Schwere Azidose des Neugeborenen: Säuren-Basen-Status, anamnestische und klinische Befunde zur Prognosebeurteilung bei Nabelschnurarterien-pH < 7,00

Abstract

Die Entstehung einer Azidose des Fetus wird als Konsequenz einer fetalen Hypoxämie angesehen. Eine schwere Azidose kann zu erhöhter Morbidität und Mortalität führen. Diese Studie sollte die Ursachen und Folgen einer schweren Azidose des Neugeborenen und die Aussagekraft der Säuren-Basen-Parameter in Bezug auf die Frühmorbidität und –mortalität genauer untersuchen. Hierzu wurden Daten von 71 Geburten von 01/2000-06/2006, bei denen ein Nabelschnurarterien-pH-Wert < 7,0 vorlag, und eines ebenso großen Vergleichskollektivs retrospektiv untersucht. Betrachtet wurden die Parameter pH, Standard-Base Excess, Standardbicarbonat und Lactat der Nabelschnurarterie und in Zusammenhang mit Geburt und neonatalen Befunden gesetzt. In dem Azidosekollektiv zeigte sich meist eine gemischte respiratorisch-metabolische Azidose. Während bei den Reifgeborenen die Ursache der Azidose häufiger unklar erschien, traten bei den Frühgeborenen vor allem akute Geburtskomplikationen wie vorzeitige Plazentalösungen auf. Bei Reif- und Frühgeborenen wurden häufiger Schnellsectiones durchgeführt als in der Vergleichsgruppe. Die Kinder der Azidosegruppe zeigten eine erhöhte Frühmorbidität. Die Intubations- und Verlegungsrate auf die Neugeborenen-Intensivstation (NICU) und die Häufigkeit von neurologischen Komplikationen waren größer, die Apgar-Werte niedriger als die des Vergleichskollektivs. Es gab zwei kindliche Todesfälle, beide ereigneten sich bei einem pH=6,54, welches der tiefste gemessene pH des untersuchten Kollektivs war. Signifikante Korrelationen der Säuren-Basen- Parameter zu den neonatalen Komplikationen ließen sich vor allem bei den Reifgeborenen erkennen. Hier waren pH und Base Excess besonders aussagekräftig und zeigten einen Zusammenhang zu niedrigen Apgar-Werten, Intubationshäufigeit und –dauer, NICU-Verweildauer und der Häufigkeit von neurologischen Komplikationen und Todesfällen. Bei den Frühgeborenen zeigte sich als stärkster Parameter der Lactatwert, der mit der Rate an neurologischen Komplikationen korrelierte. Bicarbonat war insgesamt nicht so aussagekräftig wie erwartet, vermutlich durch die unvollständige Datenlage der Bicarbonat- Werte. Anhand dieser Studie lassen sich keine Aussagen über die Spätmorbidität nach einer Azidose machen. Es ist bekannt, dass ein Großteil der Kinder keine späteren Auffälligkeiten zeigt. Wenn allerdings in der Neugeborenenperiode neurologische Komplikationen auftreten, ist auch später mit Folgen zu rechnen. Insgesamt sind Früh- und Spätmorbidität nach einer schweren Azidose signifikant höher, daher soll grundsätzlich die Entwicklung eines lebensfrischen, nicht-azidotischen Neugeborenen angestrebt werden.

The purpose of this study was to investigate the causes and consequences of a severe acidosis of the newborn and to correlate umbilical blood gas parameters with indicators of early morbidity and neonatal death. This retrospective study was based on the review of maternal and neonatal charts of 71 infants who were born from 01/2000-06/2006 with an umbilical artery pH below 7.0, and a control group of the same size. The relationship between umbilical artery pH, standard base excess, standard bicarbonate and lactate on one side and variables of delivery and the neonatal period on the other side was determined. Most of the newborns had a mixed acidemia with a metabolic component. Whereas for the term infants it seemed as if prenatal alterations were the main cause for the development of a severe acidosis, acute birth complications, such as placental abruptions, were the most common cause for the preterm infants. The rate of emergency caesarean section was significantly higher in the acidosis group than in the control group for both term and preterm infants. Neonatal morbidity was higher in the acidosis group. The rates of intubation, admission to the Neonatal Intensive Care Unit (NICU) and neurological complications were higher, while apgar values were lower than in the control group. There were two neonatal deaths, in both cases the umbilical artery pH was 6.54, the lowest value recorded in this study. The umbilical blood gas parameters of the term newborns correlated significantly with the neonatal complications. Especially low pH and base excess were powerful indicators and showed a correlation with low apgar values, rate and duration of intubation, duration in the NICU and rate of neurological complications and neonatal deaths. For the preterm infants the most powerful parameter was lactate levels, which correlated with the rate of neurological complications. In this study bicarbonate levels were less useful than expected, probably because of the incomplete dataset on bicarbonate. With this study it is not possible to make any conclusions for the long-term sequelae after a severe acidosis. It is known that the majority of acidotic newborns have no later sequelae. In contrast, if neurological seizures occur during the neonatal period after a sever acidosis it makes long-term sequelae more probable. The aim of modern obstetrics should be to aspire to the birth of a vital nonacidotic newborn because the short-term and long-term morbidity is significant higher after a severe acidosis.