Die Auseinandersetzung des Immunsystems mit neoplastischen Zellen ist seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Im Wesentlichen gibt es zwei Hauptannahmen zu dieser Interaktion. Die eine Theorie besagt, dass das Immunsystem durch Entzündungsreize, wie zum Beispiel Zytokine, zu Proliferation und Metastasierung eines Tumors beitragen kann (Immunstimulation); die andere Theorie hingegen geht davon aus, dass das Immunsystem einen protektiven Effekt hat und das Tumorwachstum überwachen und, wenn vielleicht nicht komplett verhindern, so doch zumindest eingrenzen kann (Immunosurveillance). In der vorliegenden Habilitationsschrift wurden zwei wesentliche Elemente der Interaktion zwischen Tumor und Immunsystems näher untersucht: Antigen (Ag)-spezifische T-Zellen und Ag-präsentierende Zellen. Diese Zellpopulationen spielen sowohl für die spontane Entwicklung Tumor- gerichteter Immunantworten als auch für Entwicklung immuntherapeutischer Strategien gegen Tumoren eine wichtige Rolle. Bis vor einigen Jahren war es unklar, ob T-Zellen, die sich spezifisch gegen Tumor-assoziierte Antigene (TAA) richten, im Blut von Tumorpatienten ohne vorherige Immuntherapie vorhanden sind. Wir konnten nachweisen, dass solche spezifischen T-Zellen im peripheren Blut von Kolorektalkarzinom (CRC)-Patienten existieren. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass sich im peripheren Blut von CRC-Patienten deutlich häufiger TAA-spezifische T-Zellen finden lassen als im Blut von Mammakarzinompatientinnen. Die Ursache für diese Beobachtung bleibt unklar, könnte jedoch im unterschiedlichen Tumor-Mikroenvironment oder in einem unterschiedlichen Homing-Verhalten der T-Zellen liegen. Die gegen die TAA CEA, EpCAM und her-2/neu gerichteten T-Zellen beim CRC konnten einem zytotoxischen Zelltyp zugeordnet werden. Es war zudem besonders auffällig, dass diese T-Zellen signifikant häufiger im metastasierten Stadium des CRC auftraten. Lymphknotenkontakt des Tumors als Voraussetzung für die Entwicklung einer T -Zell-Antwort und Tumor Escape Mechanismen sind potentielle Ursachen für diesen Befund. Ein Überlebensvorteil für die Patienten mit spontanen TAA- spezifischen T-Zellen im peripheren Blut konnte nicht gezeigt werden. Ebenso konnte kein direkter Zusammenhang der systemischen, TAA-spezifischen T-Zell- Antwort mit einer lokalen Infiltration durch regulatorische T-Zellen (Treg) nachgewiesen werden. Interessanterweise war die Treg-Infiltration im Tumor signifikant erhöht im limitierten Stadium des CRC, in dem wiederum auch weniger häufig systemische, TAA-gerichtete T-Zell-Antworten beschrieben sind. Dies könnte ein Hinweis auf einen indirekten Zusammenhang zwischen den beiden Zell-Populationen sein. Eine der mittlerweile gängigsten Methoden zur Analyse TAA-spezifischer T-Zellen ist die Tetramer-Färbung. In einer Methodenarbeit haben wir herausgearbeitet, dass CD20 und CD4 als Marker für eine negative Selektion zur Erhöhung der Spezifität des Assays verwendet werden können. In der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Aspekte Ag-präsentierender Zellen (APC) mit besonderem Bezug zu tumorimmuntherapeutischen Überlegungen untersucht. Im Rahmen von Vakzinierungen gegen maligne Erkrankungen werden häufig reife DC verwendet, um eine besonders starke Immunantwort zu induzieren. Wir haben das Zytokin-Repertoire, das während der Reifung der DC sezerniert wird, mittels Protein-Profiling Assays untersucht und dabei Zytokine und Chemokine nachgewiesen, die die Ag-Aufnahme und die Aktivierung des unspezifischen Immunsystems vermitteln (TNF[alpha], IL-10, IL-12, IFN[gamma]), verschiedene Immunzellpopulationen anlocken (MIP1[alpha], MIP1[beta], IL-8, MCP-1, MDC, RANTES, MIG, IP-10, Eotaxin) und schließlich T-Zellen aktivieren (IL-2, IL-6, IL-7). Es ist anzunehmen, dass sich die DC während einer in vitro Reifung in Bezug auf ihre Zytokinausschüttung erschöpfen. APC selbst sind in vivo auch einer Vielzahl von Zytokinen und Chemokinen im Rahmen eines Entzündungsprozesses oder einer Tumor-Immunsystem- Interaktion ausgesetzt. In einer Genexpressionsanalyse haben wir gezeigt, dass LPS-aktivierte mononukleäre Phagozyten (MP) durch eine große Bandbreite von Zytokinen und Chemokinen stark polarisiert stimuliert werden. Zwei Zytokinhauptklassen wurden identifiziert, die entweder den klassischen (IFN[gamma], M1) oder den alternativen Weg (IL-4, M2) der MP