Hintergrund Die steigende Prävalenz dementieller Erkrankungen stellt eine enorme soziale und ökonomische Belastung der deutschen Gesellschaft dar. Da gegenwärtig keine kurativen Therapieoptionen der Demenz zur Verfügung stehen, müssen präventive Maßnahmen entwickelt werden, die den Abbau kognitiver Funktionen im Alter aufhalten können. In Tierexperimenten konnte eine 30-50%ige Kalorienreduktion (CR) mit einer Leistungsverbesserung in kognitiven Tests assoziiert werden. Als Wirkmechanismen dieser kognitiven Verbesserungen durch CR kommen eine Optimierung des Glukose-/Insulinstoffwechsels sowie eine Reduktion der peripheren Entzündungsmediatoren in Betracht. Aufbauend auf eine Pilotstudie der Universität Münster, die erstmals am Menschen eine Verbesserung der verbal-episodischen Gedächtnisleistung durch CR-Intervention zeigen konnte, wurden diese Ergebnisse an einer weiteren Stichprobe überprüft. Zusätzlich wurden die Effekte von CR auf weitere kognitive Leistungen – exekutive Funktion und Arbeitsgedächtnis – untersucht. Methoden Im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Längsschnittstudie wurde der Einfluss von CR auf die kognitive Leistung gesunder, älterer (50-80 Jahre), leicht übergewichtiger Probanden (BMI 24-32) untersucht. Die Interventionsgruppe (n=34) führte eine sechsmonatige Kalorienreduktion unter Anleitung einer Ernährungsberaterin durch und wurde mit einer Kontrollgruppe (n=27) verglichen. Die Testungen zu Studienbeginn und Studienabschluss bestanden aus neuropsychologischen Tests (VLMT für verbal-episodische Gedächtnisleistung, Trail making Test B (TMT-B) und Farbe-Wort-Interferenz-Test für exekutive Funktion, Zahlen rückwärts für Arbeitsgedächtnisleistung), Fragebögen, einer medizinischen Untersuchung mit bioelektrischer Impedanzanalyse und Laboranalysen (insbesondere Glukose-/Insulin- und Entzündungsparameter). Die statistischen Analysen wurden in einem Intention-to-treat-Ansatz für die ursprünglichen Interventionsgruppen durchgeführt. Aufgrund von mangelhafter Compliance, die in keiner statistisch signifikanten Gewichtsreduktion der CR- Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe resultierte, wurde zusätzlich im Rahmen einer explorativen Datenanalyse eine weitere Gruppeneinteilung eingeführt: Probanden, die während der Studie an Gewicht abgenommen hatten (BMI--Gruppe), wurden mit Probanden, die während der Studie an Gewicht zugenommen hatten (BMI+-Gruppe), verglichen. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass eine Gewichtsabnahme mit besseren Leistungen des verbalen Gedächtnisses verbunden war. Es bestand eine Korrelation zwischen der Abnahme des Körpergewichts und der Verbesserung der Gedächtnisleistung (Konsolidierungsleistung: p=0,034). Physiologisch zeigten diese diätassoziierten Verbesserungen Zusammenhänge mit positiven Veränderungen im Glukosestoffwechsel (p=0,008). Die exekutive Funktion wurde durch die sechsmonatige CR-Intervention beziehungsweise Gewichtsabnahme ebenfalls positiv beeinflusst. Sie verbesserte sich im Gruppenvergleich in der CR- (p=0,017) beziehungsweise BMI--Gruppe (p=0,035) gegenüber Kontrollbedingungen, wenn für Kovariaten adjustiert wurde, die die Stimmung und das kardiovaskuläre Risiko messen. Korrelationen bestanden zwischen der Verbesserung der Testleistungen und der BMI-Veränderung (TMT-B: statistischer Trend) beziehungsweise der Veränderung des Körperfettanteils (Interferenz: p=0,026). Die Verbesserungen der exekutiven Funktionen gingen mit positiven Veränderungen im Entzündungsstoffwechsel einher (Interleukin-6: p=0,005, TNF-α und hsCRP: statistische Trends). Eine Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses in der BMI--Gruppe gegenüber der BMI+-Gruppe deutete sich in statistischen Trends an. Sowohl Veränderungen im Glukose- als auch im Entzündungsstoffwechsel kommen im Zusammenhang mit der Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses bei Gewichtsabnahme als Mechanismen in Frage. Schlussfolgerung Die Studie liefert Hinweise, dass eine mäßige Gewichtsreduktion bei gesunden, älteren Probanden eine kostengünstige und gesundheitlich unbedenkliche Präventionsmaßnahme darstellt, die vor kognitivem Abbau im Alter und damit perspektivisch auch vor der Entwicklung dementieller Erkrankungen schützen kann. Die Ergebnisse legen eine Grundlage für die Aufnahme der Gewichtsoptimierung in die Leitlinien zur Prävention von dementiellen Erkrankungen. Kausale Zusammenhänge sollten an interventionellen Studien mit stärkerer tatsächlicher Gewichtsabnahme überprüft und die entwickelten Hypothesen bezüglich der Mechanismen weitergehend untersucht werden.
Background: Because of growing numbers of dementia and the lack of curative therapeutic options, there is the need for preventive measures against loss of cognitive function. In animal studies, 30-50% caloric restriction (CR) was associated with improvements in cognitive tests. The underlying mechanisms could be associated with glucose-/insulin- as well as inflammatory metabolism. Methods: In a prospective clinical study we tested the influence of caloric restriction on cognitive function in healthy elderly subjects. The subjects were 50-80 years old; their BMI was 24-31. For the duration of six months the goal was to reduce the caloric intake of the subjects in the CR-Group by 30% and not to chance the caloric intake of the subjects in the control group. Neuropsychological testing included the VLMT for verbal episodic memory, Trail making Test B and Stroop for executive function and digit span backwards for working memory. The neuropsychological testing was carried out along with a clinical exam, blood work, bio impedance analysis and questionnaires at the beginning and at the end of the six month study duration. Statistical analysis was carried in an intention-to-treat approach comparing the CR-group with the control group. Unfortunately the CR group did not lose significantly more weight than the control group. Therefore, in an exploratory approach, the subjects were newly classified into one “weight loss” group and one “weight gain” group and all statistical analyses were additionally carried out for this classification. Results: The results show that weight gain in associated with improvements in verbal memory. There was a correlation between weight loss and improvement in consolidation (p=0,034). These improvements were associated with favorable changes in glucose metabolism (p=0,008). Also executive function was positively influenced by CR and weight loss. In group comparisons the CR group improved significantly in the Stroop test (p=0,017), while the “weight loss” group improved significantly in the Trail making test B. Those changes coincided with favorable changes in inflammatory markers. In the area of working memory statistical trends can be seen: the “weight loss” group tends to improve when compared to the “weight gain” group and both glucose-/insulin- as well as inflammatory markers show potential associations with these improvements. Conclusion: The results indicate that a moderate weight loss in healthy, elderly patients might be a cost effective and low- risk preventive strategy against cognitive decline. Moderate weight loss could play a more significant role as a preventive measure against dementia in medical guidelines. As these conclusions were drawn from an exploratory approach, more studies should be performed to validate the results.