Die canine primäre immunhämolytische Anämie (pIHA) und die canine primäre immunbedingte Thrombozytopenie (pITP) sind Autoimmunerkrankungen mit ungeklärter Ätiologie. Eine Prädisposition bestimmter Rassen wie Cocker Spaniel und Irish Red Setter lässt vermuten, dass neben Umweltfaktoren genetische Komponenten eine Rolle bei der Entstehung spielen. Ziele vorliegender Studie waren es: 1\. Mit Hilfe einer molekularbiologischen Untersuchung herauszufinden, ob bestimmte canine MHC-Allele (DLA; dog leukocyte antigen) eine Prädisposition für die canine pIHA und pITP darstellen. 2\. Über eine Segregationsanalyse einen möglichen Erbgang für die pIHA und pITP innerhalb eines Cocker Spaniel- und Irish Setter-Pedigrees zu definieren. Voraussetzung für die Aufnahme in die Studie waren neben einer ausführlichen Krankengeschichte vollständige Pedigree-Unterlagen und die Diagnose pIHA, pITP oder Evans' Syndrom (pIHA und pITP). Die Diagnose wurde mit Hilfe eines positiven Coombs-Tests oder einer persistierenden Erythrozytenagglutination (pIHA) sowie aufgrund des positiven Nachweises Thrombozyten-gebundener Antikörper (pITP) und dem Ausschluss einer Grunderkrankung gestellt. Die Probanden entstammten zum größten Teil aus dem Cocker Spaniel-Pedigree mit 209 Mitgliedern und dem Irish Setter-Pedigree mit 147 Mitgliedern. 1\. Molekuarbiologische Untersuchungen Hierzu wurde die DNA von an pIHA, pITP und Evans’ Syndrom erkrankten sowie gesunden Hunden der Cocker Spaniel- und Irish Setter-Familien isoliert. Kandidatengene waren codierende und flankierende nicht-codierende Regionen des MHC-I (DLA-12, DLA-64, DLA-79 und DLA-88) und des MHC-II (DLA-DRA, DLA-DRB, DLA-DQA und DLA- DQB). Alle identifizierten Single nucleotid polymorphisms (SNP’s) wurden auf eine Assoziation mit der Erkrankung pIHA bzw. pIHA/pITP/Evans’ Syndrom geprüft. Von insgesamt 59 Punktmutationen waren 49 als rassespezifisch anzusehen, weshalb zusätzlich fast alle SNP’s nach Rasse getrennt ausgewertet wurden. Für den MHC-I wurden 5 an pIHA, 3 an Evans’ Syndrom und 2 an pITP erkrankte Cocker Spaniel und Irish Setter untersucht. Zusätzlich gingen 4 an pIHA erkrankte Hunde anderer Rassen in die Studie ein. Als Vergleichsgruppe dienten je 7 gesunde Cocker Spaniel und Irish Setter sowie 4 gesunde Rhodesian Ridgebacks. Für das Kandidatengen DLA-12 wurden insgesamt 34 Polymorphismen gefunden. DLA-12K5 (Allel: TT, p=0,024) kam nur bei gesunden Hunden vor. Die Allele DLA-12K1 (Allel: TT, p=0,044) und DLA-12K4 (Allel: CC, nur bei Irish Setter; p=0,01) wurden nur bei kranken Hunden definiert. Alle Hot Spots lagen im Intron-Bereich, daher konnten keine Aussagen über mögliche Aminosäureveränderungen getroffen werden. Das Kandidatengen DLA-64 wies insgesamt 16 Polymorphismen, 1 Insertion und 1 Deletion auf. Für keines der Allele konnte ein signifikanter Zusammenhang mit den Erkrankungen gefunden werden. DLA-79 hatte 9 Polymorphismen und 1 Deletion über den gesamten Verlauf. Dabei wurden 2 Allele lokalisiert (DLA-79B4: Allel TT, p=0,012 und DLA-79B7: Allel AA, p=0,012), die eine Assoziation mit IHA/ITP/Evans’ Syndrom zeigten. Beide Hot Spots wurden bei weiteren Hunden (2 pIHA, 3 pITP, 2 Evans’ Syndrom, 1 gesunder Hund) getestet, die Assoziation musste daraufhin verworfen werden. DLA-88 konnte nicht sequenziert und ausgewertet werden. Für den MHC-II wurden zur Untersuchung des Exon 1 dieselben Probanden wie beim MHC-I verwendet. Für DLA-DRA wurden insgesamt 6 Polymorphismen definiert, für DLA- DRB 1 Polymorphismus, für