Ziel dieser Arbeit war es, ein neues in-vitro-Testsystem zur besseren Charakterisierung der Substanz-induzierten Leberschädigung (DILI) zu etablieren. Nach einer initialen Schädigung der Hepatozyten kann die Aktivierung des Immunsystems den ursprünglichen Schaden vergrößern und so zu schwerem Leberversagen führen. Dieser wichtige Einfluss der Immunantwort sollte durch die Berücksichtigung in einem Kokulturmodell zu einer verbesserten Vorhersage von DILI sowie zur Aufklärung der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen führen. Dafür wurde eine Leberzelllinie mit einer in einen Makrophagen-ähnlichen Phänotyp differenzierten Immunzelllinie in einem indirekten Kokultursystem kombiniert, das den zellulären Austausch von Signalmolekülen erlaubte. Dadurch konnten in vivo beschriebene molekulare Ereignisse abgebildet werden, die zur Entstehung von Leberschäden führen. Im ersten Teil der vorliegenden Dissertation wurde daher ein Kokulturmodell mit HepG2- Zellen als hepatische Zelllinie und differenzierten THP-1-Zellen als Makrophagen-ähnliche Immunzelllinie etabliert. Zur Überprüfung des Modells wurde die Metabolisierung des leberschädigenden Antimyotikums Ketoconazol mittels Flüssigchromatographie-Massen- spektrometrie (LC-MS/MS) untersucht. Sieben reaktive Zwischenprodukte konnten nachge- wiesen werden, darunter das stark toxische N-Deacetyl-Ketoconazol. Anschließend wurden Veränderungen in Signalwegen in proteomischen Analysen mittels LC-MS/MS bestimmt. Dabei konnten die Inhibition der Sterol-Synthese sowie die Aktivierung des CXCL8-Signalwegs und der Nrf2-vermittelten oxidativen Stressantwort in kokultivierten HepG2-Zellen in vitro nachgewiesen werden. Diese Veränderungen führten wiederum zur Aktivierung der Zytokinexpression und -sekretion, die in PCR- und ELISA-Analysen gezielt analysiert wurden. Die Hinweise auf die Aktivierung des CXCL8-Signalwegs wurden durch den Nachweis der Expression und Sekretion mehrerer proinflammatorischer Zytokine, darunter neben CXCL8 auch TNF-alpha und IL-1beta, bekräftigt. Zusätzlich konnte in der behandelten Kokultur eine konzentrationsabhängige Zunahme des erst seit kurzem im Zusammenhang mit steriler Entzündung gefundenen möglichen Biomarkers HMGB1 nachgewiesen werden. In dem neu entwickelten Kokulturmodell wurde im zweiten Teil der Arbeit das aromatische Amin o-Anisidin, das u. a. in Tattoofarben enthalten sein kann, hinsichtlich einer Leberschädigung sowie deren Wirkmechanismus untersucht. Als Kontrolle dienten das para-Isomer p-Anisidin sowie Koffein. Die Untersuchung des Proteoms zeigte nach o- Anisidin-Behandlung eine Aktivierung des eIF2-Signalwegs sowie der Nrf2-vermittelten oxidativen Stressantwort. Darüber hinaus konnte in anschließenden Analysen eine konzen- trationsabhängige Zunahme von reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) nachgewiesen werden. Auffällig war die Depolarisation des mitochondrialen Membranpotentials durch o-Anisidin- Behandlung. Diese korrelierte mit der Abnahme der intrazellulären ATP- Konzentration. Da in den o-Anisidin-behandelten Kokulturen keine erhöhte Expression proinflammatorischer Zytokine gezeigt werden konnte, ist eine Leberschädigung über einen immunvermittelten Mechanismus unwahrscheinlich. Allerdings konnte eine erhöhte HMGB1-Freisetzung nach o-Anisidin-Behandlung nachgewiesen werden. Dies unterstreicht die Bedeutung von HMGB1 als einen frühen Indikator für eine hepatische Schädigung. Im Gegensatz dazu induzierten weder p-Anisidin noch Koffein die Bildung von ROS. Koffein führte ebenfalls nicht zu Änderungen der Expression proinflammatorischer Zytokine. Die Verwendung der Huh-7-Zelllinie als mögliche Alternative zu den HepG2-Zellen zeigte bereits in Einzelkultur eine hohe Freisetzung von Zytokinen. Diese entspricht nicht beschriebenen in-vivo-Befunden. Die Huh-7-Zelllinie schien daher für den hier verfolgten Ansatz ungeeignet. Diese Ergebnisse zeigen, dass mit diesem in-vitro-Kokultursystem die Vorhersage toxischer Substanzen verbessert werden kann, da die Wechselwirkungen mit dem Immunsystem berücksichtigt werden können. HMGB1 scheint dabei ein neuer, möglicher Biomarker für geschädigte Hepatozyten und damit ein früher Indikator für eine Leberschädigung zu sein. Das in dieser Dissertation etablierte Kokulturmodell kann zukünftig für eine frühe Vorhersage der Hepatotoxizität von Substanzen dienen und so gleichzeitig zur Reduktion von Tierversuchen führen.
