dc.contributor.author
Grötker, Ralf
dc.date.accessioned
2018-06-07T20:33:20Z
dc.date.available
2001-04-19T00:00:00.649Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/6924
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-11123
dc.description
Titelblatt
Inhaltsverzeichnis
1\. Einleitung
2\. Teil I: Moral(Theorie)Kritik
3\. Kritik am Unpersönlichkeitsideal
4\. Praktische Gründe
5\. Persönliche Gründe
6\. Agent-Relativity
7\. Zwei Perspektiven
8\. "Nur eine einzige Verpflichtung"
9\. Rationalität und Wünsche
10\. Zusammenfassung Teil I
11\. Die ethische Frage
12\. Ethische Selbstvergewisserung
13\. Der ethische Nihilismus
14\. Skepsis am Glückskonkretismus
15\. Augenblicksglückseligkeit
16\. Zusammenfassung Teil II
Bibliographie
dc.description.abstract
Moral(theorie)kritik und ethische Skepsis: Abstract Bei der Moral geht es um
das richtige Handeln. Ethik hingegen hat mit dem guten Leben zu tun. Manchmal
scheinen Moral und Ethik miteinander zu konkurrieren: Das Streben nach dem
persönlichen Glück kann es manchmal verlangen, dass man moralische Regeln
missachtet. Aber bestehen nicht auch Spannungen oder sogar Widersprüche
innerhalb des moralischen Systems und innerhalb des ethischen Denkens? Genau
dies behaupten Moralkritiker seit Nietzsche: Indem sie anscheinende Konflikte
aufzeigen, stellen sie die Rationalität moralischer Prinzipien und ethischer
Urteile insgesamt in Frage. Wie kann können Moraltheorie und Ethik dieser
Herausforderung gerecht werden? Der erste Teil der Arbeit handelt von der
Moral. Zumindest in der Philosophie ist der moralische Standpunkt oft mit der
"unpersönlichen Perspektive" in Verbindung gebracht worden. Manche Philosophen
sprechen hier von einem "unparteilichen" oder einem "universalen" Standpunkt.
Wenn wir moralisch urteilen, dann geht es uns nicht um die Belange einer
besonderen Person (zum Beispiel um uns selbst), sondern um die Allgemeinheit.
Das zumindest meinen die Moralphilosophen in der kantianischen Tradition.
Ihnen zufolge müssen wir beim moralischen Urteil von unserem sozialen Status,
unserer ethnischen Herkunft, unserem Geschlecht, Alter und unseren
körperlichen Fähigkeiten abstrahieren. Das Resultat ist ein Standpunkt der
Überlegung, von dem aus Kandidaten für moralische Regeln beurteilt werden
können. Nur solche Regeln bestehen den Test, denen jeder zustimmen kann -
unbeachtet seiner ethnischen oder sozialen Herkunft, seines Geschlechts,
Alters oder seiner körperlichen Fähigkeiten. In letzter Zeit ist diese
Konzeption einer unparteilichen Moral in Bezug auf so genannte
"subjektrelative" ("agent-relative") moralische Direktiven kritisiert worden.
