Einleitung: Dass professionelle Musiker nicht nur vielfach und in hohem Maße von körperlicher und psychischer Unversehrtheit abhängen, sondern darüber hinaus musikalische Praxis i.S. eines kausalen Zusammenhanges zu Beschwerden und Erkrankung führen könne, ist eine in der Musikermedizin gängige Annahme. Muskuloskeletale Erkrankungen und Auftrittsangst werden an vielen Stellen der Literatur als die häufigsten Beschwerden beschrieben. Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit soll die bislang publizierte Literatur zu Häufigkeiten und Risikofaktoren muskuloskeletaler Erkrankungen und Auftrittsangst bei professionellen Musikern, sowie die Effekte der dafür angewendeten Behandlungs- und Präventionsverfahren zusammenfassen und kritisch bezüglich der vorhandenen Evidenz evaluieren. Methodik: Mittels elektronischer Recherche über Suchalgorithmen in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE, CINAHL, PsycArticles, PsycInfo und ERIC und Handrecherche der Fachzeitschriften Medical Problems of Performing Artists und der Fachzeitschrift Musikphysiologie und Musikermedizin sowie der Literaturverzeichnisse relevanter Artikel wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Eingeschlossen wurden Fallberichte, Fall-Kontroll-Studien, Kohortenstudien, Querschnittsstudien und Interventionsstudien mit dem primären Outcome Häufigkeiten, Risikofaktoren oder klinische Behandlungseffekte, die an erwachsenen Berufsmusikern incl. Musikstudenten mit muskuloskeletalen Erkrankungen oder Auftrittsangst durchgeführt wurden. Die Selektion der Studien erfolgte nacheinander auf Titel-, Abstract- und Volltextebene. Unter Ausnahme der Fallberichte erfolgte für alle auf Volltextebene selektionierten Studien eine Datenextraktion und Qualitätsbewertung mit standardisiertem Qualitätsbewertungsinstrument durch zwei unabhängige Qualitätsgutachter. Ergebnisse: Für muskuloskeletale Erkrankungen wurden 26 Fallberichte aufgenommen. 1 Fall-Kontroll-Studie, 4 Kohortenstudien, 50 Querschnittsstudien und 9 Interventionsstudien wurden eingeschlossen und der Qualitätsbewertung zugeführt. Für Auftrittsangst wurden 6 Fallberichte aufgenommen. 1 Kohortenstudie, 9 Querschnittsstudien und 18 Interventionsstudien wurden eingeschlossen und der Qualitätsbewertung zugeführt. Aufgrund großer Heterogenität in Studiendesign, Begriffsbenutzungen und erhobenem Outcome, sowie relevanten methodischen Mängeln können insgesamt keine Häufigkeiten, Risikofaktoren oder Effektivität einzelner Behandlungsverfahren nachgewiesen werden. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Musizieren und muskuloskeletalen Beschwerden kann nicht gezeigt werden. Schlussfolgerung: Diese Übersichtsarbeit legt nahe, dass im Bereich muskuloskeletaler Erkrankungen wie auch Auftrittsangst bei professionellen Musikern keine ausreichende wie hochwertige Evidenz zu Häufigkeiten, Risikofaktoren und Behandlungsverfahren vorhanden ist, um verlässliche diesbezügliche Aussagen zu treffen oder Konsequenzen für die Praxis ziehen zu können. Für den Bereich Auftrittsangst sollte eine einheitliche Definition verbunden mit diagnostischen Kriterien entwickelt werden. Für beide Krankheitsbilder ist die Entwicklung objektiver, valider und reliabler Outcome-Messinstrumente notwendig. Qualitativ hochwertige, größere prospektive (Langzeit)-Studien sind für den Nachweis von Kausalitäten unumgänglich. Zur Evaluierung von Behandlungsverfahren bedarf es hochwertiger Interventionsstudien an größeren Gruppen erkrankter Musiker.
Introduction: It is a common assumption in Musicians’ Medicine that professional musicians not only depend on their physical and psychological integrity but also that musical practice may lead to complaints and disorders. Most commonly described in the relevant literature are musculoskeletal disorders and performance anxiety. This systematic review aims at summarizing and critically evaluating the literature concerning frequency and risk factors for performance anxiety and musculoskeletal disorders in professional musicians as well as the applied methods of treatment and prevention. Methods: MEDLINE, EMBASE, CINAHL, PsycArticles, PsycInfo and ERIC were searched electronically via search algorithms and Medical Problems of Performing Artists and Fachzeitschrift Musikphysiologie und Musikermedizin were searched manually. Case reports, case-control studies, cohort studies, cross-sectional studies and intervention studies with the primary outcome being frequency, risk factors or clinical effects of treatment and with adult professional musicians and music students, who were suffering from either musculoskeletal disorders or performance anxiety were considered for inclusion. The selection of studies was performed successively screening titles, abstracts and full texts. On all selected full texts, except for the case studies, data extraction and quality assessment by two independent quality raters using a standardized quality assessment tool was performed. Results: Concerning musculoskeletal disorders 26 case studies were included and 1 case control study, 4 cohort studies, 50 cross-sectional studies and 9 interventional studies were included and underwent quality assessment. Concerning performance anxiety 6 case studies were included and 1 cohort study, 9 cross-sectional studies and 18 interventional studies were included and assessed for quality. Due to the heterogeneity in study design, usage of terminology and outcome surveyed, as well as relevant methodological flaws, neither frequency, nor risk factors, nor efficiency of certain treatment paths could be proven. No causality between making music and musculoskeletal disorders could be demonstrated. Conclusion: This systematic review suggests that with regards to musculoskeletal disorders and performance anxiety in professional musicians, currently there exists no sufficient high-quality evidence concerning frequency, risk factors or efficiency of treatment. A uniform definition for performance anxiety based on diagnostic criteria should be established. For both disorders it is necessary to develop objective, valid and reliable outcome measures as well as to implement high-quality prospective (long-term) studies in order to demonstrate causalities. To evaluate the potential efficiency of treatment paths high-quality interventional studies need to be conducted examining bigger groups of musicians affected by the aforementioned disorders.