dc.contributor.author
Schulz, Ralf-Joachim
dc.date.accessioned
2018-06-07T22:12:36Z
dc.date.available
2011-07-13T07:34:41.519Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8995
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-13194
dc.description.abstract
Biologische Alterungsvorgänge führen zum fortschreitenden Verlust der
physischen und psychischen Anpassungsfähigkeit an die Lebensvorgänge. Die
altersgebundenen Leistungsverluste einzelner Organsysteme drücken sich vor
allem in herabgesetzter Adaptationskapazität und verminderter Reservekapazität
aus. Ein Beispiel hierfür ist die rasche Dekompensation von inneren Organen
(Herz, Niere), die verzögerte Mobilisation (mit oder ohne zusätzliche
Komplikationen) und der rasche Abbau kognitiver Leistungen. Die
Mangelernährung nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die daraus entstehenden
Risiken und Erkrankungen wurden in den letzten Jahren zunehmend erkannt. Als
Konsequenz muss daher versucht werden, entsprechende standardisierte
Screeningverfahren und Interventionsmöglichkeiten in der Altersmedizin zu
etablieren. In der vorgelegten Arbeit wird dargestellt, wie
Mangelernährungsassessment und andere Assessmentverfahren miteinander
verbunden werden und neue Diagnostiktools in den klinischen Alltag etabliert
werden können. Das Ziel der vorliegenden Arbeiten war, multimorbide Patienten
mit altersgebundenen Leistungsverlusten einzelner Organsysteme mittels
neuartiger Assessmentverfahren besser charakterisieren zu können und
differenzierte Therapien in den klinischen Alltag zu integrieren. Schwerpunkte
der Untersuchungen waren: • Charakterisierung von Faktoren, die eine
Mangelernährung anzeigen können • Verknüpfung geriatrischer Assessment Tools •
Evaluation und Entwicklung neuer Bestimmungsverfahren für den Energiebedarf
geriatrischer Patienten • Standardisierte Erfassung der GFR unter
Berücksichtigung der Körperzusammensetzung geriatrischer Patienten • Erfassung
ernährungsrelevanter Risikofaktoren für den kognitiven Abbau • Unterstützung
der orofacialen Therapie durch standardisierte Ernährungstherapieabläufe Die
Untersuchungen wurden • mit Hilfe der indirekten Kaloriemetrie, BIA und
diverser anthropometrischer Untersuchungsverfahren • durch vergleichende
Untersuchungen diverser Assessmenttools • mittels spezieller Blutparameter
durchgeführt. Wir haben die in der Literatur beschriebenen diversen Studien
und verschiedenen Tools zur Diagnostik der Mangelernährung bei älteren
Patienten evaluiert. In dem Vergleich der 5 gängigsten Verfahren wird die
Schwierigkeit deutlich, dass man sich entweder für eine sehr ausführliche und
gründliche Erhebung einer Mangelernährung mit einem deutlich höheren
Zeitaufwand oder schnell durchführbare Tests mit geringerem Zeitbedarf, aber
eingeschränkter Aussagefähigkeit, entscheiden muss. Die eigenen Untersuchungen
zeigten dabei auf, dass der BMI, der in vielen Institutionen als ein
Standardparameter für Mangelernährung gilt, bei betagten Menschen nicht
brauchbar ist. BMI kann lediglich für Verlaufskontrollen hinzugezogen werden.
Im Bezug auf Genauigkeit und Berücksichtigung von den multimorbiden
Gesamtkonstellationen des geriatrischen Patienten ist bislang der MNA-Bogen zu
empfehlen. Im klinischen Alltag ist jedoch gerade die Datenerhebung in Bezug
auf Selbsteinschätzung zum Ernährungszustand bei geriatrischen Patienten in
einem Akut-Krankenhaus nicht adäquat durchführbar, so dass eine Analyse der
zielführenden Parameter für einen Mangelernährungszustand durchgeführt wurde.
Die Faktoren wurden mittels einer linearen Regressionsanalyse in Bezug auf die
klinische Diagnose einer Mangelernährung erhoben und bestehen aus: 1\.
Gewichtsverlust innerhalb der letzten 3 Monate 2\. Mobilität 3\. BMI 4\.