Der Kern des Einwandes greift auf eine phänomenologische Beobachtung zurück,
die vor allem von Thomas Nagel in die Diskussion gebracht worden ist. Nagel
hat Fälle ausgemacht, in denen moralische Gründe in einer merkwürdigen Weise
"individualisiert" werden. Mit Nagel unterscheide ich zwischen drei Fällen von
moralisch relevanten "subjektrelativen" Gründen oder Handlungsregeln, die drei
Gruppen von Phänomenen betreffen: Skrupel, persönliche Beziehungen und private
Projekte. a) Was die Skrupel anbelangt, spricht Nagel von (moralischen)
Gründen, die "dagegen sprechen, dass man selbst etwas tut" nicht dagegen,
"dass etwas bloß passiert" b) Hinsichtlich unserer persönlichen Beziehungen
behauptet Nagel, dass wir "spezielle Verpflichtungen ... denen gegenüber
hätten, denen wir eng verbunden sind". c) Bezüglich privater Projekte "wie
etwa einer Besteigung des Kilimandscharos" ist von einer besonderen
Verpflichtung die Rede, einem "persönlichen Grund" des Bergsteigers, den
Kilimandscharo zu erklimmen. Obwohl es sich hier, wie Nagel argumentiert, in
gewisser Hinsicht nicht nur um ein Bedürfnis handelt, sondern um eine Art
Verpflichtung, kann dieser Handlungsgrund vom moralischen Standpunkt her nicht
akzeptiert werden ganz im Gegensatz zu anderen moralischen
Handlungsdirektiven: "Wenn ich schlimme Kopfschmerzen habe, dann hat jeder
einen Grund zu wollen, dass diese aufhören. Aber wenn ich dringend auf den
Kilimandscharo steigen will, dann hat überhaut nicht jeder einen Grund zu
wollen, dass ich damit Erfolg habe." Formal betrachtet, gibt es in allen drei
Fällen, "den Skrupeln, den persönlichen Verpflichtungen, und den privaten
Projekten" einen Rückverweis auf den Akteur. Deshalb heißen Regeln, die z.B.
fordern, dass jeder für seine eigenen (!) Kinder sorgen soll,
"subjektrelative" Regeln, im Gegensatz zu "subjektneutralen" Handlungsregeln.
Zu letzteren gehört etwa auch das Prinzip, dass jeder dafür sorgen soll, dass
jedes Kind von den eigenen Eltern versorgt wird. In meiner Arbeit erörtere ich
verschiedene Versuche, die Unterscheidung zwischen subjektrelativen und
subjektneutralen Handlungsregeln schärfer zu definieren. Am Ende adoptiere ich
- mit einigen Modifikationen - ein Modell, das von David McNaughton und Pierce
Rawling in die Diskussion gebracht worden ist, und welches präziser und
weniger problematisch ist als der ursprüngliche Vorschlag von Thomas Nagel
oder andere Konzeptionen, wie zum Beispiel jene von Amartya Sen. Indem ich für
die subjektrelativ/subjektneutral-Unterscheidung Partei ergreife, gelange ich
in meiner Konklusion zu einem Dualismus moralischer Werte, ganz ähnlich Max
Webers bekannter Unterscheidung zwischen "Gesinnungsethik" und
"Verantwortungsethik". Mein Ziel ist es, zu zeigen, dass subjektrelative und
subjektneutrale Handlungsdirektiven nicht unter ein und dasselbe Prinzip
subsumiert werden können. Wenn man die moralische Relevanz subjektrelativer
Regeln anerkennt, folgt daraus, dass die Moral des unpersönlichen Standpunktes
unvollständig ist. Wenn man die moralischen Intuitionen beibehalten will, die
mit den skizzierten Fällen von Skrupeln und der Sorge um die Angehörigen
einhergehen, dann muss man zugeben, dass die Moral signifikante Ausnahmen zum
Prinzip der Unpersönlichkeit erlaubt oder sogar gebietet. Aber aus dem
Argument für die subjektrelativ/subjektneutral-Unterscheidung folgt noch mehr:
Ich möchte zeigen, dass nicht nur die Moral des unpersönlichen Standpunktes,
sondern jede denkbare Moraltheorie die Möglichkeit von echten Widersprüchen
zwischen moralischen Handlungsdirektiven anerkennen muss. Um dieser Form von
moralischem Dualismus einen theoretischen Hintergrund zu verschaffen, greife
ich auf Bernard Williams' "internalistisches" Modell der Moralbegründung
zurück. Dem Internalismus zu Folge sind alle Handlungsgründe, etwas zu tun,
auch die moralischen Handlungsgründe, in Wünschen oder Proeinstellungen
verwurzelt, so dass es falsch ist zu behaupten, jemanden hätte einen Grund,
etwas zu tun, wenn er nicht auch einen entsprechenden Wunsch hat. Der zweite,
kürzere Teil der Arbeit dreht sich um die Rationalität von ethischen Urteilen,
d.h., Antworten auf die Frage, wie man leben soll. Verschiedene Einwände, die
ethischen Skeptikern aufgebracht worden sind, werden hier erörtert. Mein
Hauptziel ist es zu klären, in welchem Ausmaß diese Einwände gegen Theorien
des guten Lebens die Rationalität der Ethik insgesamt in Frage stellen. Ich
versuche zu zeigen, dass selbst wenn man davon ausgeht, dass ethische
Beurteilungen im allgemeinen nur innerhalb eines Rahmens von "dichten
Prädikaten" und "starken Wertungen" möglich sind, welche von einer kulturellen
Gemeinschaft geteilt werden und daher intersubjektiv sind, es immer noch
genügend Raum für individuelle Idiosynkrasien in besonderen Fällen gibt.