Aktivierung induzierten. Unsere Befunde legen zudem eine zentrale Rolle des NF[kappa]B in der Steuerung der MP-Aktivierung/Differenzierung nahe. Neben der Zytokin-APC- Interaktion ist auch eine effektive Epitoppräsentation für die Ausprägung einer Immunantwort wichtig. Wir haben ein rekombinantes Vacciniavirus als Vektor verwendet, um das TAA gp100 in DC zu expremieren. Das Ag ließ sich in reifen und unreifen DC vergleichbar gut expremieren. Die Reifungsmarker der DC wurden nach der Infektion nur wenig herunterreguliert. Die spezifische T-Zell- Stimulation war mit dem nativen gp100 Epitop g209 jedoch sehr gering, konnte allerdings durch Verwendung des modifizierten, stärker HLA-bindenden gp100 Epitops g209-2M wiederhergestellt werden. Die direkte T-Zell-Stimulation durch reife und unreife DC war dabei gleich. Eine rVV-Infektion zur Expression von Ag kann also durchaus nach der DC Reifung erfolgen. In einer weiteren Analyse fanden wir, dass die erhöhte HLA-Affinität des modifizierten gp100 Epitops sogar eine geringere proteasomale Spaltung kompensieren kann. Die HLA- Affinität des Epitops scheint einer der zentralen Punkte für die Aktivierung von T-Zellen zu sein. Schließlich haben wir in einer Übersichtsarbeit, die über 500 Patienten mit metastasiertem CRC einschloss, die klinische und immunologische Wirksamkeit einer aktiven spezifischen Immunisierung evaluiert. Während sich humorale und zelluläre Immunantworten bei etwa 50% der Patient zeigten, fand sich nur bei etwa 1% der Patienten ein komplette oder partielle Remission des CRC. Die Debatte um Immunstimulation und Immunosurveillance von Tumoren wird nicht so bald beendet sein. Wahrscheinlich treten im zeitlichen Verlauf einer Tumorerkrankung gegensätzliche tumortoxische wie proliferogene - Funktionen des Immunsystems auf. Hier wurde gezeigt, dass das CRC grundsätzlich ein immunogener Tumor ist, gegen dessen Antigene sich eine spontane T-Zell-Antwort entwickeln kann. Es scheinen bisher jedoch weder die spontanen noch die Vakzine-induzierten T-Zell-Antworten im peripheren Blut einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu haben. Es wird aber auch klar, dass das Immunsystem ein großes Potential für die Erkennung und damit die Behandlung von Tumoren hat. Die vorgelegten Arbeiten leisten wichtige Beiträge nicht nur zur Analyse TAA-spezifischer T-Zellen bei Tumoren sondern auch zum Verständnis der Rolle der Zytokine bei der Aktivierung Ag- präsentierender Zellen und zu Mechanismen der Epitop-Präsentation durch DC. Diese Informationen stellen Grundlagen für die rationale, dringend notwendige Weiterentwicklung immuntherapeutischer Ansätze bei malignen Erkrankungen dar.
The interaction between immune system and malignant cells has been a matter of scientific debate for decades. There are basically two major theories regarding this interaction. One assumption is that the immune system may contribute to tumor proliferation and spread by inflammational stimuli, e.g. cytokines (immunostimulation); the other theory is based on the assumption that the immune system has got a protective effect and is able to control tumor growth (immunosurveillance). Two main elements of the interaction between tumor and immune system were analyzed in-depth in the present work ( Habilitationsschrift ): antigen (Ag)-specific T cells and Ag-presenting cells. These two cell populations play an important role for spontaneous development of tumor-directed responses as well as for rational development of immunotherapeutic strategies against tumors. For a long time it has been unknown whether T cells specifically directed against tumor-associated antigens (TAA), exist in peripheral blood of tumor patients without prior immunotherapy. We have shown that TAA-specific T cells exist in peripheral blood of patients with colorectal cancer (CRC). Additionally we found that TAA-specific T cells were significantly more often found in colorectal cancer patients than in breast cancer patients. The reason for this observation remains unknown. Different tumor microenvironments or different T cell homing behavior could be possible explanations. T cell responses directed against TAA CEA, EpCAM, and her-2/neu were identified as cytotoxic phenotype. Furthermore, it was very interesting to see that these T cell responses were significantly more frequent in patients with metastatic CRC than in limited CRC. Lymph node