Zecken sind aufgrund ihrer möglichen Interaktion mit verschiedensten Wirten während ihres Lebenszyklus effektive Überträger diverser Pathogene. Die Zahl der Krankheitserreger, die in Zecken nachgewiesen werden wächst seit den letzten 30 Jahren. Dazu gehören auch die Erreger der Lyme-Krankheit, welche in Europa und Deutschland als die häufigste von zecken-übertragene Infektionserkrankung gilt (tick-borne diseases = TBD). Die Lyme-Borreliose in Europa ist eine durch I. ricinus übertragene zoonotische, bakterielle Infektionserkrankung des Menschen durch Spirochäten, die dem Borrelia burgdorferi sensu lato (s.l.) Komplex mit sieben verschiedenen Genospezies angehören. Jede der Genospezies ist an bestimmte Wirtstiergruppen als Reservoirwirte angepasst. Es besteht ein komplexes Zusammenspiel aus Zecke, ihren Wirten, dem Pathogen und der Umwelt. Die verschiedenen Stadien von I. ricinus (Larve, Nymphe, Adulte mit Männchen/Weibchen) müssen je Stadium für ihre Weiterentwicklung eine Blutmahlzeit zu sich nehmen. Mit dieser Blutmahlzeit können Lyme-Borrelien zwischen Zecke und Wirt ausgetauscht und auch der Mensch infiziert werden. Wird die Lyme-Krankheit des Menschen im frühen Stadium nicht erkannt und therapiert, kann sie chronifizieren. Die Lyme-Borreliose führt gesamtgesellschaftlich betrachtet zu hohen Kosten durch Diagnostik, Therapiemaßnahmen und Arbeitsausfall. Die vorliegende Dissertation konzentrierte sich auf die Risikobestimmung und damit auch auf den Bereich der Prävention von Lyme-Borreliose, indem sie die Verteilungs- und Aktivitätsmuster von wirtssuchenden Nymphen und Adulten I. ricinus an drei periurbanen Berliner Standorten (Gatow, Tegel, Wannsee) über drei Jahre sowohl groß- als auch kleinräumig untersuchte und diese mit der Bestimmung von standortbezogenen Prävalenzen humanpathogener Lyme-Borrelien und dem daraus resultierenden theoretischen Expositionsrisiko kombinierte. Ziel war es, valide Standards zu entwickeln, die Betrachtung und Vergleich unterschiedlicher Untersuchungsgebiete möglich machen. Dabei sollten bisher genutzte Verfahren mit einem neuen Ansatz ergänzt werden. Zur Umsetzung dieser Ziele bestand der Untersuchungsansatz aus drei Basiskomponenten: 1\. Feldarbeit: zur Bestimmung der räumlichen Verteilung der Zecken, wurde zwischen Makro-, Mikro- und Nanotransekten unterschieden, die mit unterschiedlichen Flaggmethoden beprobt wurden. 2\. Laborarbeit: zur Bestimmung der Prävalenz von Lyme-Borrelien in den gesammelten Zecken und zur Identifizierung der Genospezies 3\. Statistik: komplexe statistische Auswertung der erhobenen Daten in R und SaTScan™ mit verschiedenen Betrachtungsweisen getrennt nach Mikro- & Makround Nano-Bereichen, die den räumlichen Aspekt der Zecken- und der Genospeziesverteilung untersuchte. Sowohl das Gesamtverhältnis von Nymphen zu Adulten als auch das von Männchen zu Weibchen über alle Standorte und Jahre entsprach dem, was biologisch zu erwarten war. Vergleicht man jedoch die Aktivität zwischen den Standorten von 2010 bis 2012, stellte sich Tegel als von Nymphen und Gatow als von Adulten dominierter Standort dar. Dieses Aktivitätsmuster wurde auch im Nano-Bereich beobachtet, damit kann neben anderen Faktoren ein Sammelartefakt ausgeschlossen werden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Aktivität wirtssuchender Zecken über die Saison jahres- und standortabhängig variieren kann. Ein bimodaler Aktivitätsverlauf war für Nymphen und Adulte lediglich in einem von drei Jahren für Gatow und Wannsee erkennbar. Die meisten wirtssuchenden Nymphen und Adulten waren von März/April bis Juni/Juli zu flaggen. In Wannsee war der anthropogene Einfluss am größten und die Zeckenstadien zeigten in ihrer Aktivität große saisonale Unterschiede. An allen drei Standorten war ein klarer Zusammenhang zwischen Habitat- bzw. Vegetationsstruktur und Zeckenaktivität erkennbar. Dabei war eine gewisse Streckentreue der Nymphen zu beobachten und eine gewisse Streckenvariabilität der Adulten. Für den Nano-Bereich konnte mit Hilfe der Clusteranalyse in SaTScan™ die räumliche Verteilung der Zecken je Quadrant kleinskalig untersucht werden. Es wurde hier auf kleinem Raum gezeigt, dass Nymphen und Adulte unterschiedliche Transekte zu bevorzugen scheinen und nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern sich in ihrem Vorkommen häufen. Um zu prüfen, in welchem Standort die Unterschiede in den Zeckenaktivitäten zwischen den Transekten am größten waren, wurden zwei Betrachtungsansätze (mathematisch, grafisch) entwickelt. Von den drei Standorten waren die Zecken im Wannseer Garten am wenigsten gleichmäßig verteilt. Diese Betrachtungsansätze zum Vergleich der räumlichen Standort-Heterogenität in der Zeckenaktivität ermöglichen es, Untersuchungsgebiete, die keine annähernd ähnliche Streckenanzahl und Streckenlänge besitzen, valide miteinander zu vergleichen. Die Übertragbarkeit dieses Verfahrens auf andere Untersuchungsgebiete sollte in Folgeuntersuchungen geprüft werden. Die höchsten Prävalenzen von Borrelien in Nymphen und Adulten fanden sich am Standort Wannsee, sie lagen weit über dem ermittelten europäischen Durchschnitt. Allen drei Standorten war gemeinsam, dass B. lusitaniae weder in Nymphen noch in Adulten nachgewiesen wurde. In Gatow und Wannsee dominierten die mit Nagetieren assoziierten Genospezies, in Tegel dagegen die mit Vögeln assoziierten. In Wannsee wurde außerdem B. spielmanii in den Zecken nachgewiesen. Das theoretische Expositionsrisiko (Et) verknüpft die Prävalenz humanpathogener Lyme-Borrelien (Php) mit der jeweiligen Zeckendichte und gibt an, wie vielen infizierten Nymphen oder adulten Weibchen man auf einer 100 m²-Fläche theoretisch begegnen könnte. Die Ergebnisse dieser Verknüpfung zeigen, wie wichtig das theoretische Expositionsrisiko (Et) ist. Würde man beispielsweise nur die Nymphendichten betrachten, dann wäre ein Spaziergang im Tegeler Wald am risikoreichsten. Würde man sich nur nach den Infektionsraten mit humanpathogenen Lyme-Borrelien richten, wäre der Aufenthalt im Wannseer Garten am gefährlichsten. Verknüpft man jedoch beide Parameter im theoretischen Expositionsrisiko, scheint ein Spaziergang im Waldgebiet in Gatow am kritischsten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Zeckenaktivitäten und die Prävalenzen humanpathogener Lyme- Borrelien kleinräumig stark unterscheiden können und eine Risikoeinschätzung für den Menschen über das theoretische Expositionsrisiko geschehen sollte. Vor diesem Hintergrund erscheinen sogenannte „Zeckenrisiko-Karten“ wenig sinnvoll. Die hier entwickelten methodischen Verfahren können für Folgestudien zur Beschreibung heterogener Untersuchungsstandorte genutzt werden, welche wiederum die Basis für eine gezielte Landschaftsplanung im Sinne von One- Health bieten können.
Ticks are efficient vectors of various pathogens due to their potential interactions with different kinds of hosts during their life cycle. The number of recognized pathogens transmitted by ticks (tick-borne diseases = TBD) has been growing over the past 30 years. This includes the causative agent of Lyme disease (LD), which is the most prevalent TBD in Europe and Germany. In Europe, LD is transmitted by I. ricinus ticks. LD is a zoonotic, bacterial infection of humans caused by spirochetes, belonging to the Borrelia burgdorferi sensu lato (s.l.) complex. B. burgdorferi s.l. includes seven genospecies, each of which is associated with particular vertebrates as reservoir hosts. The interaction of ticks, hosts, pathogens and habitats is complex. Each life stage of I. ricinus (larva, nymph, adult as male and female) requires a blood meal from a vertebrate host for its subsequent development. During the blood meal, Lyme borreliae are transmitted between tick and host and vice versa. People usually acquire LD by nymphal or female ticks. If LD escapes early diagnosis, it may become chronic. Due to high costs for diagnostics, therapy and working days lost, LD financially impacts the healthcare system and results in a great economic burden for the society. This study focusses on LD prevention due to risk assessment by examining the distributional patterns and the activity of questing nymphal and adult I. ricinus ticks. Over the course of three years, this survey was performed at three peri-urban study sites in Berlin (Gatow, Tegel, Wannsee) at different spatial scales. Additionally, the prevalence of genospecies pathogenic to humans was determined in questing ticks. This prevalence in conjunction with tick densities results in a theoretical exposure risk for people. This study also aimed to develop valid standards for comparing heterogeneous study sites. These aims were addressed by three basic approaches: 1\. Field work: Different flagging methods were applied and compared to examine the spatial tick distribution, distinguishing between macro, micro and nano transects. 