Anzahl der vollständig verzehrten Nahrungsportionen pro Tag 5\.
Flüssigkeitsaufnahme pro Tag 6\. Nahrungsaufnahme Modus 7\. Allgemeiner
Gesundheitszustand Ein effektives Assessment sollte daher diese Faktoren
berücksichtigen, wobei es nicht zwingend notwendig ist, dass in einem
solitären Assessmentbogen diese Faktoren erhoben werden. In unseren
Untersuchungen konnten 6 der 7 Items aus parallel durchgeführten
Assessmentverfahren in der Geriatrie erhoben werden. Dadurch wird ein
erheblicher Zeitaufwand eingespart und die Compliance von Patienten und
Untersuchern verbessert. Mangelernährung berührt nicht nur das Thema der
allgemeinen Leistungsschwäche mit erhöhter Inaktivität und zunehmendem
Sturzrisiko, sondern stellt auch im Rahmen der Wundheilung einen wichtigen
Risikofaktor dar. Wie verschiedene Assessmenttools und Screnningtools im
klinischen Alltag einer Akutgeriatrie sinnvoll miteinander vernetzt werden
können, zeigt unsere Arbeit in Bezug auf die Risikoerfassung für
Mangelernährung und Decubitus. In der Arbeit konnte eine signifikante
Übereinstimmung bei der Risikoskalierung und damit der klare klinische Bezug
zueinander hergestellt werden. Auch die Erfassung des Energiebedarfs zur
Vermeidung eines Mangelernährungszustandes ist in der Altersmedizin ebenfalls
noch nicht standardisiert und in den Klinikalltag integriert. Weltweit
existieren circa 32 verschiedene Schätzformeln für die Bestimmung des
Grundenergieumsatzes und des aktivitätsabhängigen Gesamtenergiebedarfs von
geriatrischen Patienten. Unsere Messungen mittels indirekter Kalorimetrie
deckten die Schwächen der derzeit verfügbaren Formeln auf und wiesen eine
Überschätzung des Bedarfs von 10-40% bei betagten Patienten auf. Die möglichst
präzise Einstellung des Stoffwechsels mit Ernährungssubstraten bei
multimorbiden Patienten hat in Bezug auf mögliche Komplikationen, wie z. B.
Hyperglykämien mit Komplikationen in der Wundheilung, Harnwegsinfekten oder
Pneumonien einen hohen Stellenwert. In der linearen Regressionsanalyse
diverser Parameter wurde deutlich, dass die bereits seit mehreren Jahren
bekannte BIA wertvolle Informationen liefert. Die BIA führte zu einer
deutlichen Verbesserung der Annäherung an den tatsächlichen Energiebedarf,
weil die stoffwechselaktiven Kompartimente (Muskelmasse und Organe) und
tatsächlich gemessene spezifische Charakteristika berücksichtigt werden. Wir
haben unter Berücksichtigung verschiedener Ausrüstungsbedingungen in
geriatrischen Kliniken drei verschiedene Lösungsmöglichkeiten erarbeitet: 1\.
Die Mifflin & St. Jeor Formel weist die beste Korrelation mit der Indirekten
Kaloriemetrie auf und wird für den klinischen Einsatz bei multimorbiden
Patienten empfohlen. 2\. Ist ein BIA Gerät vorhanden, so sollte in der Formel
das tatsächliche Körpergewicht durch die LBM ersetzt werden. 3\. Bei
komplizierten metabolischen Situationen und längerer Ernährungstherapie
(Monate/Jahre) sollte eine begleitende Kotrolle mittels indirekter
Kalorimetrie erfolgen. Die BIA unterstützt auch andere Untersuchungen wie z.B.
