Einleitung: Das postoperative Delir und die postoperative kognitive Dysfunktion (englisch: postoperative cognitive dysfunction, POCD) sind häufige Folgen eines operativen Eingriffs unter Allgemeinanästhesie. Der Zusammenhang dieser beiden kognitiven Einschränkungen ist derzeit unklar und die Ätiologie weitgehend unbekannt. Für beide Entitäten wird von einer multifaktoriellen Genese ausgegangen. Dabei sind einige Risikofaktoren, wie hohes Alter, vorbestehende kognitive Einschränkungen, schlechter Gesundheitszustand etc. bekannt. Die Folge ist oftmals ein längerer Krankenhausaufenthalt, häufigere Aufnahme in ein Pflegeheim im Anschluss daran, früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt und eine erhöhte Mortalität. Da der Zusammenhang beider Entitäten bisher nicht geklärt ist, soll dieser in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Dabei wird in einer Sekundäranalyse der Daten der Studie „Surgery Depth of anaesthesia and Cognitive outcome“ das postoperative Delir als möglicher Risikofaktor für eine POCD nach einer Woche und nach drei Monaten neben anderen möglichen Risikofaktoren analysiert. Methodik: Eingeschlossen wurden Patienten im Alter von über 60 Jahren, einem mini-mental-state- examination (MMSE)-Wert über 23 und einer geplanten nicht-kardialen Operation mit einer Dauer von mehr als 60 Minuten. Alle Patienten wurden nach den DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) IV Kriterien auf ein postoperatives Delir innerhalb der ersten sieben postoperativen Tage, beginnend im Aufwachraum eine Stunde nach OP-Ende, gescreent. Präoperativ, eine Woche sowie drei Monate nach dem Eingriff wurden sie zudem mit zwei Paper-Pencil-Tests und zusätzlich vier Tests aus einer computergestützten kognitiv Testreihe (CANTAB®-Batterie) getestet. Ergebnisse: Von 1277 der in die Primärstudie eingeschlossenen Patienten lagen bei 850 Patienten vollständige Datensätze für die hier durchgeführte Sekundäranalyse vor. Während ein postoperatives Delir innerhalb der ersten postoperativen Woche mit einer Inzidenz von 32,9 % auftrat, lag die POCD-Inzidenz nach einer Woche bei 20,9% und nach drei Monaten bei 9,4 %. Für beide Entitäten konnte in der univariaten Analyse ein höheres Patientenalter sowie ein höherer Wert der American Society of Anesthesiologists Physical Status Classification (ASA-PS) und die Eingriffslokalisation „intraabdominell/intrathorakal“ als Risikofaktoren identifiziert werden. Das postoperative Delir zeigte sich nicht als signifikanter Risikofaktor für eine POCD nach einer Woche oder nach drei Monaten (p = 0,30), wohingegen die Untergruppe der Patienten, die ein postoperatives Delir innerhalb der ersten sieben postoperativen Tage, jedoch noch nicht im Aufwachraum hatten, ein signifikant höheres POCD-Risiko hatte (OR = 2,56 (95%-Konfidenzintervall; 1,07–6,16), p = 0,035). Diskussion und Schlussfolgerung: Sowohl die Inzidenz des postoperativen Delirs als auch die der POCD deckt sich mit den in der Literatur angegebenen Werten. Es konnten bekannte Risikofaktoren für ein postoperatives Delirs und eine POCD bestätigt werden. Mittels multivariater Analysen konnte nicht gezeigt werden, dass postoperatives Delir das Risiko einer POCD signifikant erhöhte.
Background: Both post-operative delirium and post-operative cognitive dysfunction (POCD) are common after general anaesthesia, but their relationship and etiology have not been clarified until now. For each entity etiology seems to be multifactorial and known risk factors are old age, preoperative cognitive dysfunction, poor health etc.. Consequences are longer hospital stays, hospitalization, early retirement and higher mortality. By means of a secondary analysis of data from the ‘Surgery Depth of anaesthesia and Cognitive outcome’- study we evaluated how postoperative delirium and POCD are related after one week and three months after surgery, respectively. Methods: We included patients aged ≥ 60 years undergoing non-cardiac surgery planned for longer than 60 minutes with a mini-mental-state-examination-score over 23 points. Delirium was assessed according to the Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders IV criteria in the post-anaesthesia care unit (PACU) as well as within the first week after surgery. Cognitive function was assessed with two paper-pencil tests and a neuropsychological test battery (CANTAB®). Multivariable analysis of POCD was performed with consideration of predisposing and precipitating factors. Results: 850 complete data-sets of 1277 patients included in the primary study included were received. Delirium was found in 32.9% of these cases, POCD one week after surgery in 20.9% and after three months in 9.4%. In multivariable analysis old age, poor health and site of surgery (“intraabdominal/-thoracic”) were independent risk factors. Delirium had no overall effect on POCD (p = 0.30). Only the subgroup “patients with no delirium in PACU but with postoperative delirium within 7 days” had an increased risk of POCD three months after surgery (OR = 2.56 (95%-confidence interval: 1.07–6.16), p = 0.035). Conclusions: Incidence of postoperative delirium and POCD correspond with literature. Known risk factors can be confirmed. In multivariable analysis there is no clear evidence that postoperative delirium is independently associated with POCD up to three months after surgery.