Die forensisch-odontologische Altersdiagnostik bei unbekannten Toten ist traditioneller Bestandteil der forensischen Odonto-Stomatologie. Eine möglichst genaue Alterschätzung stellt neben dem Vergleich zwischen ante- und postmortalen Befundunterlagen eine wesentliche Hilfe bei der Identifizierung unbekannter Toter dar, da frühzeitig eine Eingrenzung des fraglichen Personenkreises möglich wird.
Auf dem Wege der Messung der Ausprägung der Wurzeldentintransparenz ist eine Alterschätzung grundsätzlich möglich und liefert im mittleren Lebensalter (30 60 Jahre) gute Ergebnisse. Mit den Schätzergebnissen sollte nicht unkritisch umgegangen werden, da bei jüngeren Personen eine Tendenz zur Altersüberschätzung, bei älteren zur -unterschätzung besteht. Nach Abgleich der Altersdiagnose mit der Altersschätzung des Obduzenten ist es dem forensisch erfahrenen Zahnarzt möglich, ein entsprechend gutes Schätzergebnis zu erzielen. Die Methode ist mit geringem Kosten- und Zeitaufwand einfach zu handhaben und ermöglicht eine erste Altersdiagnose im Sektionsalltag, wie bei Massenkatastrophen. Ein möglicher Betäubungsmittelmissbrauch oder bekannt gewordene Stoffwechselstörungen der zu untersuchenden Person sind zu erfragen und gegebenenfalls zu berücksichtigen, da hier mit einer beschleunigten und verstärkten Ausbildung der Wurzeldentintransparenz infolge eines früheren Einsetzens und einer wesentlich massiveren Ausprägung der Pulpa-Dentin- Alterung gerechnet werden muss. Zur standardisierten Messung der Wurzeldentintransparenzzone hat sich ein von der Berliner Arbeitgruppe entwickelter, nunmehr in dritter Gerätegeneration zur Verfügung stehender, Transilluminator bewährt.
In den letzten Jahren sind Rechtsodontologen in den deutschsprachigen Ländern zunehmend mit forensischen Altersschätzungen bei lebenden Personen befasst. Der Umfang des einzusetzenden Methodenspektrums richtet sich nach dem Untersuchungsanlass. Da für Röntgenuntersuchungen zur forensischen Altersdiagnostik keine medizinische Indikation besteht, ist für deren Durchführung eine richterliche Anordnung auf der Grundlage des § 81a der Strafprozessordnung erforderlich.
Hauptkriterium der zahnärztlichen Altersschätzung bei Lebenden im Strafverfahren ist die Beurteilung der Weisheitszahnmineralisation. Zur Bestimmung des Mineralisationsstandes der dritten Molaren sollte die Stadieneinteilung von Demirjian et al. (1973) verwendet werden, welche eine das Schätzergebnis anscheinend günstig beeinflussende Anzahl von Mineralisationsstadien unterteilt. Die Verwendung von Stadieneinteilungen, welche nur wenige Stadien unterscheiden, erweist sich in der Alterschätzungspraxis als unvorteilhaft, da wegen des höheren Altersabstandes zwischen den Stadien bei Bestimmung eines falschen Stadiums schnell ein entsprechend großer Schätzfehler resultiert. Die Verwendung von Stadieneinteilungen, welche einerseits durch zahlreiche und andererseits durch vor allem von spekulativen Längenschätzungen geprägte Stadien gekennzeichnet sind, führt ebenfalls zu einer Verschlechterung des Schätzergebnisses. Hierbei scheint der Nachteil der stark subjektiv geprägten Vorgehensweise und der schlechten Abgrenzbarkeit der einzelnen Stadien den Vorteil des geringeren Altersabstandes zwischen den Stadien zu kompensieren.
Zur Erhöhung der Aussagesicherheit sollten bei der Beurteilung der Weisheitzahnmineralisation im Rahmen forensischer Altersschätzungen bei Lebenden populationsspezifische Standards benutzt werden. Offenbar nehmen Kaukasoide hinsichtlich des für das jeweilige Dentitionsstadium ermittelten Lebensalters bezogen auf die überwiegende Anzahl der in der gewählten Altersgruppe vorgefundenen Mineralisationsstadien eine Mittelstellung ein. Offensichtlich sind Mongoloide mit Erreichen der mittleren und höheren Mineralisationsstadien 0,5 bis 3 Jahre älter und Schwarzafrikaner 0,3 bis 2 Jahre jünger als die gleichweit entwickelten Kaukasoiden.
