Demenzen stehen unter den psychiatrischen Erkrankungen des Alters an erster Stelle. Sie führen meist in kurzer Zeit zu starken Einschränkungen in Kognition und Alltagskompetenzen und damit zu einem steigenden Versorgungsbedarf. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland erscheint es umso dringlicher, die gesundheitliche Versorgung dementer Menschen transparent zu machen und ihre Übereinstimmung mit evidenzbasierten Leitlinien zu überprüfen. Die Dissertation befasst sich mit der gesundheitlichen Versorgung der Demenz und greift dabei auf Krankenkassenroutinedaten einer norddeutschen BKK zurück. Darüber hinaus werden die Leitlinienkonformität der Demenz-Versorgung und Kosten der Versorgung untersucht. Zur Identifizierung demenziell Erkrankter wurden drei Kriterien herangezogen: Antidementiva-Verordnungen, Krankenhaus- und Pflegediagnosen. So ließ sich aus den Routinedaten der Jahre 2000 bis 2002 von rund 73.000 über 60-jährigen gesetzlich Krankenversicherten eine Gruppe von 4.495 Dementen ermitteln. Diese umfasst somit rund 6 % aller älteren Versicherten der untersuchten Krankenkasse und unterscheidet sich in weiteren wesentlichen Charakteristika (höheres Durchschnittsalter, höhere Mortalität, höherer Frauenanteil) von den nicht dementen Älteren. Die meisten Versicherten mit Demenz erhalten zur Pharmakotherapie ihrer Erkrankung Ginkgo-Präparate. AChE-Hemmer bzw. Memantin machen nur 11 % aller Antidementiva-Verordnungen aus. Der überwiegende Teil erhält nur ein bis zwei Verordnungen pro Jahr, was auf mangelnde Kontinuität der pharmakologischen Versorgung schließen lässt. Jeder Zehnte Demente wird mindestens einmal im Untersuchungsverlauf auch antidepressiv behandelt. Weit mehr demenziell erkrankte Versicherte als nicht- demente Versicherte erhalten Antipsychotika. Mehr als einem Viertel aller Dementen werden Benzodiazepine verordnet. Besonders häufig erhalten pflegebedürftige Demente psycholeptische Wirkstoffe. Unter dementen Versicherten ist zu Beginn der Untersuchung der Anteil an Pflegefällen doppelt so hoch wie bei anderen Älteren. Die Inanspruchnahme von Pflegeleistungen verdoppelt sich in der Untersuchungsgruppe innerhalb von drei Jahren. Auch weitere Leistungen (Heil-, Hilfs-, Pflegehilfsmittel) werden durch demenziell Erkrankte häufiger in Anspruch genommen, die darüber hinaus etwas mehr Krankenhausaufenthalte im dreijährigen Untersuchungszeitraum aufweisen als Nicht-Demente. Die Gesamtausgaben für die gesundheitliche Versorgung demenziell Erkrankter liegen mit rund 10.000 Euro pro Kopf 1,5-mal höher als bei Älteren ohne Demenz. Ebenso weisen Demente eine weit stärker ausgeprägte Kostenentwicklung auf. Die verwendete Datengrundlage eignet sich für versorgungsepidemiologische Aussagen zu Prävalenz und Inzidenz der Demenz von hochkonservativem Charakter, da nur die tatsächlich im Gesundheitsversorgungssystem diagnostizierten bzw. behandelten Personen identifiziert wurden. Weiterhin geben die Routinedaten ausreichend Auskunft über die gesundheitliche Versorgungslage dementer Menschen, um in ausgewählten Leistungsbereichen eine leitliniennonkonforme bzw. eine Unter- und Fehlversorgung aufzuzeigen. Die seit einigen Jahren mögliche Verknüpfung von Krankenkassenroutinedaten mit Informationen zur ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte ermöglicht in der Zukunft den Ausbau der hier begonnenen Forschung.
Dementias are the most common psychiatric diseases in old age. Within a short period of time they lead into severe cognitive impairment, a loss in competences of daily living and therefore to a growing need of health care. Given the demographic development in Germany it has to be considered as essential to clarify health care provided to dementia patients and verify its accordance with dementia guidelines. This study examines the health care provision for people with dementia, based on routine data of a big German health insurance company. Furthermore, the provided care has been compared to applicable therapy guidelines. Three criteria have been used to identify demented people from a cohort of 74,000 insurants aged 60 years and older: 1) Antidementive medication, 2) Dementia diagnosis during a hospital stay, 3) Dementia diagnosis for care services allocation. 4,495 insurants with dementia have been identified via these criteria, which results in a dementia prevalence of 6.1% in the sample. Differences to elderly people without dementia are: higher mean age, higher rate of female insurants, higher mortality. The pharmacotherapy for most of the dementia patients consists in ginkgo biloba compounds. Only 11% of all prescriptions are composed by AChE inhibitors and Memantin. A high percentage of insurants with dementia had only one or two antidementive prescriptions in the three year period examined. Every tenth dementia patient received antidepressive medication during the study period. Antipsychotics were prescribed much more often to insurants with dementia compared to other insurants. Nursing home residents with dementia received the highest amount of psycholeptic substances in the study. Compared to elder people without dementia, nearly twice the number of demented insurants was in need of care. Health care utilization in other sectors, e.g. clinical services, remedies and aids, is also higher in the dementia study group. Study participants with dementia generate total health care costs 1.5 as much as elderly without dementia. In addition, costs for the dementia group increased within 3 years. The data base used in this study allows highly conservative prevalence conclusions. Health insurance routine data can be used to analyse provided health care in a differentiated way and indicates inappropriate or under-supply. The results of this study could be used to brief family practitioners about evidenced-based treatment and potentially inappropriate psychotropic medication of dementia.