DLA-DQA 2 Polymorphismen und für DLA-DQB 5 Polymorphismen und 1 Insertion. Für alle SNP’s im Bereich des Exon 1 konnte kein Zusammenhang mit der Erkrankung pIHA, pITP oder Evans’ Syndrom festgestellt werden. Für die Untersuchung des Exon 2 wurden insgesamt 5 an Evans’ Syndrom, 6 an pIHA und 4 an pITP erkrankte Cocker Spaniel und Irish Setter ausgewählt. Die Vergleichsgruppe bestand aus 37 gesunden Probanden. Durch die bestehende Nomenklatur war eine Benennung nach Haplotypen möglich. Insgesamt zeigten 20 gesunde und 5 kranke Cocker Spaniel homozygot den Haplotyp DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601 und 2 kranke Cocker Spaniel homozygot den Haplotyp DQA*005011/DQB*01201/DRB*00601. Vier Cocker Spaniel waren heterozygot: 2 gesunde und ein kranker Hund hatten den Haplotyp DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601 und DQA*00101/DQB*008011/DRB*00901, und ein gesunder Hund den Haplotyp DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601 und DQA*005011/DQB*02001/DRB*00601. Bei den Irish Red Settern hatten 5 kranke und 7 gesunde Hunde den Haplotyp DQA*00101/DQB*00201/DRB*00103. Ein Kontrollhund war homozygot mit dem Haplotyp DQA*00101/DQB*00201/DRB*00101. Insgesamt 6 gesunde und 1 an pIHA erkrankter Hund waren heterozygot mit dem Haplotyp DQA*00101/DQB*00201/DRB*00101 und DQA*00101/DQB*00201/DRB*00103. Die in der Literatur als prädisponierend beschriebenen Allele DLA-DRB*00601, DLA- DQA*005011, DLA-DQA*00101, DQB*00701 konnten in vorliegender Studie zwar alle bei den Probanden festgestellt, aber nicht als prädisponierend für pIHA, pITP oder Evans’ Syndrom nachgewiesen werden. Das Allel DLA-DRB*00101 korrelierte in der Gruppe der Irish Setter zum Signifikanzniveau von =0,1 mit den gesunden Probanden. Dies deckte sich mit den Angaben in der Literatur, da das Allel bereits als protektives Allel definiert wurde. Allerdings kann aufgrund der niedrigen Fallzahl diesem Haplotyp keine ursächliche Rolle bei der Entstehung bzw. Prävention der caninen pIHA bzw. pITP zugesprochen werden. Insgesamt wurde weder im MHC-I noch im MHC-II im Rahmen der untersuchten Stichprobe ein Polymorphismus aufgezeigt, der mit einer signifikanten Prädisposition für IHA, ITP oder Evans’ Syndrom einherging. Im Umkehrschluss konnte eine protektive Wirkung bestimmter Haplotypen ebenfalls nicht gezeigt werden. 2\. Segregationsanalyse Für die Segregationsanalyse wurden 3 Irish Setter-Pedigrees mit an pIHA (n=7), pITP (n=2) und Evans’ Syndrom (n=1) erkrankten Hunden und deren gesunden Verwandten (n=56) analysiert. Für den Cocker Spaniel wurden 5 Pedigrees ebenfalls mit an pIHA (n=8), pITP (n=4) sowie Evans’ Syndrom (n=4) erkrankten Hunden sowie ihren gesunden Verwandten (n=89) erstellt. Die Pedigrees wurden hinsichtlich aller erkrankten Tiere (pIHA/pITP/Evans’ Syndrom) sowie unter Berücksichtigung der nur an IHA erkrankten Hunde untersucht. Die Auswertung der Irish Setter-Pedigrees erfolgte mit Hilfe des „Informationskriterium nach Akaike“ (AIC) und ergab für die an pIHA erkrankten Hunde Hinweise auf eine autosomal-rezessive Vererbung mit einer Penetranz von 53% für reinerbige Träger des krankmachenden Allels. Für die an pIHA/pITP/Evans’ Syndrom erkrankten Irish Setter erklärte ebenfalls ein autosomal-rezessiver Erbgang mit einer Penetranz von 63,7% die Beobachtungen am besten. Bei den Cocker Spanieln wurden zusätzlich geschlechtsspezifische Prädispositionen für die Auwertung berücksichtigt. Hier ergab sowohl die Berechnung der an pIHA erkrankten Hunde als auch die der an pIHA/pITP/Evans’ Syndrom erkrankten Hunde, dass sich die Beobachtungen am besten durch einen Umwelteinfluss erklären lassen.
