dc.description.abstract
The aim of this dissertation was to examine the role of postintentional
processes derived from the Health Action Process Approach (HAPA; Schwarzer,
1992) such as action planning, coping planning and action control (Sniehotta,
Scholz & Schwarzer, 2005). Additionally, the assumptions of the HAPA regarding
stages of health behaviour change were examined. In order to do this,
prevalent social-cognitive theories were scrutinised for potential predictors
of stage transitions. This dissertation is the first to examine these
processes and factors in the context of dental health behaviours (interdental
hygiene with floss or interdental brushes). In particular, the following
research questions were examined: 1\. Can the assumption of three stages of
health behaviour change (preintention, intention and action; examined in
Chapter 4) and two meta-stages (motivational and volitional; ex-amined in
Chapter 3 and 5) be supported in the dental health context? 2\. Can factors
derived from prevailing health behaviour theories predict stage transitions
(Chapter 4) and thus give support to the stage assumptions (Weinstein, Rothman
& Sutton, 1998)? 3\. Are postintentional processes such as planning (Chapter
2) and action control (Chapter 3) suitable to predict health behaviour change
over and above behavioural intentions? 4\. Are these postintentional processes
most effective in participants in the stages they are targeted at (Chapter 3
and Chapter 5), thus supporting the assumption of qualitatively different
stages of health behaviour change? Three longitudinal experimental and non-
experimental studies with students, visitors of an university open day and
dental patients were conducted in order to address these research questions.
The results indicate that action planning and coping planning can predict the
adherence to evidence-based practice in oral self-care (daily application of
dental floss) over and above the influence of motivational factors such as
risk perception, outcome expectancies, self-efficacy and intentions (Chapter
2). Changes in action control according to negative feedback loops were
predictive of behaviour change in volitional individuals, while intentions
predicted behaviour in motivational individuals (Chapter 3). This supports
qualitative differences between a motivational and a volitional stage of
healvh behaviour change. Perdictors derived from prevailing theories of health
behaviour change predicted stage transitions betweeen the three stages of
change in the HAPA (Chapter 4). Stage-specific prediction patterns were
identified, with action control predicting progression from the preintention
stage, coping planning and maintenance self-efficacy predicting transitions
from the intention stage, and self-efficacy predicting regression from the
action stage. This supports the assumption of three qualitatively different
stages. An action planning intervention matched to volitional participants and
mismatched to motivational participants (Chapter 5) was more effective in
volitional participants with regard to behaviour changes. This result supports
qualitative differences between a motivational and a volitional stage. In a
final general discussion chapter, the implications of this dissertation for
theory building and practical interventions is discussed. With regard to
practical applications, it is suggested to implement planning sessions in
dental care sessions. With regard to theory building, the conceptualisation of
behaviour change in three stages and two meta-stages is discussed in relation
to evidence for the finer-graded stage distinctions as made in the TTM
(Prochaska, DiClemente & Norcross, 1992) or the PAPM (Weinstein, 1988).
Following the suggestions by Noar and Zimmerman (2005) and Weinstein and
Rothman (2005), the identification of commonalities between concepts in health
behaviour theory and their integration is advised. The integration of
strategies and concepts from cognitive behavioural therapy in health behaviour
theory (Hobbis & Sutton, 2005) is discussed, especially with regard to action
planning, coping planning and action control.
