dc.contributor.author
Bauer, Theresa Elisabeth Secunda
dc.date.accessioned
2018-06-07T22:24:12Z
dc.date.available
2012-02-23T09:00:58.550Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9219
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-13418
dc.description.abstract
Hintergrund und Zielsetzung: Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe
schätzt die Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland auf etwa 250.000. In
Berlin leben geschätzt 10.000 wohnungslose Menschen. Die Gesundheit von
Menschen, die ohne festen Wohnsitz und in Armut leben, ist besonders
gefährdet. Diese Menschen haben zudem einen sehr begrenzten Zugang zur
medizinischen Versorgung. Obwohl Wohnungslosigkeit von der
Weltgesundheitsorganisation als eigene Diagnose in die internationale
Klassifikation der Krankheiten aufgenommen wurde, gibt es in Deutschland nur
wenige, in Berlin gar keine medizinisch-wissenschaftlichen Untersuchungen über
Wohnungslose. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist daher die Untersuchung
der soziodemographischen Charakteristika und medizinischen Parameter aller
Patienten des interdisziplinären Gesundheitszentrums für Obdachlose der Jenny
De la Torre Stiftung in Berlin-Mitte. Methodik: Es handelt sich bei dieser
Untersuchung um eine Querschnittsstudie mit retrospektiver Auswertung von
standardisiert erhobenen Patientendaten. Eingeschlossen wurden alle
wohnungslosen Patienten bei Erstkontakt mit dem Gesundheitszentrum für
Obdachlose in Berlin-Mitte. Der Untersuchungszeitraum begann im September 2006
(Eröffnung des Gesundheitszentrums) und endete im April 2008. Zu den erhobenen
soziodemographischen Parametern gehörten auch Angaben zum
Krankenversicherungsstatus, zu Übernachtungsstellen und Zeitraum der
Wohnungslosigkeit. Weiterhin erhoben wurden medizinische Parameter: Angaben
zum letzten Arztbesuch, somatische und psychische Vorerkrankungen,
insbesondere Sucht, Gründe für den Besuch im Gesundheitszentrum, sowie
ärztliche Diagnosen bei Erstkontakt. Neben deskriptiven statistischen Analysen
der soziodemographischen und medizinischen Parameter erfolgten
geschlechtsspezifische Gruppenvergleiche bezüglich Übernachtungsstellen,
Alter- und Familienstand, sowie der Vergleich des Diagnosespektrums von
Kurzzeit- und Langzeitwohnungslosen (bis 6 Monate versus > 6 Monate).
Ergebnisse: Eingeschlossen wurden die Daten von 440 obdachlosen Patienten,
davon waren 81% männlich (Altersmittelwert 43,5 ± 12,9 Jahre) und 19% weiblich
(37,2 ± 12,8 Jahre). 50% der Patienten waren beim Erstkontakt mit dem
Gesundheitszentrum höchstens sechs Monate wohnungslos. 62% der Patienten gaben
an, ledig zu sein, ein Fünftel der Patienten war geschieden. Von den 39% der
Patienten, die angaben Kinder zu haben, hatte die Hälfte zwei oder mehr
Kinder. 36% hatten eine Krankenversicherung, 31% der Patienten bezogen
Sozialhilfe. Von allen Patienten waren 26% ausländischer Herkunft, sie kamen
vor allem aus Polen und anderen mittel- und osteuropäischen Ländern. 71%
hatten die Schule abgeschlossen, davon hatten 47% einen Hauptschulabschluss,
54% einen mittleren oder höheren Schulabschluss, ausländische Patienten hatten
häufiger als Deutsche den höchsten Schulabschluss erreicht. 59% der Frauen und
36% der Männer übernachteten in Sozialeinrichtungen. 43% der Patienten hatte
in den letzten zehn Jahren keinen Arzt aufgesucht, jedoch hatten 29% innerhalb
des vergangen Quartals einen Arzt aufgesucht. Von den Patienten des
Gesundheitszentrums waren 58% nikotin- und 43% alkoholabhängig. Die
Betroffenen litten akut vor allem an infektiösen und parasitären Krankheiten
(16%), Verletzungen (15%), Erkrankungen der Atemwege (14%) sowie Krankheiten
der Haut (9%). Bei 7% der Behandlungsdiagnosen wurde entsprechend der
internationalen Klassifikation der Krankheiten ausschließlich Obdachlosigkeit
(ICD-10 Z.59) diagnostiziert. Kurzzeitwohnungslose, die weniger als sechs
Monate wohnungslos waren, litten bei Erstkontakt signifikant häufiger an
Atemwegserkrankungen als Langzeitwohnungslose. Als Vorerkrankungen wurden am
häufigsten psychische (28%), Atemwegs- (21%) und infektiöse Erkrankungen (20%)
angegeben. Schlussfolgerungen: Die vorliegende Studie ist die umfangreichste
sozialmedizinische Untersuchung zur ambulanten medizinischen Versorgung
Obdachloser in Deutschland. Das Spektrum der Erkrankungen der Patienten in der
vorliegenden Studie ergab ein heterogenes Bild aus somatischen und psychischen
Krankheiten, die in vielen Fällen mit der Wohnungslosigkeit assoziiert sein
dürften. Sie verwiesen darauf, dass eine Verbesserung der ärztlichen
Versorgung in gezielten niedrigschwelligen Angeboten dringend erforderlich
ist, insbesondere für Kurzzeitwohnungslose (≤ 6 Monate), die die Hälfte der
Patienten des Berliner Gesundheitszentrums ausmachten. Zudem bestand eine
große Diskrepanz zwischen dem gesetzlichen Anspruch auf
Krankenversicherungsschutz und Sozialhilfeleistungen und der
