
dc.contributor.contact
moritz@blurringtheboundaries.net
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Gregor Stemmrich
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Tom Holert
dc.date.accepted
2010-08-20
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000095220-1
dc.title.translated
Blurring the boundaries? Institutional Critique in Spaces of Conflict
en
refubium.affiliation
Geschichts- und Kulturwissenschaften
de
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FUDISS_thesis_000000095220
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