Da die Weisheitszahnmineralisation in der Regel bis zum 19.-20. Lebensjahr ihren Abschluss findet, sind mit Hilfe dieses Merkmals keine Aussagen zur Vollendung des forensisch bedeutsamen 21. Lebensjahrs möglich.
Darüber hinaus erlaubt weder die einzelne noch kombinierte Bestimmung epidemiologisch oder klinisch bedeutsamer Merkmale, wie des DMF- Index, des parodontalen Knochenabbaus sowie der Weisheitszahneruption anhand von Orthopantomogrammen eine Aussage zur Vollendung des 21. Lebensjahres mit der im Strafverfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit.
In Rechtsbereichen, in welchen keine Ermächtigungsgrundlage für die Anwendung von Röntgenstrahlen gegeben ist, wäre eine Diversifizierung des für die forensisch-odontologische Altersdiagnostik zur Verfügung stehenden Methodenspektrums wünschenswert. Unzureichend geklärt ist beispielsweise der Einfluss der Ethnie auf die Weisheitszahneruption.
Im Rahmen eines Projektes unserer Berliner Arbeitsgruppe soll eine vergleichende Untersuchung durchgeführt und die vorhandene Forschungslücke geschlossen werden.
Forensic-odontological determination of the age-at-death of dead, unknown persons is a traditional element of forensic odonto-stomatology. Besides the comparison of documents on ante- and post-mortem findings, an age estimate that is as accurate as possible is an important tool for identifying unknown dead persons, because it allows limiting the group of persons in question.
Age estimation is, in principle, possible by measuring the degree of root dentin transparency; it yields good results for the middle-age group (30 60 years). However, these estimates should not be used uncritically, as there is a tendency to overestimate the age of younger persons and to underestimate the age of older persons. After comparing his age determination with the age estimate given by the post-mortem examiner, a forensically experienced dentist is able to give a correspondingly accurate estimate. This cost-efficient and fast method is easy to use and allows making a preliminary age determination in the every-day practice of post-mortem examinations, such as in catastrophes involving large numbers of victims. Information on possible substance abuse or any known metabolic disorders of the person under examination should be obtained and, if necessary, taken into account, as root dentin transparency is expected to develop faster and more intensely in this case because of an earlier onset and greater extent of pulp-dentin aging. A trans-illuminator, which was developed by a Berlin working group and is now available in its third generation, has proved its worth in standardised measurements of the root dentin transparency zone.
Legal odontologists in German-speaking countries have dealt increasingly with forensic age estimation of living persons in recent years. The range of applied methods depends on the cause of the investigation. Since there is no medical indication for an X-ray examination for the purpose of forensic age determination, a judicial order based on § 81a of the code of criminal procedure is required for carrying it out.
The mineral concentration in wisdom teeth is the main criterion used by a dentist to estimate the age of a living person. The dental development scale according to Demirjian et al. (1973), which subdivides the estimate into a number of mineralisation stages that apparently can be influenced in a positive way, should be used to determine the stage of mineralisation of third molars. The application of staging schemes that distinguish only between a few stages is unfavourable, because determination of the wrong stage tends to result in a larger error, due to the larger spacing between the age-related stages; but the application of staging schemes that are characterized by numerous stages on the one hand and mainly speculative estimates of the duration of the stages on the other also results in poor estimates. In this case, the disadvantage resulting from the intensely subjective procedure and the difficulty of delimiting the individual stages seems to neutralize the advantage of the shorter age intervals between the stages.
Population-specific standards should be used in the forensic estimate of the age of living persons in order to increase the reliability of the assessment of wisdom tooth mineralisation. With respect to the age that is determined for the respective dentition stage, Caucasians obviously occupy an intermediate position relative to the large majority of mineralisation stages identified in the selected age group. When reaching the middle or higher mineralisation stages, Mongoloids are obviously 0.5 to 3 years older and black Africans 0.3 to 2 years younger than Caucasians of the same stage of development.
As the mineralisation of wisdom teeth is usually completed by age 19 or 20, this characteristic cannot be used as an indication of the completion of the forensically significant 21st year of a person s life.
Moreover, neither the individual nor the combined determination of epidemiologically or clinically significant characteristics, such as the DMF index, parodontal bone destruction or wisdom tooth eruption, by means of orthopantomography yields information on the completion of the 21st year of a life with the degree of probability that is required in criminal proceedings.
In legal fields, where specialists do not have the authority to demand the utilization of X-ray examination, a diversification of the range of methods available for forensic-odontological age determination would be desirable. For example, knowledge of the influence of ethnicity on the eruption of wisdom teeth is not yet adequate.