Krankheitsverursachende Mutationen befinden sich häufig innerhalb des offenen Leserahmens von mRNAs, wo sie Struktur und Funktion des gebildeten Proteins beeinflussen. Eine Reihe von hereditären Erkrankungen wird jedoch nicht durch Mutationen hervorgerufen, die solche offensichtlichen Auswirkungen haben, sondern verschiedene Schritte des mRNA-Metabolismus verändern. In dieser Arbeit wurden am Beispiel zweier krankheitsverursachender Mutationen posttranskriptionale Mechanismen der Genexpressionsveränderung untersucht. Im ersten Teil wurde der molekulare Mechanismus der Prothrombin 20210 G>A Mutation untersucht. Diese Mutation stellt einen der häufigsten genetischen Risikofaktoren für das Auftreten von Thrombosen dar und betrifft etwa 1-2% der Bevölkerung. Die G>A Transition verändert das letzte Nukleotid der 3'UTR der mRNA und verursacht erhöhte Prothrombin-Plasmakonzentrationen, die eine wichtige Rolle bei der Pathogenese der Krankheit spielen. Meine Untersuchungen zeigen, daß die G>A Mutation eine verstärkte Verwendung der 3'End- Prozessierungsstelle bewirkt, da das normale Prothrombin 3'End-Prozessierungs- signal ineffizient erkannt wird. Dies resultiert in einer vermehrten Akkumulation von korrekt 3'End-prozessierter mRNA im Zytoplasma, die in Protein translatiert werden kann. Diese erhöhte Effizienz der 3'End- Prozessierung stellt einen neuartigen molekularen Mechanismus einer hereditären Erkrankung dar und erklärt die Rolle der Prothrombin 20210 G>A Mutation bei der Pathogenese von Thrombosen. Darüber hinaus zeigt diese Arbeit eindrücklich wie bereits eine nur geringe Abweichung der mRNA-Prozessierung für eine verbreitete und gefährliche Krankheit prädisponieren kann. Im zweiten Teil wurde der Nonsens-vermittelte mRNA-Abbau (NMD), ein hoch-konservierter Mechanismus der posttranskriptionalen mRNA-Qualitäts-kontrolle untersucht. Dieser Mechanismus, der zum raschen Abbau von Nonsens-mutierten mRNAs führt, spielt als modifizierender Faktor eine wichtige Rolle bei zahlreichen hereditären Erkrankungen. Besonders gut belegt ist dieser Effekt des NMD bei Nonsens-Mutationen des β-Globins die zur β-Thalassämie führen. Das β-Globin- Gen diente auch in dieser Arbeit zur Analyse von funktionellen Charakteristika des NMD. Untersuchungen zur Rolle des Poly(A)-Schwanzes beim NMD zeigten eindeutig, daß der humane NMD poly(A)-unabhängig stattfindet. Weiterhin wurde ein experimentelles System entwickelt um Faktoren des humanen NMD zu identifizieren und charakterisieren. Diverse Deletions-mutanten des humanen NMD-Faktors hUpf3b wurden in diesem System auf ihre NMD-Aktivierung untersucht. Es zeigte sich, daß eine Region, die nachfolgend als Y14 Bindungsstelle identifiziert wurde, eine essentielle Rolle für die NMD- Funktion von hUpf3b spielt. Dies implizierte eine Funktion von Y14 beim NMD. Daher wurde die Wirkung von Y14 im experimentellen System untersucht, was zu einer außergewöhnlich starken Aktivierung des NMD führte. Zusammen definieren diese Experimente also eine wichtige Rolle von Y14 beim humanen NMD. Die durch diese Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zur Veränderung der Genexpression bei hereditären Erkrankungen liefern einen wichtigen Beitrag zum generellen Verständnis von Auswirkungen krankheitsverursachender Mutationen auf Schritte des mRNA-Stoffwechsels. Zusätzlich werden die Ergebnisse einen wesentlichen Einfluß auf zukünftige Untersuchungen der molekularen Pathogenese verschiedener Erbkrankheiten ausüben.
Disease-causing mutations are commonly located within the open reading frames of mRNAs and are likely to affect the protein structure and function. However, several hereditary diseases do not result from mutations which exert these obvious effects, but have been shown to influence various steps of mRNA metabolism. In this study two examples of disease-producing mutations have been used to investigate post-transcriptional mechanisms affecting gene expression. In the first part of this thesis, the molecular mechanism underlying the prothrombin 20210 G>A mutation has been elucidated. This mutation represents a very common genetic risk factor for the occurrence of thromboses and affects 1-2% of the European population. The G>A transition is located at the last nucleotide of the 3'UTR of the mRNA and causes elevated prothrombin plasma levels, which are thought to play an important role in the pathogenesis of the disease. Here I show, that the normal prothrombin 3'end processing signal is inefficiently recognised and that the G>A transition is a gain of function mutation causing an increase of processing site usage. This results in an elevation of correctly 3'end processed mRNA accumulation in the cytoplasm and increased protein synthesis. Enhanced mRNA 3?end formation efficiency emerges as a novel molecular principle causing a hereditary disease and explains the role of the prothrombin 20210 G>A mutation in the pathogenesis of thrombosis. Furthermore this work also represents a striking example of how a quantitatively minor aberration of mRNA processing can predispose to a common and serious disease. A highly conserved mRNA quality- control mechanism referred to as nonsense-mediated mRNA decay has been investigated in the second part of this thesis. This mechanism, which leads to the rapid degradation of nonsense-mutated mRNA, plays an important role as a modifying factor in a number of hereditary diseases. The important role of the NMD-pathway is exemplified by mutations in the β-globin gene, leading to β-thalassemia. The β-globin gene was also used in this study to analyse functional characteristics of the NMD. Experiments adressing the role of the poly(A) tail for the NMD-pathway showed, that human NMD occurs poly(A) independent. Furthermore, an experimental system has been developed to identify and characterise protein factors involved in human NMD. A number of deletion mutants of the human NMD-factor hUpf3b were created and tested for their ability to elicit NMD in this system. This approach showed that a sequence, subsequently identified as Y14 interaction site, played an essential role for the NMD-activation by hUpf3b. This indicated an NMD function of Y14. In further experiments, direct analysis of Y14 resulted in a dramatic NMD- activation. Together, these experiments define an important role of Y14 in the human NMD-pathway. In summary, these results provide an important contribution to our general understanding of effects of disease-causing mutations on various steps of the mRNA-metabolism. Furthermore they will have a remarkable impact on future investigations of the molecular pathogenesis of hereditary diseases.