die Nierenfunktion. Die Abnahme des Muskelkompartiments mit dem Alter und
damit des Energiebedarfs gehen auch einher mit der Abnahme der Creatinine
Clearance im Alter. Die derzeit noch gängigen Bestimmungen zur Abschätzung der
Nierenfunktion bei alten Menschen mittels Kreatinin und Harnstoff müssen nach
den erhobenen eigenen Daten kritisch bewertet werden und sollten nur in der
Verbindung mit der standardisierten Erfassung der GFR mittels CG-, der MDRD-
Formel oder der um die LBM korrigierten CG-Formel erweitert werden. Wir
konnten deutlich machen, dass die Erhebung der GFR durch die Berücksichtigung
der LBM mittels BIA deutlich verbessert wurde. Dies sind wichtige Erkenntnisse
für den klinischen Alltag in der Geriatrie, da ein Hauptcharakteristikum für
den geriatrischen Patienten nicht nur die Multimorbidität, sondern auch die
dadurch resultierende Multimedikation mit zunehmender Interaktions- und
Komplikationsrate ist. Wir evaluierten die am häufigsten eingesetzten
Substanzen in der Therapie von multimorbiden Patienten unserer Klinik und
identifizierten ein hohes Risiko von bis zu 70% für eine Fehldosierung. Die
korrekte Erfassung der Nierenfunktion bei geriatrischen Patienten ist wichtig
für eine möglichst komplikationsfreie medikamentöse Therapie, aber auch für
die Abschätzung des Hydratationszustandes und der Ernährungsbesonderheiten der
Patienten. Mangelernährungszustände äußern sich häufig auch in kognitiven
Störungen. Sie sind ein wichtiges Problem der Altersmedizin und beginnen meist
als Mild Cognitive Impairment, und manifestieren sich im Verlauf in
ausgeprägter Form als Morbus Alzheimer oder vaskuläre Demenz. Im Bezug auf
kognitive Störungen spielen hierbei der erhöhte Hcys-Spiegel und die nicht
ausreichende Aufnahme von Folsäure eine Rolle. Das sogenannte Mild Cognitive
Impairment ist derzeit noch nicht gut standardisiert erfassbar, da hierfür
keine standardisierten empfindlichen Assessment-Methoden und Screening-
Parameter in der Geriatrie etabliert sind. Aus diesem Grunde werden
Zusatzfaktoren oder auch Risikofaktoren evaluiert. In der durchgeführten
Arbeit konnte jedoch gezeigt werden, dass Folsäure bei der Diagnostik im
Rahmen des Mild Cognitive Impairment nicht zu Verbesserung der Diagnostik
führen kann. Die Datenlage zeigt aber, dass Hyperhomocysteinämien im Rahmen
von Gefäßerkrankungen mit vaskulären Demenzen und Morbus Alzheimer assoziiert
sind. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die präventive Folsäureanreicherung
in den Grundnahrungsmitteln (in den USA durchgeführt seit 1996) hierbei als
hilfreich erweist. Wir konnten aber zeigen, dass durch Folsäuresubstitution
ein normaler Hcys-Spiegel wiederhergestellt werden kann. Sichere Zugangswege
in Bezug auf die Applikation von klinischer Ernährung sind bei kognitiv
eingeschränkten Patienten, wie aber auch bei motorisch eingeschränkten
Patienten im Rahmen eines Apoplex wichtig. Im Rahmen des multidisziplinären
Ansatzes der Therapien bei geriatrischen Patienten ist daher untersucht
worden, inwieweit eine frühzeitige PEG-Anlage die logopädische bzw. orofaciale
Therapie unterstützt und damit bessere klinische Ergebnisse erzielt werden
können. Die rasche Sicherstellung einer ausgewogenen bilanzierten Ernährung
und die daraus resultierende bessere metabolische Stabilisierung des Patienten
mit Unterstützung der kognitiven Leistungsfähigkeit war Gegenstand der
Untersuchung. Es zeigte sich, dass zwar eine Anlage einer PEG mit
Komplikationen vergesellschaft ist, aber eine konsequente
Therapieindikationsstellung nach standardisiertem Assessment in Bezug auf
Schluckstörungen vorteilhaft ist. Die frühzeitige Erfassung der Schluckstörung
und die Einteilung in eine leichte oder schwere Form sichern eine
spezifischere Indikationsstellung für eine PEG-Anlage. Damit wird das Risiko,
dass Patienten dehydriert oder nicht ausreichend mit Ernährungssubstraten
versorgt werden oder aus diesem Grunde eine Therapieverzögerung mit
Komplikationen eintreten könnte, verhindert. Wie lassen sich die erhobenen
wissenschaftlichen Daten in den klinischen Alltag einer Akutgeriatrie
implementieren? 1\. Die 7 wichtigen Items für die Risikoerfassung bezüglich
einer Mangelernährung wurden in die Routineassessments der verschiedenen
Therapeutengruppen integriert. 2\. Die Bestimmung der Körperzusammensetzung
mittels BIA erfolgt routinemäßig in Kombination mit dem Aufnahme-EKG. 3\. Bei
der Festlegung der Ernährungstherapie wird der Energiebedarf bei geriatrischen
Patienten mittels der Formel nach Mifflin-St.Jeor und dem jeweiligen
Aktivitätsfaktor ermittlet. 4\. Die LBM geht in die standardisierte Berechnung
von Energiebedarf und GFR direkt bei stationärer Aufnahme mit ein. 5\.