Primary immune-mediated haemolytic anaemia (pIMHA) and primary immune-mediated thrombocytopenia (pITP) are commonly diagnosed immune-mediated haematological disorders in the dog. The etiology is still unknown. Breed predispositions have been reported for different breeds, e.g. the English Cocker Spaniel and the Irish Red Setter. Therefore, research is both focused on genetic and environmental factors as potential causes. The aim of this study was: 1\. To evaluate potential associations between certain canine MHC haplotypes (DLA, dog leukcocyte antigen system) and pIMHA or pITP using DLA genotyping. 2\. To define the pattern of inheritance of pIMHA and pITP in a Cocker Spaniel and an Irish Setter pedigree. Probands with the diagnosis pIMHA, pITP or Evans’ syndrome (pIMHA and pITP) were included in the study if a complete medical record and pedigree data were available. Inclusion criteria for pIMHA were either a positive Coombs’ test or persistent erythrocyte agglutination. Inclusion criteria for pITP were a positive platelet-bound antibody test result. Dogs were excluded if underlying diseases were identified. Almost all probands belonged to either the Cocker Spaniel pedigree (209 dogs total) or the Irish Setter pedigree (147 dogs total). 1\. DLA genotyping DNA was extracted from affected (pIMHA, pITP and Evans’ syndrome) and healthy dogs of the Cocker Spaniel and Irish Setter pedigree. All coding regions of MHC class I (DLA-12, DLA-64, DLA-79 and DLA-88) and MHC class II (DLA-DRA, DLA-DRB, DLA- DQA and DLA-DQB) were analysed. The identified single nucleotid polymorphisms (SNP’s) were tested for an association with pIMHA or pIMHA/pITP/Evans’ syndrome. Of all 59 SNP’s 49 turned out to be breed-specific, therefore the results were evaluated separately for the different breeds. MHC class I: 10 Cocker Spaniel and Irish Setter patients (5 pIMHA, 3 Evans’ syndrome and 2 pITP) and 4 dogs of different breeds (pIMHA) were genotyped for MHC class I. DNA samples from 18 control dogs (7 Cocker Spaniels, 7 Irish Setters, 4 Rhodesian Ridgebacks) were available for testing. A total of 34 SNP’s were identified for DLA-12. The allele TT in DLA-12K5 was significantly increased in the control group (p=0.024). The SNP’s DLA-12K1 (allele TT, p=0.044) and DLA-12K4 (allele CC, only in Irish Setters; p=0.01) were only detected in affected dogs. All hot spots were located in introns, therefore it was not possible to describe any differences in the amino acid sequence. Furthermore, 16 SNP’s, 1 insertion and 1 deletion were identified for DLA-64. However, no association was detected between DLA-64 alleles and affected dogs. In DLA-79, 9 SNP’s and 1 deletion were identified. DLA-79B4 with the allele TT (p=0.012) and DLA-79B7 with the allele AA (p=0.012) had a significant association with affected dogs (IMHA/ITP/Evans’ syndrome). Both hot spots were tested with samples from other affected and healthy dogs (2 pIMHA, 3 pITP, 2 Evans’ syndrome and 1 healthy dog) and had to be rejected since the association was not reproducible in this second test group. MHC genotyping for DLA-88 failed, therefore no haplotypes could be defined. MHC class II: For the analysis of exon 1 of all MHC class II candidate genes the same samples were used as for MHC class I. 6 SNP’s for DLA-DRA, 1 SNP for DLA-DRB, 2 SNP’s