involvement as prerequisite for the development of specific T cell responses and tumor escape mechanisms are potential reasons for this observation. A survival benefit for patients with systemic TAA-directed T cell responses was not shown. Furthermore, no direct correlation was found between systemic TAA- specific T cell response and local infiltration by regulatory T cells (Treg). Interestingly, Treg infiltration in the tumor was significantly increased in limited stage of CRC, in which in turn TAA-directed T cell responses are less frequently described. This might indicate an indirect interrelation between these two T cell populations. One well-established method for analyzing TAA- specific T cells is tetramer staining. We have described that CD20 and CD4 may be used as markers for negative selection to increase the specificity of this assay. In the present work various aspects of Ag-presenting cells (APC) were analyzed with specific regard to immunotherapeutic considerations. Mature DC are often used for immunization against malignant diseases to induce strong immune responses. We analyzed the cytokine repertoire, which is secreted during DC maturation, by protein profiling assays. At this, we found cytokines and chemokines, which mediate Ag-uptake and activation of the innate immune system (TNF[alpha], IL-10, IL-12, IFN[gamma]), which attract various immune cell populations (MIP1[alpha], MIP1[beta], IL-8, MCP-1, MDC, RANTES, MIG, IP-10, Eotaxin) and, eventually, activate T cells (IL-2, IL-6, IL-7). It can be assumed that DC exhaust during in vitro maturation with regard to their cytokine secretion. APC are in vivo confronted with numerous cytokines and chemokines during an inflammation or during a tumor/immune system interaction. In a gene expression analysis, we have shown that LPS-activated mononuclear phagocytes (MP) are stimulated and polarized by a broad range of cytokines and chemokines Two major cytokine classes were identified, which either induced the classical (IFN[gamma], M1) or the alternative pathway (IL-4, M2) of MP activation. Our findings additionally suggest a central role of NF[kappa]B in controlling MP-activation/differentiation. Besides cytokine-APC-interaction, also an effective epitope presentation is important for the occurrence of an immune response. We used a recombinant vaccinia virus as a vector to express TAA gp100 in DC. The Ag was expressed at similar levels in both mature and immature DC. DC maturation markers were only minimally down regulated after infection. Specific T cell stimulation was very low with the native gp100 epitope g209; it was, however, restored by using the modified, gp100 epitope g209-2M, which has a stronger HLA-binding. Direct T cell stimulation by mature and immature DC was similar at this point. An rVV infection to express Ag may, thus, follow the DC maturation. In a further analysis, we found that increased HLA affinity of the modified gp100 epitope may even compensate for less proteasomal cleavage. HLA-affinity of epitopes seems to stand at the center of T cell activation. Finally, we evaluated clinical and immunological responses after active specific immunization in a review, which included more than 500 patients with metastatic CRC. While 50% of patients showed a humoral or cellular immunological response only 1% of patients had a complete or partial clinical remission after vaccination. The debate on immunostimulation and immunosurveillance of tumors will not be resolved in a near future. It seems probable that various, partly opposing tumor toxic as well as tumor growth supporting immunological functions appear during the time course of a malignant disease. It was shown that CRC is an immunogenic tumor and that spontaneous T cell responses may develop against its Ags. So far, neither spontaneous nor vaccine-induced T cell responses in peripheral blood seem to substantially influence the course of disease. However, it is clear that the immune system has got a great potential for detection and, thus, treatment of tumors. The presented scientific works contribute to the analysis of TAA- specific T cells in tumors and to the understanding of the role of cytokines in the activation of Ag-presenting cells, and mechanisms of epitope presentation by DC. This knowledge represents a basis for the rational development of immunotherapeutic approaches of malignant diseases.