Im Gegensatz zur Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen handelt es sich bei oralen Kontrazeptiva (OCs) um eine elektive Arzneimittelanwendung durch gesunde Frauen über einen zumeist längeren Zeitraum. Eine adäquate Aufklärung ist hier besonders wichtig, damit sich Frauen vor und während der Anwendung über Nutzen und Risiken bewusst sind. Evidenzbasierte Informationsmaterialien sollen den wissenschaftlichen Kenntnisstand möglichst umfassend und aktuell vermitteln. Die Gewichtung der Inhalte erfolgt idealerweise anhand der Informationsbedürfnisse der Zielgruppe. Eine alternative Methodik zur inhaltlichen Priorisierung ist der am Anwenderverständnis orientierte „Mental Models Approach“. Die vorliegende kumulative Dissertationsarbeit hat zum Ziel – am Beispiel von Nutzen und Risiken von OCs – zu prüfen, ob eine Modifikation evidenzbasierter Informationsmaterialien entsprechend des Mental Models Approachs die Wissensvermittlung in der Arzneimittelaufklärung relevant verbessern kann. In einer explorativen Studie wurden zunächst die Informationsbedürfnisse zum Nutzen-Risikoprofil von OCs aus Sicht junger Frauen identifiziert und der wahrgenommene und tatsächliche Wissensstand erhoben. Bereits hier zeichnete sich ein erhebliches Informationsdefizit ab: Im Gegensatz zur eher positiven Selbsteinschätzung der eigenen Informiertheit fiel die Selbsteinschätzung und auch die Wissensmessung auf Detailebene deutlich ungünstiger aus. Dennoch zeigten die Teilnehmerinnen ein hohes Interesse an vielen Aspekten des OC- Wirkspektrums. Im Rahmen des Mental Models Approachs wurde durch Interviews erhoben, wie Frauen die Nutzen und Risiken der OCs bewerten. Ein Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zeigte auch hier Missverständnisse und Wissensdefizite auf und führt zu der Schlussfolgerung, dass vor allem langfristige, irreversible Risiken von OCs befürchtet werden und deshalb im Mittelpunkt von Informationsmaterialien stehen sollten. Entsprechende Beratungsinhalte scheinen in der gynäkologischen Praxis wenig Raum bei der Aufklärung einzunehmen, wie eine Fragebogenuntersuchung mit Gynäkologen zeigte. Für die nachfolgende Vergleichsstudie wurden zwei Versionen eines ausführlichen Informationsmaterials erstellt. Die erste Version entspricht den Standardanforderungen an evidenzbasierte Patienteninformationen, die zweite Version wurde anhand der Erkenntnisse des Mental Models Approachs modifiziert. Beide Materialien konnten einen robusten und anhaltenden Wissensgewinn erzeugen. Eine Überlegenheit des modifizierten Materials konnte nur in der Tendenz aufgezeigt werden. Die Evidenz ist somit noch nicht ausreichend, um eine allgemeine Empfehlung zugunsten von Informationsmaterialien, die mit Hilfe des Mental Models Approachs erarbeitet wurden, auszusprechen. Das Angebot von ausführlichen Informationsmaterialien wurde jedoch unabhängig vom zugrunde liegenden Kommunikationsansatz von den Teilnehmerinnen klar befürwortet und wird daher zur Unterstützung des ärztlichen Aufklärungsgesprächs empfohlen.
Women should be knowledgeable about the benefits and risks of any drug, including combined oral contraceptives (COCs). For future and current users this is a prerequisite for their informed consent and safe use – this is especially important given the fact that COCs are drugs that may be used on a long-term basis by a mainly healthy population. Evidence-based patient information should communicate the current scientific knowledge comprehensively. The scoping of the content follows ideally the information needs of the target audience. The lay knowledge based ‘’mental models approach’ is an alternative approach for content prioritization. This thesis aims to test – exemplarily for the benefits and risks of oral contraceptives – if a modification of evidence-based patient information brochures with the methodology of the mental models approach can improve the education about drugs meaningfully. An exploratory study initially identified the information needs of young women about the benefit-risk-profile of COCs and gathered their perceived and actual state of knowledge. A considerable knowledge gap became apparent already at this stage of the research: in contrast to a rather positive assessment how well participants felt to be informed, the perceived and actual knowledge about specific effects of COCs was poor. However the participants reported a high level of interest in many aspects of COC effects. For the purposes of the mental models approach it was investigated by in-depth interviews how women understand the benefits and risks of COCs. A comparison with the current scientific knowledge showed again misperceptions and knowledge gaps and led to the conclusion that women are mainly concerned about assumed long-term irreversible risks of COCs. Any information materials should therefore focus on these concerns. In the daily gynaecological practise, these counselling aspects seem to get little attention, as a questionnaire-based qualitative study with gynaecologist indicated. Two versions of a comprehensive information brochure were developed for a subsequent comparative study. The first brochure was based on standard recommendations for evidence- based patient information. This was restructured and modified according to the mental models approach for the second brochure. Both brochures induced a robust and sustained knowledge improvement. The anticipated superiority of the modified brochure was only seen as a trend. The evidence is not yet sufficient to give a general recommendation to develop information material on the basis of the mental models approach. The use of detailed evidence-based information brochures – irrespective of the underlying risk communication approach – was appreciated by the participants and can be supportive for the drug counseling by clinicians.