Die Dissertation untersucht die Frage nach den möglichen Strafwirkungen der Untersu-chungshaft und ihren Bedingungen. Die Arbeit besteht aus fünf Kapiteln: Das erste Kapitel, mit dem Titel „Meinungsstand, Be-griff und Verlauf der Untersuchung“, dient der Einführung in das Thema. Es gibt kurz den vorherrschenden Meinungsstand zur Untersuchungshaft in Rechtsprechung und Literatur wie-der, definiert den Begriff der „bedingten Strafe“ und stellt anschließend den Verlauf der Un-tersuchung dar. Im zweiten Kapitel („Untersuchungshaft und Anrechnung“) geht es darum, ob die Anrech-nung von Untersuchungshaft auf Strafe (vgl. § 51 I StGB), die eine gewisse Vergleichbarkeit oder sogar Gleichartigkeit von Untersuchungshaft und Strafe zu suggerieren scheint, strafthe-oretische Wirkungen evoziert. Das dritte Kapitel trägt den Titel „Untersuchungshaft und prozessuale Strafeffekte“. Es be-handelt den Tatverdacht, die Haftgründe und die Verhältnismäßigkeitsklausel. Hier wird die gesetzliche Ausgestaltung der Untersuchungshaft auf nicht intendierte, straftheoretische Ef-fekte, wie Vorverurteilungen und Schuldantizipationen, aber auch auf präventive Aspekte überprüft. Die ersten Kapitel machen eine weitere Betrachtungsebene nötig. Deshalb wird im vierten Kapitel unter der Überschrift „Untersuchungshaft und Verfassungs- bzw. Menschenrechte“ diskutiert, ob und inwieweit der Untersuchungshäftling durch das Freiheitsrecht (vgl. Art. 2 II 2, 104 GG) und das Schuldprinzip bzw. die Unschuldsvermutung (vgl. Art. 20 III, 1 I, 2 I GG bzw. Art. 6 I, II EMRK) vor strafenden Einwirkungen geschützt ist. Das abschließende, fünfte Kapitel enthält das Ergebnis, dass die Untersuchungshaft als be-dingte Strafe verstanden werden kann. Denn sie weist - trotz ihrer Vorläufigkeit - sozial-ethisch missbilligende, general- und spezialpräventive Effekte auf. Durch die Anrechnung, die stets einen Schuldspruch verlangt (vgl. § 51 I 1 StGB), werden diese Effekte quasi nachträg-lich legitimiert. Das hat jedoch zur Folge, dass die Anrechnung nicht nur die zu begrüßende Kürzung der Freiheitsentziehung bewirkt, sondern dadurch, dass sie das normative Differenz-kriterium negiert, auch irreparable Nachteile für den Untersuchungshäftling mit sich bringt.
This doctoral thesis analyses the law governing pre-trial detention in Germany with regard to potentially penal effects and their conditions. The study consists of five chapters: The first chapter serves as an introduction into the subject. It shortly summarises the status of the discussion in academia and jurisprudence, defines the term “conditional punishment” and finally outlines the structure of the thesis. The second chapter deals with the question if crediting periods of remand in custody as time served of the sentence (§ 51 I StGB) evokes a certain comparability or even similarity of pre-trial detention and punishment. Considering theories on the aims of punishment, it may be the crediting itself that is the reason for some penal effects. The third chapter is headed “pre-trial detention and penal effects of criminal proceedings”. It examines the effects of the suspicion, the grounds for detention and the principle of propor-tionality. In addition, the rules of the German Code of Criminal Procedure on pre-trial deten-tion are tested for non-intentional, retributive effects, such as prejudgments and the anticipa- tion of guilt, but also for preventive aspects. These first chapters require a broadening of perspective. Therefore in the fourth chapter on “pre-trial detention and human rights” the implications of human rights law are discussed: Do the right to liberty (Art. 2 II 2, 104 GG) and the presumption of innocence (Art. 20 III, 1 I, 2 I GG, Art. 6 I, II of the European Convention on Human Rights) protect remand prisoners from penal effects? The fifth and last chapter concludes that pre-trial detention may be seen as a conditional pun-ishment. In spite of its interim character, it includes penal effects like retribution, deterrence and incapacitation. Through crediting as time served which always requires a sentence (§ 51 I StGB), the penal effects are subsequently quasi-authorised. That, in fact, gives rise to the problem that the issue of crediting does not only reduce the period of deprivation of liberty, but - because of denying the normative difference criterion - also entails irreparable disad-vantages to remand prisoners.