dc.description.abstract
In den Industrieländern besteht eine hohe kardiovaskuläre Mortalität. Die
arterielle Hypertonie nimmt dabei als Risikofaktor eine zentrale Bedeutung
ein. Für die nächsten Jahre wird eine Zunahme der Prävalenz der arteriellen
Hypertonie prognostiziert, so dass eine Verbesserung der therapeutischen
Optionen erfolgen muss. In diesem Zusammenhang wird auch über den Einsatz von
Flavonoiden, speziell Flavanolen, diskutiert, die möglicherweise
antihypertensives Potential haben. Flavanole sind insbesondere in dunkler
Schokolade enthalten, der Konsum bewirkt möglicherweise eine Blutdrucksenkung.
Ziel dieser Studie war eine Evaluierung der Wirkung von Flavonoiden auf den
Blutdruck und die Herzfrequenz in Ruhe und bei Belastung. Weiterhin wurde der
Einfluss auf Thrombozyten, das Blutbild, den Glucosestoffwechsel, den
Lipidstatus sowie auf Retentions- und Leberwerte untersucht. Zusätzlich wurde
der Gewichtsverlauf unter Schokoladenkonsum beobachtet. Es wurden 34 gesunde
Männer (Alter: 40±12 Jahre) rekrutiert. Alle Probanden nahmen 100g/die
Edelbitterschokolade über einen Zeitraum von 6 Wochen ein. Bei allen Probanden
erfolgten vor Studienbeginn und nach 6 Wochen eine Anamnese, eine klinische
Untersuchung, Herzfrequenz- und Blutdruckmessungen in Ruhe, Sitzen und Liegen
sowie während und nach standardisierter Ergometrie und zusätzlich eine
Bestimmung einer Reihe von Laborparametern. Als Ergebnis wurden signifikante
Veränderungen der systolischen und diastolischen Blutdruckwerte im Liegen von
je 3 mmHg bestimmt. In der Ergometrie wurden signifikant niedrigere
systolische und diastolische Blutdruckwerte gemessen, wobei die Senkungen
systolisch 4-7 mmHg und diastolisch 2-4 mmHg betrugen. Weitere signifikante
Änderungen wurden für das MCV (88,5±3,4 fl vs. 87,6±3,6 fl, p=0,008), das MPV
(11,2±0,8 fl vs. 10,9±0,8 fl, p=0,002), den Harnstoff (34±8 mg/dl vs. 30±7
mg/dl, p=0,004) und die у-GT (29±15 U/l vs. 33±21 U/l, p=0,023) nachgewiesen.
Deutliche Trends wurden bezüglich der Veränderungen des Lipidstatus
dokumentiert, wobei das Gesamtcholesterin von 200±44 mg/dl auf 195±47 mg/dl
(p=0,107) und das LDL von 126±41 mg/dl auf 121±43 mg/dl (p=0,087) sanken. Das
HDL betrug initial 55±16 mg/dl und stieg im Mittel um 2 mg/dl an (p=0,181).
Die Trigyceride wurden initial mit 130±71 mg/dl bestimmt und fielen auf 121±63
mg/dl ab (p=0,194). Hinsichtlich folgender Variablen konnten keine
signifikanten Änderungen festgestellt werden: BMI (24,6±3,2 vs. 24,6±3,3,
p=0,228), Herzfrequenz (71±8 Schläge/min vs. 70±7 Schläge/min, p=0,585),
Leukozyten (6,2±1,3 G/l vs. 6,1±1,5 G/l, p=0,821), Hämoglobin (15,4±0,8 g/l
vs. 15,5±0,7 g/dl, p=0,346), Hämatokrit (45,9±2,4 % vs. 44,8±2,1 %, p=0,457),
Thrombozytenzyten (229±44 G/l vs. 226±46 G/l, p=0,498), Glucosekonzentration
im Serum (83±10 mg/dl vs. 84±8 mg/dl, p=0,29), HBA1c (5,4±0,4 % vs. 5,3±0,4 %,
p=0,246), Harnsäure (5,6±0,9 mg/dl vs. 5,7±1,1 mg/dl, p=0,666) und Bilirubin
(0,74±0,31 mg/dl vs. 0,74±0,32 mg/dl, p=0,967). In einer zusammenfassenden
Beurteilung unter Hinzuziehung der verfügbaren Literatur ist durch den Konsum
von dunkler Schokolade eine signifikante Senkung des systolischen und
diastolischen Blutdrucks teilweise in Ruhe insbesondere aber während
standardisierter Belastung zu erzielen, wobei die Effekte in der vorliegenden
Studie mit ca. 3 mmHg in Ruhe geringer ausfielen als in anderen Studien. Ein
weiteres Ergebnis dieser Studie ist eine signifikante Hemmung der
Thrombozytenaktivität, wobei in dieser Studie als Verlaufsparameter das
mittlere Plättchenvolumen (MPV) verwendet wurde, von dem schon früher gezeigt
werden konnte, dass es gut als orientierender Marker der Thrombozytenaktivität
dienen kann. Das Ausmaß der Thrombozytenfunktionsänderung ist jedoch eher als
gering zu bewerten, so dass die klinische Relevanz kritisch zu beurteilen ist.
Ein weiterer Aspekt der Studie, nämlich die Veränderung der Lipide, ergab
einen moderat verbesserten Lipidstatus, die sich in einer Größenordnung von
2,5% für das Gesamtcholesterin und 4% für das LDL beziffern lassen, während
ein Anstieg des HDL von im Mittel 2 mg/dl registriert wurde. Die Unterschiede
sind im Gegensatz zu anderen Studien nicht signifikant, so dass insgesamt
gesehen von einer leichten, klinisch eher unbedeutsamen Verbesserung des
Lipidstatus ausgegangen werden muss. Der hier gefundene mögliche Einfluss von
Flavonoiden auf das MCV gibt Anhalt für eine Interaktion mit dem Vitamin B12-
und Folsäurehaushalt, wobei dieser Zusammenhang in weiteren Studien untersucht
werden müsste. Die gefundenen diskreten Veränderungen des Harnstoffs und der
у-GT erscheinen klinisch irrelevant und müssten in weiteren Erhebungen
ebenfalls nachuntersucht werden. Zusammenfassend sind mehrere potenziell
protektive Wirkungen von Flavonoiden gefunden worden, die insgesamt in einer
Blutdrucksenkung, Verbesserung des Lipidstatus und Hemmung der
Thrombozytenaktivität bestehen, während Nebenwirkungen wie Gewichtzunahme und
Verschlechterung des Glucosehaushaltes nicht signifikant waren. Der
postulierte Effekt einer hochdosierten Einnahme von Schokolade mit Senkung der
Prävalenz der KHK und Rückgang der kardiovaskulären Mortalität ist aufgrund
der geringen Änderungen der beschriebenen Parameter zurückhaltend zu bewerten.
Bevor allgemein eine Empfehlung eines protektiven Schokoladenkonsums gegeben
werden kann, sollten Langzeitstudien mit großer Fallzahl und Erfassung von
kardiovaskulären Ereignissen - insbesondere auch bei Patienten mit arterieller
Hypertonie - durchgeführt werden. Hierbei sind standardisierte ergometrische
Belastungen zu fordern, um genauere Blutdruckmessungen mit Erfassung von
hypertensiven Blutdruckregulationen zu ermöglichen. Außerdem sollten auch
Langzeitdokumentationen des Körpergewichtes und des Glucosestoffwechsels bei
Diabetikern erfolgen, um langfristige Veränderungen mit daraus resultierenden
Spätkomplikationen auszuschließen.
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