Die Tuberkulose ist die häufigste chronische Infektionskrankheit und fordert jährlich fast 2 Millionen Todesfälle, obwohl sie durch den richtigen Einsatz von Antibiotika heilbar ist. Die Ausbreitung resistenter und multiresistenter, d.h., gleichzeitig gegen Isoniazid und Rifampicin resistenter Mycobacterium tuberculosis-Isolate, zählt heute zu den weltweit größten Herausforderungen des öffentlichen Gesundheitswesens. Die WHO versucht, mit Programmen, die zu einer ausreichenden Fallfindung führen und den Therapieerfolg durch direkte Beobachtung der Medikamenteneinnahme kontrollieren (directly-observed treatment, short course, DOTS), dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Im Rahmen dieser Studie wurden zum ersten Mal epidemiologische Untersuchungen zum Vorkommen resistenter Tuberkuloseerreger in Guyana durchgeführt. Außerdem suchten wir nach Risikofaktoren für das Auftreten von Resistenzen. Zwischen dem 1. Februar und 30. April 2001 wurden in der Chest Clinic der Hauptstadt Georgetown 203 Sputumproben von 166 Patienten gesammelt. Diese wurden nach Ziehl-Neelsen gefärbt und auf säurefeste Stäbchen untersucht. In 49 Präparaten von 38 Patienten konnten Mykobakterien nachgewiesen werden, zum Teil in relativ hoher Dichte. Es wurden außerdem 132 Kulturen von Proben von 111 Patienten angelegt. 56 dieser Kulturen (42,4%) zeigten Wachstum von Mykobakterien. 44 Isolate von 36 Patienten konnten durch Anwendung von Gensonden dem M. tuberculosis-Komplex zugeordnet werden. Sechs Isolate entsprachen atypischen Mykobakterien, drei einer Mischung mehrerer atypischer Mykobakterien und weitere drei waren mit nicht mykobakteriellen Keimen kontaminiert. In der biochemischen und molekularbiologischen Differenzierung konnten alle 44 Isolate aus dem M. tuberculosis-Komplex als M. tuberculosis identifiziert werden. Anschließend wurde auf festen und flüssigen Nährböden die Resistenz der M. tuberculosis-Isolate gegen Erst- und Zweitrang- Medikamente bestimmt. Hierbei zeigte sich bei acht (22,2%, 95% Konfidenzintervall 8,3-36,1%) der 36 Patientenisolate eine Resistenz gegen mindestens ein Medikament der ersten-Wahl und bei vier (11,1%, 95% Konfidenzintervall 0,6-21,6%) eine Multiresistenz. Insgesamt konnten gegen alle Erstrang-Medikamente Resistenzen festgestellt werden. Am häufigsten war die Resistenz gegen Isoniazid (16,7%) und gegen Rifampicin (13,9%). Bei einem Isolat zeigte sich eine Resistenz gegen alle vier Erstrang-Medikamente und bei drei Isolaten gegen jeweils drei Medikamente der ersten Wahl. Diese Daten legen, im internationalen Vergleich, relativ hohe Resistenzraten von M. tuberculosis-Stämmen in Guyana nahe. Die Ergebnisse wurden außerdem hinsichtlich der anamnestischen Daten zur früheren Einnahme von Tuberkulostatika und weiterer möglicher Risikofaktoren für das Auftreten multiresistenter Isolate (Minenarbeit, Tuberkulose in der Familie oder Umgebung, Gefängnisaufenthalt, niedrige soziale Stellung und männliches Geschlecht) analysiert. Während 25 der 36 Patienten zuvor keine tuberkulostatischen Medikamente eingenommen hatten, hatten elf bereits einen oder mehrere Therapien ohne Erfolg abgeschlossen. Das Auftreten einer Resistenz bzw. einer Multiresistenz war statistisch signifikant mit der vorherigen Einnahme tuberkulostatischer Medikamente assoziiert (p=0,04 bzw. p=0,044). Außerdem bestand eine signifikante Assoziation mit der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen (p=0,04). Ein Grund für die wahrscheinlich hohe Prävalenz resistenter Tuberkuloseerreger in Guyana könnte in der mangelhaften Umsetzung des DOTS-Programms in diesem Land im Jahr 2001 liegen. So erfolgte nur unregelmäßig eine direkt überwachte Medikamenteneinnahme, und auch weitere primäre Ziele des DOTS-Programms, vor allem in der Fallfindung und Heilung Neuerkrankter, wurden nicht erfüllt. Für eine Verbesserung der Situation wäre eine konsequentere Umsetzung der Diagnostik- und Therapierichtlinien von DOTS, der weitere Ausbau des Gesundheitsnetzwerkes und die Etablierung eines Referenzlabors für weiterführenden Untersuchungen und zur Therapiesteuerung erforderlich. Erste Schritte in diese Richtung wurden in den letzten Jahren bereits umgesetzt.
Emergence of multidrug-resistant (MDR) Mycobacterium tuberculosis isolates is a growing public health problem worldwide. This study aimed at acquiring first epidemiological data for Guyana. Susceptibility testing for M. tuberculosis isolates from 36 patients of the Georgetown Chest Clinic was performed on solid agar and in broth media. Resistance to at least one first-line drug was observed in 8 (22.2%, 95% confidence interval 8.3-36.1%) and simultaneous resistance to rifampicin and isoniazid (MDR) in 4 (11.1%, 95% confidence interval 0.6-21.6%) of the 36 isolates. The risk of infection with resistant isolates was significantly related to earlier antituberculosis therapy (P=0.040). These data indicate a high proportion of resistant M. tuberculosis isolates in Guyana and call for the improvement of control strategies, therapy and laboratory diagnosis of tuberculosis.