DLA-DQA, 5 SNP’s and 1 insertion for DLA-DQB were identified. All alleles were compared between affected and control dogs and no significant association was found. Samples for the examination of exon 2 were chosen from 5 dogs with Evans’ syndrome, 6 with pIMHA and 4 with pITP. The control group consisted of 37 healthy probands. Three-locus DLA haplotypes were assigned to each case and control dog. Five affected dogs and 20 control dogs were homozygous at all 3 MHC loci: DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601. Two affected Cocker Spaniels were homozygous at DQA*005011/DQB*01201/DRB*00601. Four Cocker Spaniels were heterozygous: 2 healthy dogs and 1 affected dog had the haplotype DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601 and DQA*00101/DQB*008011/DRB*00901. One healthy dog had the haplotype DQA*005011/DQB*00701/DRB*00601 and DQA*005011/DQB*02001/DRB*00601. The analysis of the Irish Setter group revealed that 5 affected and 7 controls were homozygous at DQA*00101/DQB*00201/DRB*00103 and 1 control dog was homozygous with the haplotype DQA*00101/DQB*00201/DRB*00101. A total of 6 healthy and 1 pIMHA dog were heterozygous at one locus: DQA*00101/DQB*00201/DRB*00101 and DQA*00101/DQB*00201/DRB*00103. Recent studies suggested that the alleles DLA- DRB*00601, DLA-DQA*005011, DLA-DQA*00101 and DQB*00701 might be potential risk haplotypes for pIMHA. These alleles were identified in this study. However, no association was detected neither for pIMHA nor for pITP or Evans’ syndrome. An association of DLA-DRB*00101 with healthy dogs was found within the Irish Setter group, if compared to the level of significance at =0.1. This was in agreement with an earlier study where this allele was shown as a protective allele. However, given the small number of probands in the Irish Setter group, this result should be interpreted with caution. In conclusion, no SNP was identified in this study which predisposed for the occurence of pIMHA, pITP and/or Evans’ syndrome. On the other hand, no protective haplotype was identified neither in the Cocker Spaniel nor in the Irish Setter group. 2\. Segregation analysis Three Irish Setter pedigrees were constructed to included 10 affected dogs (7 pIMHA, 2 pITP, 1 Evans’ syndrome). These pedigrees contained the information of a total of 66 dogs (including the affected dogs). Similarly, 5 Cocker Spaniel pedigrees were constructed around 16 affected dogs (8 pIMHA, 4 pITP, 4 Evans’ syndrome). In general, information on a total of 105 dogs were collected (including the affected dogs). Segregation analysis was performed for dogs with pIMHA and for all affected dogs suffering from pIMHA, pITP or Evans’ syndrome). Five transmission models were analysed by segregation analysis; based on Akaike’s information criteria (AIC), the most parsimonious model in the Irish Setter group „pIMHA“ was the Mendelian model with an autosomal-recessive inheritance. The penetrance for homozygous carriers was estimated to be 53%. In the Irish Setter group „pIMHA/pITP/Evans’ syndrome“, the most parsimonious model was also the Mendelian model with an autosomal-recessive inheritance with a penetrance for homozygous carriers estimated to be 63.7%. In the Cocker Spaniel group gender-specific differences were present and had to be considered for the segregation analysis. Both in the Cocker Spaniel group „pIMHA“ and the Cocker Spaniel group „pIMHA/pITP/Evans’ syndrome“ the environmental model proved to be the most parsimonious.