Versorgungsrealität Obdachloser. Mögliche Barrieren für den Zugang zu diesen
Versicherungs- und Sozialleistungen sollten insbesondere auch durch
qualitative Studien weiter erforscht werden, um sie beseitigen oder zumindest
reduzieren zu können. Das Thema Wohnungslosigkeit und Gesundheit ist in seiner
sozialmedizinischen Brisanz bisher vom deutschen Gesundheitswesen nicht
ausreichend erkannt worden. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit können dazu
beitragen, adäquater auf die psychosozialen und medizinischen Bedürfnisse
Obdachloser zu reagieren. Sie dienen als Grundlage für weitere
geschlechtsspezifische Forschung, insbesondere Langzeitstudien, zur
Versorgungssituation aber auch zur Entwicklung gezielter präventiver
Strategien.
de
dc.description.abstract
Homelessness is an extreme form of poverty. Individuals and communities
affected by this social problem face many consequences for their health. The
number of homeless people in Germany is estimated to be 250,000 people, in
Berlin approximately 10,000 people. Homeless people face high rates of
illness, disability and numerous barriers to health care. No systematic large-
scale documentation and analysis of homelessness and associated health
problems has been conducted in Germany. We examined social and medical data of
people affected by homelessness to gain a better understanding of their health
and associated problems and especially to contribute a discussion on their
specific needs. Material and Methods Retrospective analysis of patient data
from initial time visits to a specialist Healthcare centre for homeless people
in Berlin over a 20 months period. Patient’s history and symptoms were
documented by standardized questionnaire during consultation. Results Data of
440 patients were included in the study; including 81 % men (mean age 43.5 ±
13 years) and 19% women (mean age 37.2 ± 12.8 years). 50% of patients lived
less than 6 months on the street, before they had their first consultation.
62% of patients reported being single, one-fifth of the patients were
divorced. 39% of the patients had children; half of them had two or more
children. The percentage of health-insured is 36%, 31% of patients received
social assistance. The share of non-German nationals was about 26%; the
majority came from Poland and other Central and Eastern European countries.
71% had graduated from school, whereas 47% of them had a secondary school, 54%
had a middle or high school diplomas. 59% of women and 36% of the men stayed
overnight in social services. 43% of patients had visited no doctor in the
last ten years; however 29% had visited a doctor within the past quarter.
Abuse of nicotine was diagnosed in 58% and alcohol in 43% of the patients. The
most frequent acute diseases were infectious and parasitological diseases
(17%), traumata (15%), respiratory complaints (14%) and dermatological
complaints (9%). In 7% of treatment diagnoses exclusively homelessness (ICD-10
Z.59) were diagnosed according to the International Classification of
Diseases. Short-term homeless people, who were homeless for less than six
months, suffered significantly more often from respiratory diseases as a long-
term homeless. As the most common previous illnesses mental health (28%),
respiratory (21%) and infectious diseases (20%) were indicated. Conclusion The
acute problems of the patients are a heterogeneous mixture of somatic and
psychological needs as well as social needs. The results suggest that
especially short-term homeless (< 6 months) are using the service of the
health care centre. The results of this study health contribute to a better
understanding of homeless peoples health needs and will enable health
specialist care providers to better serve homeless adults. This study is the
largest systematically data collection of homeless peoples health in Germany
and establishes a basis for further longitudinal analysis on effectiveness of
medical and psychosocial ambulatory care for homeless people.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
public health care
dc.subject
social medicine
dc.subject.ddc
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften::610 Medizin und Gesundheit
dc.title
Medizinische und soziodemographische Charakteristika der Patienten des
Berliner Gesundheitszentrums für Obdachlose
dc.contributor.firstReferee
Priv.-Doz. Dr. med. T. Keil
dc.contributor.furtherReferee
Priv.-Doz. Dr. med. C. Gärtner
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. med. A. Michalsen
dc.date.accepted
2012-02-24
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000034487-3
dc.title.translated
Medical and socio-demographic characteristics of patients of the medical
Healthcare center for homeless people in Berlin
en
refubium.affiliation
Charité - Universitätsmedizin Berlin
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000034487
refubium.mycore.derivateId
FUDISS_derivate_000000010261
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open access