de
dc.description.abstract
Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen neu aufzunehmen oder zu verändern ist
ein Prozess, in dem viele psychologische Einflussfaktoren zusammen wirken. Die
vorliegende Arbeit untersucht, welchen Einfluss solche Faktoren auf die
Veränderung von Verhalten (hier die regelmäßige Rei-nigung der
Zahnzwischenräume mit Zahnseide und Interdentalbürsten) haben. Das sozial-
kognitive Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (HAPA; Schwarzer, 1992)
dient dabei als theoretischer Bezugsrahmen. Verschiedene Theorien formulieren
Annahmen darüber, welche Einflussfaktoren dabei in welcher Konstellation
wichtig sind. Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Klassen von Theorien un-
terscheiden: Theorien, die die Veränderung von Verhalten als Kontinuum
konstruieren und Theorien, die die Veränderung von Verhalten als einen Prozess
konstruieren, bei dem mehrere qualitativ unterschiedliche Stadien durchlaufen
werden. Kontinuierliche Theorien wie die Theorie des geplanten Verhaltens
(Theory of Planned Behaviour; Ajzen, 1985) nehmen an, dass sich Personen durch
eine Kombination verschiedener sozialkognitiver Faktoren wie Einstellungen,
sozialer Norm und Kontrollüberzeugungen auf einem Kontinuum der
Verhaltenswahrscheinlichkeit zwischen 0 (handelt nicht) und 1 (handelt)
anordnen lassen. Die zentrale Einflussgröße für Verhalten stellt in diesen
Modellen üblicherweise die Motivation / Absicht (Intention) dar, Verhalten zu
ändern. Stadientheorien wie das Prozessmodell zur Aufnahme von Schutzmaßnahmen
(Precaution Adoption Process Model, PAPM; Weinstein, 1988) gehen im Gegensatz
dazu davon aus, dass die Veränderung von gesundheitlich relevanten
Verhaltensweisen einen Prozess darstellt, in dem qualitativ unterschiedliche
Stadien durchlaufen werden. Diese Stadien unterscheiden sich hinsichtlich des
Grades an Informiertheit über das vorbeugende Verhalten, die Wahrnehmung eines
persönlichen Erkrankungsrisikos und des Vorsatzes, Verhalten zu ändern oder
aufzunehmen. Die Grundannahme ist, dass in verschiedenen Stadien verschiedene
Einflussfaktoren bedeutsam sind. So sind beispielsweise Risikoperzeptionen für
Personen wichtig, die noch keine Absicht zur Verhaltensänderung gebildet
haben. Dagegen sind für Personen, die bereits zur Änderung ihres Verhaltens
entschlossen sind, Prozesse bedeutsam, die die Umsetzung dieser Absichten in
Verhalten ermöglichen. Die am meisten diskutierten Stadienmodelle, das
Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung (TTM; Prochaska, DiClemente &
Norcross, 1992), das PAPM oder das HAPA-Modell unterscheiden sich in der
Anzahl von Stadien (5 im TTM, 7 im PAPM, 3 im HAPA), lassen sich aber unter
drei Metastadien abbilden. Ziel dieser Arbeit ist unter anderem, Belege für
diese Stadieneinteilung zu liefern. Im Rahmen der kontinuierlichen und
Stadientheorien nimmt das HAPA-Modell eine Sonderrolle ein, weil es dezidiert
als Hybridmodell konstruiert wurde. Das bedeutet, dass das Modell sowohl
Annahmen über das Zusammenwirken verschiedener sozialkognitiver
Einflussfaktoren auf die Intention und Verhalten macht, als auch den Prozess
der Verhaltensänderung durch verschiedene Stadien konstruiert. Für die
Ausbildung von Verhaltensintentionen benennt das HAPA-Modell
Risikowahrnehmung, positive und negative Handlungs-Ergebnis-Erwartungen sowie
aufgabenbezogene Selbstwirksamkeit als Einflussfaktoren. Die Umsetzung von
Intentionen in Verhalten wird durch Ausführungsplanung (action planning;
Gollwitzer, 1999; Sniehotta, Scholz & Schwarzer, 2005) und verhaltensbezogene
Selbstwirksamkeit gewährleistet. Bei der Aufrechterhaltung von Verhalten
spielen mehrere Einflussgrößen zusammen: Bewältigungsplanung (coping planning;
Sniehotta, Scholz & Schwarzer, 2005), Selbstwirksamkeit für die
Aufrechterhaltung und Wiederaufnahme nach Aussetzern (Scholz, Sniehotta &
Schwarzer, 2006) und Handlungskontrolle im Sinne negativer Feedbackschleifen
(Carver & Scheier, 1998; Miller, Galanter & Pribram, 1960). Die vorliegende
Arbeit beschäftigt sich mit der Überprüfung und Integration von aus dem HAPA-