Andere Fragen, mit denen ich mich auseinandersetze, befassen sich mit dem von
David Wiggins so genannten "ethischen Nihilismus" (einer Art von Skepsis, die
behauptet, dass das Leben schlechthin keinen Sinn hätte) und Nietzsches Kritik
der Glücksmoral, genauer: der Frage, inwiefern Konzepte des guten Lebens
überhaupt auf einen Kernbegriff wie den des Glücks zurückgeführt werden
können. Das letzte Kapitel befasst sich mit der romantischen Skepsis gegenüber
dem Ideal prudentieller Kalkulation: Gibt es möglicherweise Momente im Leben
"Momente des Glücks, der Liebe oder der mystischen oder religiösen Versenkung,
oder auch Drogenerfahrungen" deren Wert nicht angemessen erklärt werden kann
in Bezug darauf, was diese Momente für ein gelungenes Leben im ganzen
beizutragen vermögen. Ich versuche zu zeigen, die Autorität solcher
Glücksmomente nicht auf irgendeine Form von prudentieller Kalkulation
zurückgeführt werden kann. Trotzdem setzen solche Erfahrungen voraus, dass
ethische Urteile gewöhnlicherweise Bezug auf das ganze menschliche Leben
nehmen. Episodenhaftes Glück kann deshalb so überwältigend sein, weil es über
diesen alltäglichen Beurteilungsrahmen hinausweist. Die Konklusion des zweiten
Teils der Arbeit lautet deshalb, dass die Einwände der ethischen Skeptiker
lediglich zu Folge haben, dass die Bandbreite ethischen Überlegens verbreitert
werden muss, die Rationalität der Ethik bleibt deshalb dennoch im Grunde
intakt.
de
dc.description.abstract
The Critic of Morality and Ethical Scepticism Morality is about right action.
Ethics is about the good life. At times, the two seem to be in conflict: The
pursuit of personal happiness might sometimes demand the neglect of moral
rules. But are there also tensions or even contradictions within the moral
system and ethical reasoning themselves? This is what the critics of morality
and ethical sceptics since Nietzsche argue: In pointing to apparent conflicts,
they question the rationality of moral principles and ethical judgements
altogether. How can moral theory and ethical thinking meet this challenge? The
first part of my work deals with morality. At least in philosophy, the moral
point of view has often been associated with an impersonal perspective - some
authors call it the "impartial" or "universal" view. In the case of moral
judgement, following philosophers in the Kantian tradition, we are not
concerned with a particular person's wishes, but with the demands pertaining
to everyone. In moral judgement, we must abstract from our social status, from
our ethnic origin, from our sex, age, and physical abilities. The result is a
point of view from which any proposal for a moral rule shall be judged . For a
rule to pass the test, it must be possible for it to be agreed upon by
everybody, i.e. by people of all ethnic or social origins, sexes, or ages.