2\. Laboratory work: Prevalence of borreliae in questing ticks were determined and their genospecies identified. 3\. Statistics: To investigate the spatial aspects of the distribution of questing ticks and the genospecies of borreliae infecting them, complex statistical analysis was applied to the generated data using R© and SaTScan™, separately for micro-macro and nano sections. For each year and study site, both the total ratio of nymphs to adults as well as the ratio of males to females was generally in line with biological expectations. When comparing the tick activity between study sites for 2010-2012 at the micro-macro scale, Tegel appeared to be dominated by nymphs and Gatow by adults. This pattern was also observed at the nano scale. Due to this and other observations, a sampling artefact can be excluded. The results demonstrate that activity of questing ticks may vary for each year and study site. Only during one year, a bimodal activity pattern was observed for both nymphs and adults at Gatow and Wannsee. On average, questing nymphs and adults were most active from March/April until June/July. The highest anthropogenic impact was at the garden in Wannsee, where the ticks displayed a high variability in their seasonal activity pattern. At all three study sites, activity of questing ticks appeared to be linked to habitat and vegetation structures. Nymphs appeared to be associated with particular transects, whereas adults showed more variability. A cluster analysis performed with SaTScan™ allowed testing the spatial tick distribution at a small scale. At this scale, it became evident that nymphs and adults seemed to prefer different transects and they are not distributed equally but rather tend to cluster. To test whether the distribution patterns of questing ticks vary in heterogeneity between the study sites, two novel approaches (mathematical, graphical) were developed. Of all three study sites, the distribution of ticks was most heterogeneous at Wannsee. This method allows to compare the heterogeneity of spatial use in and between study sites despite different numbers and lengths of transects. The highest prevalence of borreliae in questing nymphal and adult ticks was detected at the Wannsee study site, where it exceeded the European average. At all three study sites, neither nymphs nor adults were infected by B. lusitaniae. At Gatow and Wannsee, rodentassociated genospecies were predominant in questing ticks, at Tegel bird-associated genospecies. Furthermore, B. spielmanii was detected in ticks at Wannsee. A theoretical risk of exposure (Et) was calculated by combining the prevalence of all genospecies pathogenic to humans at site with the local tick density. It estimates the number of infected nymphs or females that may be theoretically encountered on an area of 100 m². The results for Et illustrate the importance of this approach. For example, if only the nymph densities were evaluated, a walk through the Tegel forest would constitute a high risk. In contrast, by limiting the estimate to the prevalence of genospecies pathogenic to humans (Php), gardening at the Wannsee site would implicate the highest risk. But by combining both parameters, a walk through the forest at Gatow bears the highest risk of exposure. These results illustrate that the activity of questing ticks and their prevalence of borreliae pathogenic to humans varies tremendously at a small spatial scale. That in mind, risk maps for borreliae-infected ticks seem of little use. Risk assessment for humans should be based on the theoretical risk of exposure determined locally. The methods developed in this study may be applied in further investigations when evaluating and comparing the heterogeneity of questing ticks and prevalence of the causative agent of LD within or between different study sites. These future investigations may provide a basis for targeted landscaping in the sense of the One Health initiative.