Modell und der Evidenz für andere gesundheitspsychologische Theorien
abgeleiteter Annahmen (Noar & Zimmerman, 2005; Weinstein & Rothman, 2005) im
Kontext regelmäßiger Zahnpflege, hier besonders der regelmäßigen Reinigung der
Zahnzwischenräume mit Hilfe von Zahnseide und Interdentalbürsten. Bislang
liegen nur wenige Arbeiten aus diesem Bereich vor, die
gesundheitspsychologische Theorien eingesetzt haben, im Rahmen des HAPA-
Modells stellen die Studien dieser Arbeit die ersten dar. Die regelmäßige
Reinigung der Zahnzwischenräume wird von allen großen zahnmedizinischen
Vereinigungen empfohlen (ADA 2005; BDA, o.D.; DGZMK, o.D.) und verschiedene
Studien bestätigen die Effektivität dieser Reinigungsmethode für die
Vorbeugung von Interdentalkaries, Gingivitis und Parodontitis (Warren &
Chater, 1996). Interdentalkaries stellt wegen der damit einhergehenden
Schmerzen eine bedeutsame Einschränkung in der Lebensqualität dar (John et
al., 2004), Parodontitis ist ein Risikofaktor für kardio-vaskuläre
Erkrankungen (Khader, Albahshaireh, & Alomari, 2004). Trotzdem werden nur von
einem Bruchteil der Bevölkerung regelmäßig Zahnseide oder Interdentalbürsten
benutzt (Bader, 1998; Staehle, 2004). Daher stellt die regelmäßige Reinigung
der Zahnzwischenräume einen sehr geeigneten Verhaltenskontext dar, in dessen
Rahmen die Annahmen gesundheitspsychologischer Modelle überprüft werden
können. Zum Einen ist aufgrund der geringen Prävalenz regelmäßigen
Zahnseidengebrauchs in Deutschland davon auszugehen, dass genügend
Veränderungen im Verhalten auftreten, um sie statistisch mit Veränderungen in
den Einflussfaktoren in Beziehung setzen zu können, zum anderen impliziert
dieses Verhalten aufgrund seiner geringen Prävalenz Probleme bei der
Durchführung, die mit Hilfe von Interventionen beeinflusst werden können.
Diese Arbeit beschreibt in den Kapiteln 2-5 die Befunde von drei
längsschnittlichen experimentellen und nicht-experimentellen Studien aus
diesem Kontext. Kapitel 1 gibt einen Überblick über die Thematik, Kapitel 6
diskutiert die Befunde in einem weiteren Kontext. In einer ersten Studie
wurden 258 Studierende der Psychologie und Erziehungswissenschaften an der FU
Berlin zu drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von acht Wochen mit Hilfe
von Fragebogen befragt, wobei 158 Studierende auch noch nach acht Wochen
teilnahmen. Im Rahmen von Vorlesungen zur Methodenlehre wurden die
Studierenden gebeten, an der Studie teilzunehmen und erhielten nach
informierter Zustimmung Fragebogen, Zahnseideproben, einen Ka-lender zur
Selbstbeobachtung und Anleitungen zur Zahnseidenbenutzung, die an die
Empfehlungen der ADA (2005) angelehnt waren. In den Fragebogen wurden die
sozialkognitiven Variablen des HAPA-Modells und aktuelle Zahnhygiene erhoben.
Um die Validität des selbstberichte-ten Verhaltensmaßes zu überprüfen, wurden
die Teilnehmer gebeten, zum zweiten Messzeitpunkt nach zwei Wochen im
Austausch gegen eine neue Packung Zahnseide die angebrochene Packung in einem
zurückzuschicken. Diese Residualzahnseide wurde mit den Selbstberichten
korreliert. Die dabei gefundene Korrelation von r = ,69 (p < ,01) deutet
darauf hin, dass der Selbstbericht Verhalten valide zu erfassen vermag. Diese
Studie bildet den Hintergrund für Kapitel 2 und 3 dieser Arbeit. In Kapitel 2
wird untersucht, welche Faktoren die Adhärenz zur empfohlenen täglichen
Reinigung der Zahnzwischenräume bedingen. Aus der sozialkognitiven Theorie
(Bandura, 1996) werden Risikowahrnehmung, positive und negative
Handlungsergebniserwartungen und Selbstwirksamkeit als Prädiktoren der
Intention angenommen, die wiederum Verhalten vorhersagt. Verschiedene
Überblicksarbeiten legen aber nahe, dass Motivation alleine nicht ausreicht,
um Verhalten zufrieden stellend zu erklären (Sheeran, 2002). Daher wird in
diesem Kapitel Planung, gemessen durch eine Adaptation der Skalen zur
Ausführungs- und Bewältigungsplanung (Sniehotta, Schwarzer, Scholz & Schüz,
2005) als weiterer Prädiktor für die Adhärenz zu täglicher Zahnsei-
denbenutzung berücksichtigt. Die aus der sozialkognitiven Theorie abgeleiteten
Variablen korrelieren zu allen Messzeitpunkten substantiell mit Verhalten.
