Das Konzept der Öffentlichkeit ist ein fundamentaler Bestandteil des Selbstverständnisses der modernen demokratischen Gesellschaften, da es eine besondere Beziehung zwischen Gesellschaft und politischer Macht reflektiert und die Konstituierung eines Kommunikationsraums anzeigt, in dem sich eine öffentliche Meinung und ein kollektiver Wille herausbilden. Obwohl seine semantischen Wurzeln bis in die Antike zurückreichen, wurde das Konzept der Öffentlichkeit als solches erst im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts mit der Konsolidierung der bürgerlichen Gesellschaft definiert. Die programmatische Formulierung der Öffentlichkeit im Geiste der Aufklärung weicht jedoch von ihrer durch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Beschränkungen bedingten unvollkommenen Umsetzung ab, aufgrund derer die Öffentlichkeit schon seit dem 19. Jahrhundert als Fiktion der bürgerlichen Gesellschaft kritisiert wurde. Jürgen Habermas hat den Prozess der Herausbildung der modernen Öffentlichkeit in Zusammenhang mit der Entwicklung der Medien beschrieben, wobei er gleichzeitig ihre normativen Grundlagen herausstellte und ihr aufklärerisches Potential innerhalb eines Modells der deliberativen Demokratie einforderte, das auf der Möglichkeit der rationalen Regulierung der Kommunikation durch die Strukturen der Sprache selbst beruht. Das hier entstehende Modell der Öffentlichkeit stößt allerdings bei seiner faktischen Umsetzung auf eine Hürde, nämlich die ambivalente Rolle der Massenmedien in der öffentlichen Kommunikation. Diese können die Kommunikationskreisläufe einer Zivilgesellschaft dynamisieren, sich andererseits aber auch in den Dienst von Formen politischer oder ökonomischer Macht stellen. Das Aufkommen des Internets verändert dieses Panorama der öffentlichen Kommunikation. Durch die Eröffnung eines allgemeinen Zugangs zu einem Raum interaktiver Kommunikation konfiguriert die neue Technologie die Öffentlichkeit neu und lässt erstmals eine weitestmögliche Annäherung an das von Habermas formulierte Ideal der gleichberechtigten und symmetrischen Kommunikation ohne Ausgrenzung vorstellbar werden. In der Realität jedoch erscheint die computervermittelte Kommunikation weniger argumentativ und konsensorientiert, als das habermassche Modell der Kommunikation postuliert; das Internet kann sich vielmehr unter Umständen als agonaler Raum erweisen, nämlich dann, wenn sich in ihm ein politischer Kampf um Hegemonie abspielt, aber auch, wenn es im elementaren Sinne zu einem Spielraum wird, in dem die illokutiven Zwänge des argumentativen Austauschs außer Kraft gesetzt werden. Angesichts der jüngsten Entwicklungen des Internet fällt auch auf, dass es sich in phänomenologischem Sinne als öffentlicher Raum konstituiert, indem es ein allgemeines Erscheinen vor anderen ermöglicht, welches zu Zeiten der Vorherrschaft der Massenmedien einigen wenigen vorbehalten war. Der Raum der virtuellen neuen Öffentlichkeit wird damit nicht nur zu einer Bühne für kollektive (sub)politische Äußerungen, sondern auch für persönliche Inszenierungen, und reflektiert damit eine erneute Verschiebung der Grenzen zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten, aus der sich schließlich die Frage ergibt, weshalb die Aufrechterhaltung ebendieser Grenzen überhaupt notwendig bzw. wünschenswert ist.
The concept of public sphere is a fundamental part of the self image of modern democratic societies, because it reflects a special relation between society and political power and indicates the establishing of a space of communication in which a public opinion and a collective will develop. Although its semantics has roots that spread back to antiquity, the clear definition of the concept takes place during the 18th and 19th centuries with the consolidation of bourgeois society. Nevertheless, the programmatic formulation of public sphere in the spirit of the Enlightenment diverges from its imperfect realizations conditioned by economic, social and cultural restrictions on account of which the idea of a democratic public sphere was already criticized in the 19th century as a fiction of bourgeois society. Jürgen Habermas has described the process of constituting the modern public sphere in connection with the development of mass media, making simultaneously its normative essentials explicit and claiming its progressive potential within a model of deliberative democracy which is based on the possibility of a rational regulation of communication by the structures of the language itself. However, the model of public sphere that here arises finds a pitfall for its realization in the ambivalent role that the mass media play in public communication, since they can intensify the communicative circuits of the civil society or put themselves in the service of forms of political or economic power. The emergence of the Internet transforms this panorama of public communication. By the opening of a general access to a space of interactive communications, the new technology configures the public sphere anew, making conceivable, as never before, a possible approach to the ideal of an inclusive and symmetrical communication formulated by Habermas. Nevertheless, in reality, the computer-mediated communication can be less argumentative and consensus-oriented than the Habermas model of communication postulates. The internet can turn out an agonal space both in the sense that it becomes a field of political struggle for hegemony and in the most elementary sense of being a space of playing in which the illocutive responsibilities that suppose the argumentative exchange are canceled. Considering its more recent developments, it also seems that the Internet constitutes a public space in a “phenomenological” sense, as it opens possibilities in a widespread way to appear before others, that in the times of predominance of the mass media were a privilege of the few. So the space of the new virtual public sphere becomes not only a stage for collective (sub)political expression, but also a personal stage, and reflects with it a new displacement of the borders between the public and the private, that leads us finally to the question why the maintenance of these very borders is necessary or desirable.