Im Rahmen der an die PISA 2009-Erhebung angegliederten Studie Determinanten der Lesekompetenz (DELKO) wurden drei empirische Studien zur Untersuchung linguistischer Prädiktoren des Hörverstehens in einer Erst- (L1) bzw. Zweitsprache (L2) sowie dem Zusammenhang zwischen Hör- und Leseverstehen durchgeführt. Ziel war eine Klärung der Herausforderungen, denen Schülerinnen und Schülern beim Hörverstehen in einer Zweitsprache begegnen. Weiterhin wurden die Abgrenzbarkeit und die Ausprägung bildungs- und alltagssprachlicher Hörverstehenskompetenzen bei Jugendlichen mit unterschiedlicher Herkunftssprache vergleichend untersucht. In allen drei Studien wurden Schülerinnen und Schüler mit deutschem, türkischem sowie anderem nicht- deutschen Sprachhintergrund einbezogen. Die Ergebnisse der ersten Studie erbrachten Hinweise darauf, dass die Hörverstehensleistung in einer Erst- bzw. Zweitsprache im Wesentlichen von denselben Prädiktoren bestimmt wird, L2-Jugendliche allerdings im Mittel schwächere Hörverstehenskompetenzen aufweisen als L1-Schülerinnen und -Schüler. Mit dem Wortschatz und den morpho- syntaktischen Kenntnissen haben diejenigen Prädiktoren einen Effekt auf die Hörverstehensleistung, die für die Bildung einer mentalen Repräsentation des Hörtextes entscheidend sind. Insbesondere L2-Jugendliche mit türkischer Herkunftssprache weisen bei diesen Prädiktoren gegenüber L1-Schülerinnen und -Schülern schwächer ausgeprägte Kompetenzen auf. Wie Teilstudie 2 zeigt, scheinen Nachteile in sprachlichen Kompetenzen bei L2-Jugendlichen mit einer anderen Herkunftssprache als Türkisch vornehmlich auf den niedrigen sozioökonomischen Status dieser Gruppe zurückführbar zu sein. Für L2-Jugendliche mit türkischer Herkunftssprache finden sich hingegen auch unter Berücksichtigung des sozialen Hintergrunds persistierende Schwächen im Hörverstehen sowie dessen Prädiktoren. Da in allen Sprachgruppen das Hörverstehen eng mit dem Leseverstehen verbunden ist, ist denkbar, dass diese Schwächen auch Disparitäten im Leseverstehen mit bedingen. Teilstudie 3 zeigt auf, dass L2-Jugendliche im Mittel schwächere bildungs- und alltagssprachliche Hörverstehenskompetenzen aufweisen als L1-Jugendliche, wobei die Differenzen im alltagssprachlichen Hörverstehen ausgeprägter sind. Auf Basis dieser Befunde wurde in einer Zusatzstudie die Rolle des bildungs- und des alltagssprachlichen Wortschatzes für das Hörverstehen näher untersucht. Es zeigt sich, dass Unterschiede im alltagssprachlichen Wortschatz ausgeprägter sind als Unterschiede im bildungssprachlichen Wortschatz. Eine mögliche Ursache für diesen Befund liegt im Ausmaß des Kontakts zu den unterschiedlichen Wortschatzfacetten in der Zweitsprache.
Within the research project “Determinanten der Lesekompetenz (DELKO)” (Determinants of Reading Comprehension), three studies were carried out to investigate linguistic determinants of listening comprehension as well as the effects of listening comprehension on reading competencies in first-language (L1) and second-language (L2) students. The studies aimed at analyzing the specific challenges students encounter in second-language listening. Furthermore, the separability and peculiarity of academic and everyday listening competencies in L1 and L2 students was tested empirically. Results from the first study indicate that listening comprehension in L1 and L2 adolescents is influenced by the same set of linguistic determinants, but that L2 students show weaker listening comprehension skills than their L1 peers. For all language groups, vocabulary and morpho-syntactic knowledge, i.e. determinants that are needed to generate a mental representation of a listening texts’ gist, had a strong impact on students’ listening skills. At the same time, especially L2 students with Turkish as a first language exhibited poorer performance than L1 students on measures of these determinants. Study 2 shows that performance differences between L1 students and L2 students who speak another language than Turkish as a first language mainly result from the lower socioeconomic background of the latter group. For L2 students with Turkish as a first language, however, performance disadvantages persist even after controlling for students’ socioeconomic status. As listening comprehension is strongly associated with reading comprehension in all language groups, these performance disadvantages may also impact L2 students’ reading skills. Study 3 shows that L2 adolescents exhibit weaker academic as well as everyday listening skills compared to their L1 peers. Contrary to what was expected, the performance differences were more pronounced for students’ everyday listening comprehension. Based on these results, study four explores the impact of academic and everyday vocabulary on listening comprehension. Findings indicate that L1 and L2 students differ more strongly in terms of everyday vocabulary than in academic vocabulary. These results may possibly explained by the differing exposure L2 students have to the respective facets of L2 vocabulary. The studies point out that the same set of linguistic determinants has effects on L1 students’ and L2 students’ listening comprehension while especially L2 students with Turkish as a first language exhibit persistent weaknesses in terms of these determinants. The poorer performance of L2 students not only pertains to their academic listening skills, but also to their everyday listening skills which teachers often assume to be well developed. The implications of these results for educational practice, especially in terms of fostering students’ listening comprehension skills, as well as for future research are discussed.