Eine Diskriminanzfunktionsanalyse legt nahe, dass nach der Kontrolle für
Zahnseidenbenutzung zum ersten Messzeitpunkt Planung zum zweiten Messzeitpunkt
besser geeignet ist, zwischen Personen zu unterscheiden, die täglich Zahnseide
benutzen und die dies nicht schaffen, als die Variablen der sozialkognitiven
Theorie (Wilk s λ = ,77; p < ,01). Eine logis-tische Regressionsanalyse
unterstützt diesen Befund, weil hier Planung als einziger Prädiktor von
Veränderungen in der Benutzung von Zahnseide identifiziert wurde. Dies
unterstreicht die Be-deutung von Planung für die Veränderung von Verhalten und
impliziert, Planung auch im Bereich zahnmedizinischer Interventionen zur
Gesundheitsförderung zu berücksichtigen. Kapitel 3 stützt sich auf Daten
derselben Studie wie Kapitel 2, allerdings liegt hier der Fokus auf Prozessen
der konkreten Handlungsregulation im Sinne negativer Feedbackschleifen (Carver
& Scheier, 1998) und auf der Modellierung des Prozesses der
Gesundheitsverhaltensänderung in Stadien. In diesem Kapitel wird überprüft, ob
Interventionen zur Förderung gesunden Verhaltens in unterschiedlichen Stadien
unterschiedlich wirken und so die Annahme qualitativ unterschiedlicher Stadien
unterstützen. Dabei wird zwischen einem motivationalen Stadium, in dem
Intentionen gebildet werden, und einem volitionalen Stadium unterschieden. Im
volitionalen Stadium sind selbstregulative Kompetenzen wichtig, um Verhalten
zu verändern und um diese Veränderungen beizubehalten. Um diese Annahmen zu
überprüfen, bekamen alle Teilnehmer einen Kalender, der die Selbstbeobachtung
von Verhalten unterstützen sollte. Die Beobachtung des eigenen Verhaltens
stellt einen Kernprozess in der Selbstregulation im Sinne negativer
Feedbackschleifen dar, daher war diese Intervention passend für Teilnehmer im
volitionalen und unpassend für Teilnehmer im motivationalen Stadium.
Individuelle residualisierte Veränderungswerte in der Skala für
Handlungskontrolle (Sniehotta, Scholz & Schwarzer, 20059 dienten dabei als
Indikatoren des Effekts der Intervention. Gemäß den Vorschlägen von Weinstein,
Rothman und Sutton (1998) für die Überprüfung von Stadienmodellen und den
Vorschlägen von Baron und Kenny (1986) für die Überprüfung von Moderatoren
wurden zwei lineare Regressionsanalysen für motivationale und volitionale
Teilnehmer berechnet, um die Regressionsgewichte der indivi-duellen
Veränderungswerte zu vergleichen. Nach diesen Analysen profitieren nur
volitionale Teilnehmer von einer Zunahme in Handlungskontrolle im Sinne
häufigerer Zahnpflege (β = ,29; p < ,01 bei volitionalen, β = ,11; n.s. bei
motivationalen Teilnehmern). Dieses differentielle Prädiktionsmuster zwischen
motivationalen und volitionalen Teilnehmern unterstützt die Annahme von
mindestens zwei qualitativ unterschiedlichen Stadien der Verhaltensänderung.