Mangelernährungspatienten mit kognitiven Einschränkungen werden überwiegend
mit Folsäure substituiert. 6\. Bei Patienten mit neurogenen Dysphagien wird
das Ziel verfolgt, standardisiert innerhalb der ersten 10 Tage den Schweregrad
der Schluckstörung zu erfassen und die Notwendigkeit einer PEG-Anlage
festzulegen. Ob diese Maßnahmen die vereinzelt vorliegenden internationalen
Studienergebnisse bestätigen oder die Situation für geriatrische Patienten
bezüglich Reduktion von Komplikationen, Verkürzung der Liegezeiten, Erhalt
oder Wiederherstellung von größtmöglicher Alltagsfähigkeit verbessern können,
ist nun Gegenstand weiterer Untersuchungen.
de
dc.description.abstract
Biological ageing processes lead to continuing loss of the physical and
psychological abilities to adapt to life processes. The age depending
functional impairment of several organ systems is mainly expressed in
decreased adaption capacity and reduced reserve capacity. Malnutrition plays a
central role. This work shows how malnutrition assessment and other assessment
methods can be combined und a new diagnostic tool in the clinical daily
routine can be established. The main points of this work are: Characterization
of factors which can identify malnutrition, combination of geriatric
assessment tools, development and evaluation of determination proceedings for
the energy need of geriatric patients, Standardized recording of the GFR
(glomerular filtration rate) considering the body composition of geriatric
patients, detection of nutritional risk factors for cognitive decline and
support of the orophacial therapy with standardized nutrition therapy
proceedings. Malnutrition touches not only the general performance weakness
with increased inactivity and risk of falling but also presents a risk factor
in wound healing. Our work shows how different assessment and screening tools
can useful be combined in the daily routine in acute geriatrics with regard to
the risk management for malnutrition and decubitus. A significant match in the
risk scaling could be found and with that the clear clinical relationship
could be established. How can the scientific data be implemented in the
clinical daily routine? 1\. The seven most important items for the risk
management of malnutrition have been integrated in the routine assessment of
the different therapist groups. 2\. The measurement of the body composition by
means of BIA is routinely done together with the electrocardiogram at hospital
admission. 3\. During determination of the nutritional therapy the energy need
of patients is calculated by means of the Mifflin-St. Jeor formula together
with the respective activity level. 4\. The LBM is included in the
standardized calculation of the energy needs and in the GFR direct after
hospital admission. 5\. Folic acid is supplemented mainly in all patients with
malnutrition and cognitive impairment. 6\. Patients with neurological
dysphagia mainly receive dysphagia diagnostics by a speech therapist within 10
days after admission to determine the need of a PEG placement. Wether these
actions confirm the current international studies or the situation for
geriatric patients concerning reduction of complications, shorter hospital
stay, preservation or restoration of greatest possible ability in everyday
tasks is objective of further research.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject.ddc
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften::610 Medizin und Gesundheit
dc.title
Erfassung und Therapie von Ernährungsproblemen in der Akutgeriatrie
dc.contributor.contact
ralf-joachim.schulz@uni-koeln.de
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Weidemann
dc.date.accepted
2009-11-09
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000016952-1
dc.title.translated
Assessment and Therapy of Malnutrition in Geriatric Departments
en
refubium.affiliation
Charité - Universitätsmedizin Berlin
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000016952
refubium.mycore.derivateId
FUDISS_derivate_000000009722
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