Recently, some philosophers have criticized the ideal of impersonality with
reference to so-called "agent-relative" moral directives. The core of the
argument is a certain phenomenological evidence which has been invoked by
Thomas Nagel. He observes instances in which moral reasons seem to be
'individualized' in a strange way. Following Nagel, I make a distinction
between three basic kinds of morally relevant agent-relative reasons, centred
around three kinds of phenomena: scruples, personal relationships, and private
projects. a) As for scruples, Nagel speaks of (moral) reasons that "have their
full force against your doing something - not just against its happening"; b)
Concerning our personal relationships, he postulates "special obligations
toward those to whome we are closely related". c) With regard to private
projects - such as climbing the Kilimanjaro - he points to the particular
commitment, i.e. the personal reason the climber has to get to the top:
According to Nagel, this reason cannot be preserved by the process of
'objectification' which the moral point of view demands: "If I have a bad
headache, anyone has a reason to want it to stop. But if I badly want to climb
to the top of Mount Kilimanjaro, not everyone has a reason to want me to
succeed." In all three cases, there is a back-reference to agent. This is why
rules, which state, e. g.,that one has to care for one's children, are called
"agent-relative" as opposed to the agent-neutral rules, to which belongs also
the principle that one has to make sure that every child is cared for by his
own parents. The first part of my thesis discusses different ways of
specifying the agent-relativity of rules for acting. It ends with the adoption
of a model that has been proposed by David McNaughton and Pierce Rawling,
which is more precise less problematic han the initial proposal by Thomas
Nagel or a certain other conception of agent-relativity that has been put
forward by Amartya Sen. The conclusion which I draw from the confirmation of
the agent-relative/agent-neutral distinction is a dualism of moral value,
quite similar to Max Webers famous distinction between "Gesinnungsethik" and
"Verantwortungsethik". I try to show that agent-relative and agent neutral
rules cannot be subsumed under the same general principle. Thus, the morality
of the impersonal view is basically incomplete: If we stick to our moral
intuitions, which accord to the mentioned cases of scruples and of concern for
close relatives, we have acknowledge the existence of a moral system that
allows significant exceptions to the the principle of impersonality. But my
proposal has even stronger implications: I argue that not only the morality of
the impersonal view but any moral theory will have to face the possibility of
contradiction between different moral rules, as I have tried to demonstrate
before in the case of agent-relative vs. agent-neutral rules for acting. In
order to provide a theoretical background for moral dualism, I adopt Bernard
Williams' model of moral justification which is known as moral "internalism".
Internalism states that all reasons, even moral reasons, are rooted in wishes
or so-called pro-attitudes and that we cannot say that someone has a reason to
do something unless he has an appropriate wish. The second, shorter part of my
thesis is concerned with the rationality of ethical judgments, i.e. answers to
the question "How shall I live?" Here I deal with several objections which
have been brought up by ethical sceptics. My general concern is to clarify to
what extent those objections to theories of the good life represent a
challenge to the rationality of ethics altogether. I argue that even if one
agrees that, in general, valuations are only possible within a framework of
"thick predicates" and "strong valuations" which are culturally shared,
intersubjektive values, there is still room for individual idiosyncrasy in
particular cases. Other issues that I deal with are David Wiggins' 'ethical
nihilism' (the kind of ethical scepticism which states that there is no
meaning to life at all) and Nietzsche's criticism of the morality of
happiness: the question of whether there is any general core-concept to a good
life at all. My last point is the romantic query of the ideal of prudential
calculation: How is it possible that there are moments in life - moments of
happiness, love, of mystic or religious contemplation, or even of drug
experience -the respective values of which cannot be explained with regard to
their contribution to a good life as a whole? I argue that even though the
authority of such lucky moments cannot be reduced to any form of prudential
calculation, they nevertheless presuppose that when making ethical judgments,
we generally consider our lifes as wholes: Episodes of overwhelming happiness
are so exceptional because they transcend our everyday ethical conceptions.
The conclusion of the second part is that ethical scepticism leads to a wider
range of ethical reasoning - but in the end, it leaves the rationality of
Ethics basically intact.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Agent-Relativity
dc.subject.ddc
100 Philosophie und Psychologie::100 Philosophie::100 Philosophie und Psychologie
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Moral(theorie)kritik und Ethische Skepsis
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Ursula Wolf
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Jay Wallace
dc.date.accepted
2000-05-12
dc.date.embargoEnd
2001-04-27
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urn:nbn:de:kobv:188-2001000593
dc.title.subtitle
Zur Rationalität von moralischen Überzeugungen und Konzepten des guten Lebens
dc.title.translated
The Critic of Morality and Ethical Scepticism
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The Rationality of Moral Beliefs and of Concepts of the Good Life
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Philosophie und Geisteswissenschaften
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