In Kapitel 4 werden Ergebnisse aus einer längsschnittlichen Studie mit
Patienten Berliner Zahnarztpraxen berichtet. In dieser Studie wurden 488
Teilnehmer über einen Zeitraum von vier Wochen untersucht. Die Teilnehmer
wurden beim Anmelden in den Zahnarztpraxen auf die Studie angesprochen und
dazu eingeladen, während der Wartezeit im Wartezimmer einen Fragebogen
auszufüllen. Nach dem Termin mit dem Zahnarzt erhielten die Teilnehmer vom
Zahnarzt je nachdem eine Packung Zahnseide oder Interdentalbürsten und eine
Anleitung zur Benutzung. Nach vier Wochen erhielten die Teilnehmer einen
zweiten Fragebogen mit frankiertem Rückumschlag. In Kapitel 4 wurden gemäß der
Empfehlungen von Weinstein, Rothman und Sutton (1998) längsschnittlich
Stadienübergänge vorhergesagt. Als Bezugsrahmen dienten hier drei Stadien, die
sich an das HAPA-Modell anlehnen, aber in allen anderen Stadienmodellen als
kritische Stadienübergänge impliziert sind. Dabei handelt es sich um den
Übergang vom präintentionalen Stadium in das intentionale und den Übergang vom
intentionalen ins aktionale Stadium. Potentielle Prädiktoren für diese
Stadienübergänge wurden aus der Evidenz für sozialkognitive Modelle und
Planungsprozesse abgeleitet. 288 Teilnehmer der Studie, die auch zum zweiten
Messzeitpunkt noch teilnahmen, wurden im Abstand von vier Wochen nach
Interdentalhygiene, den postulierten Prädiktoren und der Intention zu handeln
befragt. Mit Diskriminanzfunktionsanalysen wurden die Prädiktoren für die
kritischen Stadienübergänge bestimmt. Handlungsplanung sagte den Wechsel vom
präintentionalen ins intentionale Stadium voraus, Bewältigungsplanung und
Aufrechterhaltungs-Selbstwirksamkeit Wechsel zwischen dem intentionalen, dem
aktionalen und präintentionalen Stadium voraus, und Aufrechterhaltungs-
Selbstwirksamkeit den Rückschritt vom aktionalen ins intentionale Stadium.
Besonders für Ausführungsplanung war dieses Ergebnis nicht erwartet worden,
weil in vielen Studien nachgewiesen wurde, dass Planungsprozesse nur bei
intentionalen Personen wirksam sind. Weil aber auch andere Studien
Haupteffekte für Planungsprozesse gefunden haben (u.a. Kapitel 2) wird aus
diesen Ergebnissen der Schluss gezogen, dass Planung nicht nur für Personen,
die schon einen Handlungsvorsatz haben, ein wichtiger Prozess zur
Verhaltensänderung ist. Kapitel 5 bezieht sich auf eine dritte Studie zur
Zahnseidenbenutzung. Hier wurden im Rahmen einer Publikumsveranstaltung an der
Freien Universität 195 Teilnehmer (im Längsschnitt noch 89) für eine
randomisierte längsschnittliche Experimentalstudie gewonnen. Mit Hilfe eines
nach dem Zufallsprinzip generierten Zeitschemas wurden die Teilnehmer einer
Planungsgruppe oder der Kontrollgruppe zugeteilt. In der Planungsgruppe
machten die Teilnehmer mit trainierten Interviewern Ausführungspläne für die
Benutzung von Zahnseide. Zusätzlich wurde das Verhaltens-stadium der
Teilnehmer erhoben. Zwei und sechs Wochen nach der Ersterhebung erhielten die
Teilnehmer Nachfolgefragebogen mit frankierten Rückumschlägen. Ziel dieser
Studie war, mit Hilfe dieses experimentellen Designs mit passenden/nicht-
passenden Interventionen (Weinstein, Rothman & Sutton, 1998) den Nachweis zu
führen, dass sich ein motivationales Stadium (hier passt die Intervention
nicht) und ein volitionales Stadium (hier passt die Intervention) qualitativ
voneinander unterscheiden. Die Ergebnisse unterstützen diese Annahmen zum
Teil. Zwar profitieren volitionale Teilnehmer stärker von der Intervention als
motivationale Teilnehmer, aber auch motivationale Teilnehmer in der
Planungsgruppe benutzen öfter Zahnseide als die Kon-trollgruppe. Diese
Ergebnisse weisen auch darauf hin, dass Planung alle Personen bei der Ände-
rung von gesundheitsrelevantem Verhalten unterstützen kann. Die Befunde dieser
Dissertation haben Implikationen für die praktische Anwendung, für die weitere
Forschung und für die Theoriebildung in der Gesundheitspsychologie (Kapitel
6). Die wichtigsten Punkte betreffen dabei die Rolle von Planung und