The aim of the presented PhD thesis was the development of a new in vitro test system which allows for a better characterization and prediction of drug- induced liver injuries (DILI). After the initial damage of hepatocytes, the activation of the immune system can aggravate this damage and lead to severe liver failure. This important interaction should be included in a co-culture system and thus lead to an improved prediction of DILI as well as reveal the underlying mechanisms. Therefore a liver cell line and an immune cell line with a macrophage-like phenotype were combined to develop an indirect co- culture system. In this system soluble signalling molecules can be exchanged and thus molecular events which have been described in vivo can be analyzed in detail. In the first part of this work, a co-culture model with HepG2 cells as hepatic cell line and differentiated THP-1 cells as immune cell line was established. For the validation of the model system, the metabolism of the antifungal drug ketoconazole was analyzed by liquid chromatography tandem mass spectrometry (LC-MS/MS). Seven reactive metabolites were detected, including the highly toxic N-deacetyl ketoconazole. Afterwards changes in signalling pathways were investigated by proteome analyses via LC-MS/MS. They revealed the inhibition of the sterol synthesis and the activation of the CXCL8 pathway and the Nrf2-mediated oxidative stress response in HepG2 cells in vitro. These changes lead to an increase in cytokine expression and secretion which was validated in targeted PCR and ELISA analyses. The activation of the CXCL8 signalling pathway could be verified by the detection of several proinflammatory cytokines including CXCL8, TNF-alpha and IL-1beta. In addition, a concentration dependent increase of HMGB1 protein could be detected in treated co-cultures which is an only recently described possible new biomarker. In the newly established co-culture model, the aromatic amine o-anisidine was tested regarding its mode of action. It was compared with its para-isomer p-anisidine and caffeine. The proteome analysis showed the activation of the eIF2 signalling pathway and the Nrf2-mediated oxidative stress response. Targeted approaches revealed the concentration dependent generation of reactive oxygen species (ROS) in o-anisidine treated cell cultures. Strikingly the mitochondrial membrane became depolarized by o-anisidine treatment. This correlated with the observed ATP decrease. As no increased expression of proinflammatory cytokines could be shown in treated co-cultures, a liver injury through an immune-mediated mechanism seems unlikely. The increased release of HMGB1 points towards its role as an early indicator of liver injury. In contrast to that neither p-anisidine nor caffeine induced the ROS generation. Caffeine did not change the expression of proinflammatory cytokines, either. Experiments using the Huh-7 cell line as a possible alternative to HepG2 showed already in single cultures the release of cytokines at high concentrations. This does not correlate with the described in vivo effects. Therefore the Huh-7 cell line is not suitable for the approach taken here. These results show that the use of this in vitro co- culture systems can lead to an improved prediction of toxic substances. They take the interactions with the immune system into account. HMGB1 seems to be a new, possible biomarker for damaged hepatocytes and thus an early indicator of a liver injury. The co-culture model established in this PhD thesis can lead to an early prediction of a drug’s hepatotoxicity and thus to a reduction of animal experiments.