Die Frühgeborenenretinopathie stellt ein großes Problem in der Neonatologie dar. Sie stellt die bedeutendste nicht lebensbedrohliche Komplikation bei der Behandlung von sehr unreifen Frühgeborenen dar und zählt zu den drei häufigsten Ursachen kindlicher Blindheit in den Industrienationen. Aufgrund der verbesserten neonatologischen Betreuung sind heute vorwiegend ELBW- Frühgeborene von dieser Erkrankung betroffen. Voraussetzung für die Prävention der ROP ist die Kenntnis ihrer Risikofaktoren. Zu diesem Thema existieren zahlreiche Studien mit zum Teil widersprüchlichen Ergebnissen. Zwei Risikofaktoren können dennoch als gesichert gelten: Die Unreife der Kinder (niedriges Gestationsalter und Geburtsgewicht), sowie die Wirkung von Sauerstoff. Einige weitere Faktoren sind hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Entstehung einer ROP umstritten. Sowohl eine Anämie per se, als auch die Gabe von Erythrozytenkonzentraten stehen im Verdacht, eine ROP zu verursachen. Kranke Frühgeborene sind die am häufigsten transfundierten Patienten. Sie sind oft schwer krank und erleiden höhere Blutverluste im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht. Einzige Therapieoption einer klinisch relevanten Anämie ist nach wie vor die Erythrozytentransfusion. Bei extrem untergewichtigen Frühgeborenen ist die Wahrscheinlichkeit der Fremdblutgabe höher als bei schwereren Frühgeborenen. Die meisten vorausgegangenen Studien zu Bluttransfusionen und ROP beziehen sich auf VLBW-Frühgeborene, nur sehr wenige Studien wurden mit ELBW-Frühgeborenen durchgeführt und waren wegen der geringen Fallzahl schwer zu interpretieren. Zudem sind die ROP-Studien durch unterschiedliche ROP-Definitionen, differente Untersuchungszeiträume und Einschlusskriterien und unterschiedliche weitere untersuchte Risikofaktoren kaum vergleichbar. Aus diesem Grund konnte die Gabe von Bluttransfusionen bisher nicht als Risikofaktor gesichert werden. Dies ist die erste Studie, die an einer größeren Anzahl ELBW-Frühgeborener untersucht, inwieweit der Hämatokrit bei Aufnahme und/oder die Menge des transfundierten Blutes unabhängige Risikofaktoren für das Entstehen einer ROP darstellen. Hierzu wurden systematisch Bluttransfusionsvolumen und –anzahl sowie Hämatokritwerte in den ersten vier Lebenswochen bestimmt. Zusätzlich wurden 26 potentielle Risikofaktoren analysiert. Zur Auswertung wurden die untersuchten Frühgeborenen in eine ROP-Gruppe (Stadium ≥2) und eine NON-ROP-Gruppe (Stadium ≤1) eingeteilt. Nach univariater Analyse der einzelnen Risikofaktoren erfolgte eine multivariate Analyse mittels logistischer Regression. Drei Risikofaktoren beeinflussen in dieser Arbeit statistisch signifikant die ROP-Entstehung: eine Beatmungsdauer von mehr als sieben Tagen, eine Sauerstofftherapie mit einer inspiratorischen Sauerstoffkonzentration >0,3 von über sieben Tagen und ein Transfusionsvolumen >58 ml/kg Körpergewicht in den ersten 28 Lebenstagen. Die aus der Literatur bekannten Risikofaktoren Beatmungsdauer und Sauerstofftherapie konnten durch diese Studie bestätigt werden. Vermehrte Bluttransfusionen sind in der vorliegenden Arbeit eindeutig mit einem stark erhöhten Risiko für eine ROP-Entwicklung verbunden. Ein Transfusionsvolumen >58 ml/kg Körpergewicht in den ersten 28 Lebenstagen geht mit einem 8,5-fachen Risiko (CI 3,19-22,57) einer ROP-Erkrankung einher. Der Transfusionszeitpunkt ist demnach entscheidend für die ROP-Entstehung. Die ersten vier Lebenswochen stellen eine „sensible Phase“ für den Risikofaktor Bluttransfusion in Hinblick auf die ROP-Erkrankung dar. Eine entscheidende Maßnahme, um die ROP-Inzidenz bei ELBW-Kindern zu senken, könnte demnach eine Reduktion des transfundierten Blutvolumens in den ersten 28 Tagen sein. Präventive Maßnahmen könnten verzögertes Abnabeln von >30 Sekunden, die frühzeitige Supplementation von Protein und Eisen in Kombination mit strikteren Transfusionsgrenzen sein. Mit diesen Maßnahmen kann die Transfusionshäufigkeit um die Hälfte reduziert werden.
Retinopathy of prematurity represents a major problem in neonatology. It is the most significant non-life-threatening complication in the treatment of very immature premature infants, and is among the three most common causes of paediatric blindness in the industrialised nations. Due to improved neonatal care, it is predominantly ELBW premature infants who are affected by this condition. In order to prevent ROP, it is essential to understand the risk factors. There are numerous studies on this topic, with some contradictory results. There are, however, two risk factors which can be considered certain: the immaturity of the infants (low gestational age and birth weight), and the effect of oxygen. Some other factors are disputed with regard to their significance for development of ROP. Both anaemia in itself and also the administration of erythrocyte concentrates are suspected of causing ROP. Sick premature infants are the patients most frequently transfused. They are often seriously ill and suffer more severe blood loss in relation to their body weight. Transfusion of erythrocytes is still the only treatment available for clinically relevant anaemia. The probability of receiving blood transfusions is greater for extremely low birth weight premature infants than for heavier infants. Most of the previous studies on blood transfusions and ROP relate to VLBW premature infants. Very few studies have been done on ELBW infants, and they are difficult to interpret due to the small number of cases. In addition, the ROP studies are hardly comparable because they use different ROP definitions, examination periods and inclusion factors, and also because various other risk factors are investigated. For this reason it was not certain up to now whether blood transfusions were a risk factor. This is the first study to use a relatively large number of ELBW premature infants in order to examine the extent to which haematocrit at admission and/or the quantity of transfused blood represent independent risk factors for the development of ROP. For this, the number and volume of blood transfusions and the haematocrit levels in the first four weeks of life were examined systematically. In addition, 26 potential risk factors were analysed. For the assessment, the premature infants studied were divided into an ROP group (stage ≥2) and a NON-ROP group (stage ≤1). Following univariate analysis of the individual risk factors, a multivariate analysis was conducted using logistic regression. In this study, three risk factors had a statistically significant influence on ROP development: artificial ventilation for more than seven days, oxygen therapy with an inspiratory oxygen concentration of >0.3 for over seven days, and a transfusion volume of >58 ml/kg body weight in the first 28 days of life. The risk factors known from the literature, i.e. the duration of artificial ventilation and the administration of oxygen therapy, were confirmed by this study. The study demonstrates a clear link between increased blood transfusion and a greatly increased risk of developing ROP. A transfusion volume of >58 ml/kg body weight in the first 28 days of life is associated with an 8.5 times greater risk (CI 3.19-22.57) of contracting ROP. The time of transfusion is therefore decisive for the development of ROP. The first four weeks of life represent a “sensitive phase” for the risk factor of blood transfusion with regard to ROP. One decisive measure to reduce the incidence of ROP in ELBW infants could therefore be a reduction in the volume of blood transfused in the first 28 days. Preventive measures could be a delay of >30 seconds in cutting the umbilical cord, early supplementation of protein and iron in combination with stricter transfusion limits. These measures can halve the number of transfusions carried out.