Handlungskontrolle in Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und die Konzeption
des Verhaltensänderungsprozesses in Stadien. In Kapitel 2, 4 und 5 wurde die
Bedeutung von Planung für die Änderung von Verhalten demonstriert. Dabei wurde
besonders deutlich, dass alle Teilnehmer von Planungsprozessen profitiert
haben, und nicht nur intentionale Teilnehmer. Daran schließen sich
Überlegungen über die Wirkmechanismen von Planung an. Hier wird besonders auf
die Ergebnisse von Experimenten zu maßgeschneiderten Interventionen
eingegangen, die starke Ähnlichkeiten mit den Planungsin-terventionen in
Kapitel 5 haben. Gemeinsamkeiten zwischen Planung und verschiedenen Konzepten
aus der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie werden für weitere
Spekulationen über die Wirkmechanismen von Planung herangezogen. Abschließend
werden mögliche Moderatoren der Effektivität von Planung (Intentionen,
Persönlichkeitseigenschaften und Emotionen) diskutiert. Die Konzeption von
Handlungskontrolle, die in Kapitel 3 untersucht wurde, wird in Bezug zu
Theorien über die Handlungsregulation wie die negativen Feedbackschleifen bei
Carver & Scheier (1998), dispositionelle Verhaltenskontrolle in der
Persönlichkeitstheorie von Becker (1995) und die Theorie interagierender
Persönlichkeitssysteme (Kuhl, 2001) gesetzt. Dabei werden besonders mögliche
Wirkmechanismen dieser Prozesse besprochen. Weil diese Prozesse auch
intraindividuell variieren, werden Ressourcenansätze der Selbstregulation
betrachtet. Eine besondere Rolle scheint dabei das Glukoseniveau als
Energiequelle im Blut zu spielen (Gailliot, et al., 2007). Vor dem Hintergrund
von Kuhls Theorie wird auf die Rolle positiver und negativer Affekte als Er-
leichterung und Erschwerung von Selbstregulation eingegangen. Vor dem
Hintergrund der Befunde in Kapitel 3 bis 5 werden die Stadienannahmen des
HAPA-Modells diskutiert. Für die Unterscheidung eines motivationalen und
volitionalen Stadiums sprechen neben den Befunden der vorliegenden Arbeit
experimentelle Studien um das Modell der Handungsphasen (Heckhausen &
Gollwitzer, 1987). Diese Befunde werden mit den Befunden aus der Überprüfung
anderer Stadienmodelle wie des PAPM (Weinstein, Lyon, Sandman & Cuite, 1998)
integriert. Dabei wird für einen Ansatz diskutiert, der zwei Metastadien
(motivatio-nal/volitional) unterscheidet, und dabei das volitionale
Metastadium nochmals in präaktional (intentional) und aktional unterteilt.
Daraus ergeben sich Implikationen für weitere Forschung und Interventionen,
wie beispielsweise die Empfehlung, volitionalen Teilnehmern Instrumente zur
Selbstbeobachtung zur Verfügung zu stellen. Die in Kapitel 4 identifizierten
Prädiktoren von Stadienwechseln werden im Kontext von Befunden zu anderen
Stadientheorien diskutiert. Daran schließen sich Überlegungen zu den
Einschränkungen der vorliegenden Studien an, besonders über Fragen der
Validität der Maße, des Studiendesigns, verzerrter Stichproben und des Umgangs
mit fehlenden Werten. Abschließend werden die Implikationen dieser
Dissertation für Forschung und Praxis diskutiert. Es wird vorgeschlagen,
Planung in die prophylaktische Versorgung mit einzubeziehen. In Bezug auf
weitere Forschung und Theoriebildung wird auf die Integration
gesundheitspsychologischer Theorien nach deren Evidenz (Noar & Zimmerman,
2005; Weinstein & Rothman, 2005), die interdisziplinäre Integration von
Prozessen und Techniken z.B. aus der kognitiven Verhaltensthe-rapie (Hobbis &
Sutton, 2005) und die Rolle von Emotionen bei der Selbstregulation von
Verhalten eingegangen. Zusammenfassend weisen die Befunde dieser Dissertation
darauf hin, dass Planung und Hand-lungskontrolle entscheidende Faktoren bei
der Änderung von gesundheitlich relevantem sind, dass Verhaltensänderung einen
Prozess darstellt, der in zwei/drei qualitativ unterschiedlichen Stadien
abgebildet werden kann und dass die Integration verschiedener theoretischer
Annahmen nach ihrer Evidenz bei der Abbildung und Erklärung von
Verhaltensänderung hilft.
de